Lady Ilianas lustvolles Spiel
Worte zeigten keine große Wirkung auf Willie, und so schüttelte Duncan ihn erneut. „Du wirst sie nicht dafür bestrafen, dass ich es weiß. Für jeden Schlag, den du ihr zu versetzen wagst, verpasse ich dir zehn von dieser Sorte.“ Er ließ den Mann los und rammte ihm erneut die Faust ins Gesicht. Dieses Mal war Willie besser vorbereitet. Er taumelte zwar nach hinten, fiel aber nicht. Es gelang ihm sogar, einen Gegentreffer zu landen, ehe Duncan ihm einen Rückhandschlag versetzte und ihn in den Magen boxte.
Iliana verzog das Gesicht, als Willie keuchend rückwärts stolperte, und zuckte dann erschrocken zusammen, denn Duncan traf den anderen so hart am Kinn, dass dieser bewusstlos zusammenbrach. Eine Weile blieb er schwer atmend vor dem Ohnmächtigen stehen, dann drehte er sich drohend zu den anderen Männern um.
„Jeder von euch, der einer Frau gegenüber handgreiflich wird, bekommt dieselbe Strafe, und das habt ihr dann auch verdient. Denn nur ein Feigling schlägt jemanden, der so viel schwächer ist als er selbst. “ Sein Blick blieb kurz an Iliana hängen, und er presste hart die Lippen aufeinander.
Schließlich machte er kehrt und drängte sich durch die Menge in Richtung der Ställe.
Iliana wollte ihm nachgehen, aber Angus hielt sie zurück. „Lasst ihn. Er braucht etwas Zeit für sich, um sich zu beruhigen.“ Kopfschüttelnd betrachtete er den bewusstlosen Willie Dunbar.
„Darf ich zu ihm gehen, Mylady?“
Iliana sah Mavis überrascht an, nickte jedoch. „Ja, wenn du es wünschst.“
Die Frau sah ihren Mann mitleidig an. „Gut oder schlecht, er ist mein Mann. Außerdem glaube ich nicht, dass er mich noch einmal schlagen wird.“
„Nein“, stimmte Iliana ruhig zu, und Mavis begab sich an die Seite ihres Mannes.
Angus nahm Ilianas besorgte Miene wahr, als sie zu den Ställen hinüberblickte, in denen ihr Mann verschwunden war. Er nahm ihren Arm und führte sie zum Bergfried zurück. „Rabbie hat eine Ladung Mist, und er dachte, Ihr würdet ihn vielleicht gern für Euren Garten haben wollen.“
„Rabbie?“ wiederholte Iliana geistesabwesend.
„Der Stallmeister“, erinnerte Janna, die auf der anderen Seite neben ihr ging.
„Ja, er mistet die Ställe fast täglich aus und hat das Zeug hinter dem Gebäude gesammelt“, erklärte Angus. „Er fragte sich, ob Ihr etwas davon haben wollt.“
„Ach ja“, murmelte sie. „Das wäre wunderbar.“
„Dann schicke ich ein paar Männer nach dem Essen damit in den Garten. So habt Ihr den Mist gleich zur Verfügung, wenn Ihr ihn braucht.“
„Vielen Dank.“
Angus nickte und bemerkte eben noch, dass Seonaid sich zu den Ställen davonstehlen wollte. „Tochter!“
Duncans Schwester blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich dann widerwillig zu ihrem Vater um.
„Ich glaube, zum Garten geht es da entlang!“ meinte er tadelnd.
Seonaid verzog das Gesicht und ging mit hängenden Schultern zum Garten zurück.
„Ihr sollt doch nicht so hart arbeiten“, mahnte Seonaid.
Iliana richtete sich auf und sah nach dem Stand der Sonne. Vierundzwanzig Stunden waren seit jenem Zwischenfall im Außenhof vergangen, nach dem Duncan auf seinem Pferd davon-geprescht war. Noch immer wusste Iliana nicht, wohin er geritten war, nur, dass er die Burg verlassen und allein in Richtung Wald verschwunden war.
Als er nicht zum Mittagessen erschienen war, hatte sie das nicht weiter gewundert, aber als er zum Abendbrot auch nicht zurückgekehrt war, hatte sie doch angefangen, sich Sorgen zu machen. Angus, Seonaid und Janna hatten ihr versichert, dass bestimmt alles in Ordnung sei, und auch ihr selbst war klar, dass er gut auf sich selbst aufpassen konnte. Als sie ihn jedoch auf dem Pfad zum Garten hatte stehen sehen, war er ihr plötzlich ungewohnt verwundbar vorgekommen. Das zufällig mit angehörte Gespräch schien aufrichtige Betroffenheit in ihm ausgelöst zu haben. Wahrscheinlich war es Mavis’ Bemerkung gewesen, dass ihm das Wohlergehen der Frauen des Clans nur wenig am Herzen lag. Iliana vermutete, dass das dem, was sie ihm selbst nur wenige Augenblicke zuvor vorgeworfen hatte, zu nahe gekommen war.
Anstatt sich zu freuen, dass sie - wenn auch unbeabsichtigt - Rückendeckung erhalten hatte, wünschte sie eher, es wäre nicht geschehen. Sie glaubte nicht wirklich, dass ihm nichts am Wohlergehen der Frauen lag. Es war wohl eher so, dass es nach seinem fünften Lebensjahr nur noch wenig Frauen in seinem engeren Umfeld gegeben hatte, und so war ihm nie
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