Lady Ilianas lustvolles Spiel
Dunbar, einen gut einstündigen Ritt von der Burg entfernt.
Duncan hatte sein Pferd kaum zum Stehen gebracht, da war Iliana auch schon abgesprungen. Sie eilte über die Lichtung zu einer verhärmten alten Frau, die offensichtlich die Kammerfrau ihrer Mutter war.
Ihr Schreckenslaut verriet Duncan deutlicher als alles andere, dass sich ihre Mutter in einem wahrhaft beängstigenden Zustand befinden musste. Er tauschte einen grimmigen Blick mit seinem Vater, ehe er Iliana folgte, und er wurde blass, als er die Frau auf dem Boden ansah.
Dass sie schwach war und fieberte, war ihnen allen nicht neu, das hatte man ihnen bereits gesagt. Es war der Anblick ihres Gesichtes, der erst Iliana und nun auch Duncan so entsetzt hatte. Greenweld hatte sich nicht damit zufrieden gegeben, ihr die Knochen zu brechen; er hatte auch ihr Gesicht mit den Fäusten malträtiert. Die Lippe der Frau war aufgeplatzt, ihre Nase war geschwollen und höchstwahrscheinlich gebrochen, und um beide Augen hatte sich ein dunkler Bluterguss gebildet.
„Dieser Bastard“, zischte Angus und blieb neben Duncan stehen.
„Oh Mama!“ jammerte Iliana und streckte die Hand nach dem zerschundenen Gesicht aus, zog sie jedoch unsicher wieder zurück aus Angst, ihrer Mutter wehzutun.
Lady Wildwood bewegte sich bei den Worten ihrer Tochter und bemühte sich, ihre Augen zu öffnen, aber sie waren zu sehr angeschwollen. Als sie etwas sagen wollte, entrang sich nur ein trockenes Krächzen ihrer Kehle.
„Schsch“, machte Iliana und nahm ihre Hand. Sie schien der einzige Körperteil ihrer Mutter zu sein, der nicht verletzt war. „Ich bin es, Iliana. Ich bin hier. Wir bringen dich jetzt nach Dunbar. Dort bist du in Sicherheit“, versprach sie ihr. Sie sah zu der hageren Frau hinüber. Gertie war schon bei Ilianas Groß-mutter auf Wildwood in Diensten gewesen und seither immer die Zofe der Burgherrin geblieben. Ihre Weisheit und ihre Heilkünste waren weithin bekannt. Wenn jemand Ilianas Mutter heilen konnte, dann sie.
Auf Ilianas fragenden Blick hin tätschelte die alte Frau ihre Schulter. „Ich habe ihr etwas gegen die Schmerzen und das Fieber gegeben. Sie braucht jetzt Ruhe.“
Iliana nickte und drehte sich nach dem Wagen um, der soeben auf die Lichtung rollte. Johnny-Boy bückte sich, um seine Herrin aufzuheben, doch Duncan legte ihm die Hand auf die Schulter. Sanft schob er selbst die Arme unter den zerbrechlich wirkenden Körper und hob Lady Wildwood behutsam hoch. Trotz seiner Vorsicht stöhnte sie vor Schmerz auf, als Duncan sie zum Wagen trug.
Ebba hatte bereits aus einer Decke und einem kleinen Stoffsack ein Lager bereitet, auf das Lady Wildwood nun gebettet wurde. Iliana wollte zu ihr in den Wagen steigen, aber Duncan hielt sie zurück und zeigte auf Gertie. Unglücklich runzelte Iliana die Stirn, verzichtete aber darauf, ihre Mutter zu begleiten. Für drei war einfach kein Platz in dem Gefährt.
Geduldig ließ sie sich von Duncan wieder auf sein Pferd heben. Große Dankbarkeit erfüllte sie, als er das Tier sofort an die Seite des Wagens trieb, und sie drückte kurz seinen Arm.
Der Rückweg zur Burg dauerte doppelt so lange, da sie nur langsam vorankamen und Schlaglöchern möglichst auswichen, um Lady Wildwood zu schonen. Als sie endlich die Burg erreicht hatten, nahm Duncan ihre Mutter wieder auf die Arme und trug sie nach oben in Ilianas und sein Schlafgemach. Er wartete ab, bis Iliana und die anderen beiden Frauen die schmutzigen Laken abgezogen und frische ausgebreitet hatten, dann legte er Lady Wildwood behutsam auf das Bett. Danach musste er es sich gefallen lassen, aus seinem eigenen Zimmer vertrieben zu werden, da die Frauen sich an die Arbeit machen wollten.
„Ich denke, du möchtest vielleicht mit dem Bau der zusätzlichen Räume anfangen, die du schon so lange geplant hast.“ Überrascht sah Duncan seinen Vater an, während sie die Treppe hinabstiegen. „Ich wollte das eigentlich noch aufschieben und erst an der Außenmauer Weiterarbeiten. Es ist doch nicht nötig, hier alles in Unordnung zu bringen.“
„Nun ... ich glaube, diesbezüglich wirst du deine Meinung sehr schnell ändern.“
Da sein Vater nicht weitersprach, zog Duncan die Brauen zu-sammen. „Wie das?“
„Na ja, jetzt, wo ihre Mutter so krank ist, wird Iliana darauf bestehen, dass sie in eurem Zimmer bleibt. Und ganz ohne Zweifel wird sie ebenfalls darauf bestehen, bei ihr auf dem Boden zu nächtigen, damit sie ein Auge auf ihre Mutter haben kann.“ Duncan
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