Lady Ilianas lustvolles Spiel
genau, wie sie ihr Verhältnis einordnen sollte. Bis ihre Ehe vollzogen worden war, hatten sie sich eigentlich fast nur gestritten. Seit neuestem war eine große Veränderung in ihrer Beziehung eingetreten, doch ihr war nicht recht klar, in welcher Hinsicht. Ihr Gemahl war fordernd und leidenschaftlich, aber gleichzeitig auch ein einfühlsamer Geliebter. Allerdings hatten sie sich nicht wirklich miteinander unterhalten seit dem Tag, an dem sie ihn zu dem Bad überlistet und in ihr Bett gelockt hatte. Seit der Ankunft ihrer Mutter hatten sie sich auch nur ein einziges Mal gesehen, und das war der Tag gewesen, als sie sich über den Lärm beschwert hatte, den seine Männer gemacht hatten. Was danach dann auf der Lichtung geschehen war, konnte man wohl kaum als ein vernünftiges Gespräch bezeichnen. Von da ab war sie ihm nicht mehr begegnet. Sie war später an eben diesem Tag auf ihrer Pritsche in der Ecke aufgewacht. Ebba hatte ihr verraten, dass Duncan sie zurück in die Burg, in ihr Zimmer getragen und sie sanft zugedeckt hatte, ehe er wieder zu seinen Männern gegangen war, um weiter an den neuen Zimmern zu arbeiten. Dieses Mal hatte sie, genau wie ihre Mutter, trotz des Lärms fest geschlafen. In den darauf folgenden Tagen war das nicht mehr der Fall gewesen, aber sie war auch nicht mehr hinausgegangen, um sich zu beschweren. Zum einen hatte der Krach ihre Mutter nicht aus ihrem tiefen Schlaf reißen können. Und zum anderen scheute sie sich, ihrem Gemahl wieder gegenüberzutreten, auch wenn es albern war. Jedes Mal, wenn sie an jenen Morgen auf der Lichtung zurückdachte, wurde sie flammend rot. Was er alles mit ihr gemacht hatte ... und was sie mit ihm gemacht hatte! Er hatte gesagt, er wolle seine Gemahlin undamenhaft erleben, und diesen Wunsch hatte sie ihm wahrlich erfüllt. Sie hatte sich nicht anders aufgeführt als eines der Tiere dort im Wald. Noch immer hallten ihre eigenen Lustschreie in ihr wider. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie wieder das feuchte, kühle Gras unter ihrem Rücken spüren, die heißen Lippen ihres Gemahls auf ihrem Körper ...
„Kind?“
Errötend verdrängte Iliana ihre Gedanken und sah ihre Mutter schuldbewusst an. „Ich bin nicht unglücklich, Mutter. Es ist alles gut.“
Lady Wildwood wirkte nicht ganz überzeugt, ließ es aber dabei bewenden.
Iliana beschloss, das Thema zu wechseln. „Hat er Euch oft geschlagen, Mutter?“
„Nur dann, wenn ich ungehorsam ihm gegenüber war“, lautete die trockene Antwort. Ein zufriedenes Lächeln umspielte auf einmal ihre Lippen. „Und ich war jedes Mal ungehorsam, wenn ich den Bastard gesehen habe.“
Iliana wusste nicht recht, wie sie mit diesem stolzen Geständnis umgehen sollte. Einerseits hätte sie gern mit ihrer Mutter geschimpft, weil diese sich bewusst in Gefahr begeben hatte. Andererseits hätte sie ihr am liebsten gratuliert, weil sie sie verstand. Sie hatte ja selbst wiederholt versucht zu fliehen. Immerhin hatte Greenweld gelernt, dass Lady Wildwood und ihre Tochter keine einfältigen Schafe waren, die sich den Stockschlägen des erstbesten Schäfers unterwarfen. Iliana schwieg und drückte verständnisvoll die Hand ihrer Mutter.
Gertie trat ins Zimmer. Als sie sah, dass ihre Herrin ihr den Kopf zuwandte, eilte sie ans Bett. „Ihr seid aufgewacht!“
„Ja.“
„Keine Sorge, dagegen werden wir gleich etwas unternehmen. Ein kleines Pulver in den Met und ...“
„Nein, Gertie. Ich habe genug geschlafen. Ich möchte jetzt wach bleiben.“
„Ihr werdet Euch nur quälen!“
„Dann quäle ich mich eben. Ich bleibe wach.“
Mit resigniertem Seufzen gab Gertie nach. „Seid Ihr durstig?“
„Ja.“
Die alte Frau setzte sich vorsichtig zu ihr auf die Bettkante und flößte ihr etwas zu trinken ein. Sie presste die Lippen aufeinander, als sie sah, wie Lady Wildwood dabei schmerzhaft das Gesicht verzog. „Ihr solltet ruhen.“
„Wenn ich das täte, könnte ich nicht essen. Und wenn ich nicht esse, werde ich nicht gesund.“
„Ihr habt Hunger?“ Iliana lächelte erleichtert. Wenn sie hungrig war, dann fühlte ihre Mutter sich besser, als sie aussah. Das war ein gutes Zeichen.
„Ja.“
„Dann werde ich dem Koch auftragen, Euch etwas zuzubereiten.“ Sie stand auf und eilte zur Tür. „Ich bin gleich wieder da.“
Duncan unterbrach seine Arbeit und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Unwillkürlich fiel sein Blick dabei auf die Tür zu seinem eigenen, verdammten Zimmer, das er nun nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher