Lady Ilianas lustvolles Spiel
ging zu Angus, um neugierig das Gesicht des Toten zu betrachten. Es war kein schöner Anblick. Das Gesicht war weiß wie ein Laken, und sein Wams war blutdurchtränkt. Es sah aus, als hätte er eine große, klaffende Wunde an Brust und Bauch erlitten. Dem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, musste es ein langsamer, qualvoller Tod gewesen sein. „Ist er der Mann, der Euch in Eurem Bett angegriffen hat?“ Iliana schluckte. „Es war dunkel. Ich habe fast nur seinen Umriss erkennen können. Und doch ...“ Wieder betrachtete sie den Mann prüfend. „Irgendwie kommt er mir bekannt vor.“ „Aha.“
Sie warf Angus einen fragenden Blick zu.
Er zuckte die Achseln. „Ihr wurdet auf Greenweld gefangen gehalten, nicht wahr?“
„Ja.“
„Dann müsst Ihr ihn dort schon einmal gesehen haben“, stellte er sachlich fest, ehe er sich an Allistair wandte. „Hast du noch jemanden dort herumspionieren sehen?“
Der jüngere Mann schüttelte den Kopf; in diesem Augenblick drehte sich Lady Wildwood zu ihnen um und verkündete, ihr Gast sei wieder zu sich gekommen. Iliana folgte ihrem Gemahl und ihrem Schwiegervater zu dem Tisch, wo der Verletzte verzweifelt versuchte, sich aufzusetzen, gegen Gertie aber nichts ausrichten konnte.
„Lass ihn, Frauenzimmer“, befahl Angus. „Ich will mit ihm reden.“
Gertie schimpfte zwar, dass die Stiche aufreißen würden, die sie so mühsam gesetzt hatte, trat aber trotzdem zurück.
Sofort richtete der Mann sich auf und sah alle misstrauisch an. Erst als Allistair sich neben ihn stellte, entspannte er sich.
Eine Weile herrschte angespannte Stille, dann ergriff Angus ungeduldig das Wort. „Mein Neffe sagt, Ihr habt ihm das Leben gerettet?“
Der Mann blickte kurz zu Allistair und nickte dann. „Ja.“ „Was ist passiert?“
Wieder ging sein Blick kurz zu Allistair. „Ich war gerade auf dem Weg zur Burg, da hörte ich einen Schrei. Als ich bei Eurem Neffen ankam, war er bewusstlos, und ein Mann beugte sich mit einem Messer über ihn.“
„Ein Mann?“
„Ein Engländer.“
„Ihr habt mit ihm gekämpft?“
„Ja.“
„Er ist langsam gestorben“, bemerkte Angus, und der Engländer nickte mit ernster Miene.
„Langsam genug, um mir vorher noch zu verraten, dass er von Greenweld beauftragt worden sei, Lady Wildwood zu töten.“
Iliana sah unwillkürlich zu ihrer Mutter hinüber, die sehr blass geworden war. Angus fragte: „Sagte er, ob Greenweld noch andere Männer in unsere Gegend geschickt hätte?“
„Er behauptete, nein. Greenweld hatte angeblich erwartet, sie auf der Flucht zum König zu ergreifen. Dann hatte er offenbar das Gerücht vernommen, sie sei nach Schottland geflohen. Der Mann sollte herausfinden, ob das der Wahrheit entsprach. Sein Auftrag lautete, sie zu töten, sollte er sie finden.“
„Hm.“ Angus’ Augen wurden schmal. „Und Ihr seid ...?“ „Hugh. Lord Rolfe hat mich mit einer Nachricht zu Euch geschickt.“
„Wie lautet sie?“
Einen Moment lang wirkte er verwirrt. „Ich habe sie Eurem Mann gegeben. Hat er sie Euch nicht ...“
„Ich würde sie gern von Euch hören“, unterbrach Angus ihn. „Ihr kennt doch gewiss den Inhalt?“
Der Mann nickte langsam. „Ja. Wir sind nach St. Simmian’s geritten, aber Lady Seonaid war nicht da. Sie und ihre Gefährtin sind dort gar nicht angekommen. Eure erbitterten Feinde, die Colquhouns, haben sie entführt. Sherwell und Lord Rolfe nahmen die Verfolgung auf und bitten Euch, ihnen Verstärkung zu schicken. Wie es aussieht, hat der alte Colquhoun vor, sie zu schänden, damit sie ihm ein Kind gebärt.“
Entsetzt hielt Iliana den Atem an, doch dann sah sie besorgt Duncan hinterher, der laut Befehle erteilend zum Tor eilte.
„Warte auf mich! “ Allistair lief hinter ihm her, doch Duncan drehte sich zu ihm um.
„Nein. Du wirst hier bleiben.“
„Den Teufel werde ich! “
„Du bist verletzt und wärest für mich nicht von Nutzen. Du bleibst“, teilte er ihm entschieden mit.
Allistair schien widersprechen zu wollen, doch Angus, der zu den beiden geeilt war, legte ihm die Hand auf die Schulter. „Er hat Recht. Du bleibst. “ Doch der jüngere Mann stürmte mit versteinerter Miene aus dem Bergfried. Angus seufzte, dann nickte er. „Also gut, lass uns gehen.“
Duncan runzelte die Stirn. „Nein, Vater. Ich werde diesen Kriegszug anführen.“
„Sie ist meine Tochter!“
„Und meine Schwester. Jemand muss hier bleiben und sich um die Burg kümmern.“
„Das kann
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