Lady Ilianas lustvolles Spiel
Stehen und beobachteten gelassen, wie die Brücke hochgezogen wurde. Greenweld, erkannte Iliana ungläubig.
Grimmig wandte sie sich ab und lief gebückt an der Mauer entlang auf die Stelle zu, wo ihre Mutter besorgt neben Angus kniete, der jetzt auf der Seite lag. Iliana nahm mit einem Blick die Verletzung und die Blässe seines Gesichtes wahr. Es war nicht viel Blut zu sehen, doch er hatte ganz offensichtlich große Schmerzen. Auf seiner Stirn hatte sich bereits ein dünner Schweißfilm gebildet, und seine Züge waren verzerrt.
Sie sah hinunter in den Hof, in dem Chaos ausgebrochen war. Angus’ Warnschrei war von allen gehört worden, und nun rannten die sonst so ruhigen, gelassenen Leute kopflos herum und suchten nach Angehörigen, Freunden und Kindern, um sicherzugehen, dass niemand außerhalb der Burg geblieben war. Bei dem ohrenbetäubenden Lärm würde niemand ihren Hilferuf hören. Sie waren auf sich selbst angewiesen.
Jemand griff nach ihrer Hand, und sie sah, dass Angus die Augen geöffnet hatte. „Könnt Ihr aus eigener Kraft aufstehen?“
Er nickte grimmig. „Ich bin in Ordnung. Es ist nur ein Kratzer.“
Iliana presste die Lippen aufeinander. Seine Stimme klang schwach und atemlos, und sie wusste, dass aus ihm nur männlicher Stolz sprach. Sie spähte zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war, und duckte sich unter einem neuerlichen Pfeilhagel. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als Angus von der Burgmauer wegzuschaffen, um ihn behandeln zu können. Lieber hätte sie das hier an Ort und Stelle getan, aber noch immer flogen Pfeile über sie hinweg, und die Gefahr, von einem weiteren getroffen zu werden, war zu groß.
„Wir können nicht gehen“, stellte ihre Mutter besorgt fest.
„Natürlich kann ich das! “ brauste Angus auf und machte Anstalten, aufzustehen.
Iliana hielt ihn zurück. „Mutter sagte, wir können nicht gehen“, erklärte sie ihm ruhig. „Und sie hat Recht. Das Risiko, erneut getroffen zu werden, ist zu hoch. Selbst wenn Ihr Euch tief bückt, seid Ihr immer noch zu groß, um unterhalb der Mauerkante zu bleiben.“
„Was sollen wir tun?“
Iliana dachte einen Augenblick nach, dann legte sie das Plaid ab, das sie über ihrem Unterkleid trug.
„Was hast du vor?“ erkundigte ihre Mutter sich ungläubig. „Wir werden ihn darauf bis zur Treppe ziehen.“
„Ich kann wirklich gehen“, protestierte Angus matt, als sie das Plaid neben ihm auf dem Boden der Brüstung ausbreitete. „Glaubt Ihr, Ihr könnt Euch auf das Plaid rollen?“
„Ich werde mich nicht hier wegschleppen lassen wie ein ..." „Hört auf, Euch wie ein dickköpfiger alter Narr zu benehmen, und rollt Euch auf das Plaid. Wenn meine Tochter es schon auf sich nimmt, halb nackt vor diesen ganzen Leuten herumzulaufen, dann könntet Ihr wenigstens auch etwas tun!“
Angus wurde rot bei Lady Wildwoods scharfem Verweis, gehorchte aber; allerdings nicht ohne vor sich hin zu schimpfen, dass es wohl schlecht um die Welt bestellt sei, wenn nun schon die Frauen anfingen, ihren Laird herumzukommandieren.
Iliana und ihre Mutter achteten nicht auf ihn.. Sie krochen nach vorn, nahmen jede einen Zipfel des Plaids, richteten sich dann halb auf und gingen in tief gebückter Haltung los. Mit vereinten Kräften zogen sie das Plaid hinter sich her.
18. KAPITEL
Angus schimpfte, bis sie die Treppe erreicht hatten, die hinunter in den Burghof führte. Dort angelangt, bestand er darauf, selbst weiterzugehen. Mit ein wenig Beistand gelang ihm das auch tatsächlich. Er legte einen Arm um Ilianas Schultern, den anderen um die ihrer Mutter, und so schafften sie es, ihn die Treppe hinunterzubringen bis hin zu den Stufen, die in den Bergfried hineinführten. Zu mehr konnten sie ihn nicht bewegen.
Iliana und ihre Mutter wollten ihn in der Halle behandeln, davon wollte Angus nichts hören. Nicht, solange seine Burg angegriffen wurde. Sie gaben seiner Sturheit nach und setzten ihn auf die unterste Stufe, so dass er von dort aus den wenigen Männern, die geblieben waren, seine Befehle erteilen konnte, während sich die Frauen um seine Verletzung kümmerten.
Der Pfeil war unmittelbar unter seinem rechten Schulterblatt eingedrungen und tief in seinem Körper stecken geblieben. Die beiden Frauen tauschten einen grimmig entschlossenen Blick, weil ihnen klar war, was sie zu tun hatten.
„Soll ich einen der Männer holen?“ fragte ihre Mutter.
Hoffnungsvoll sah Iliana sich um, als Angus einen vorbeigehenden Mann laut brüllend
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