Lady Lavinias Liebestraum
dem Stück.”
Er verbeugte sich. “Es wäre mir eine Ehre.”
“Ich danke Ihnen”, erwiderte sie mit ihrem betörend charmanten Lächeln und zog den Gentleman wieder zu der Gesellschaft um die Duchess of Loscoe zurück. “Constance, ich konnte gerade Lord Wincote dazu überreden, bei meinem Theaterstück mitzuwirken. Werden auch Sie mir die Freude machen?”
“Wenn Sie meinen, dass ich Ihnen von Nutzen sein kann, unterstütze ich Sie gern”, erwiderte die junge Frau mit zarter, leiser Stimme, während ihre Wangen sich rosa färbten. Lavinia fragte sich insgeheim, wie sie Constance dazu bringen könnte, beherzter und lauter zu sprechen, würden ihr die Zuschauer bei der Aufführung doch andernfalls nicht folgen können.
Lavinia tätschelte ihr den Arm. “Natürlich, meine Liebe – und Sie auch, Sir Percy.”
“Ich?”, fragte der väterliche Freund sichtlich amüsiert. “Ich fürchte, ich kann nur mich selbst spielen.”
“Mehr erwarte ich auch nicht von Ihnen”, lachte sie. “Aber Sir Percy wird für diesen einen Abend einen anderen Namen tragen müssen. Wie wäre es mit Theseus, Herzog von Athen?”
“Ich bin alles andere als begabt, Texte auswendig zu lernen.”
“Theseus hat nicht allzu viel zu sagen in dem Stück, und Mama wird Ihnen beim Lernen der Sätze bestimmt behilflich sein, nicht wahr, Mama?”
Bevor die Duchess antworten konnte, kündigte der Butler die Ankunft des Earl of Corringham an, der, wie immer äußerst elegant gekleidet, auf sie zukam, um sich erst mit einem Handkuss vor der Stiefmutter zu verbeugen und dann die anderen Damen und Sir Percy zu begrüßen, die ihn sehr gut kannten.
Schließlich ergriff er Lavinias behandschuhte Finger. “Lady Lavinia, Ihr Diener”, sagte er förmlich und hätte sie fast zum Lachen gebracht mit seinem ungewohnt distanzierten Gebaren und der theatralisch feierlichen Miene.
“James, ich wagte nicht zu hoffen, dass du mich heute mit deiner Anwesenheit beehrst”, bemerkte Ihre Gnaden und schaute beide Stiefkinder fragend an. “Dich nunmehr täglich in Stanmore House zu begrüßen steht deinen Gewohnheiten so sehr entgegen, dass die Frage naheliegt, ob du einen besonderen Grund für dein häufiges Erscheinen hast.”
Lavinia machte ein erstauntes Gesicht. “Aber Mama, er verehrt dich und genießt es, unter deinen Gästen zu weilen.”
“Humbug! Bitte läute nach frischem Tee, denn meiner ist kalt und damit ungenießbar geworden”, sagte sie zu James, der mit vorgetäuschter Nonchalance tat, worum er gebeten worden war. Insgeheim quälte ihn die Frage, welche Pläne Wincote verfolgen mochte, hatte dieser es doch vortrefflich verstanden, sich in Stanmore House einzuladen.
“Wenn ich mich nicht verhört habe, sprachen Sie gerade über Lady Lavinias Theaterstück”, sagte er, als er sich wieder zu ihnen gesellt hatte.
Lavinias Augen glänzten. “Ja. Lord Wincote hat sich soeben bereit erklärt, einen Part zu übernehmen.”
“Tatsächlich?”, fragte James mit interessierter und zugleich bewundernder Miene. “Ich hoffe, Ihnen ist klar, Wincote, worauf Sie sich eingelassen haben. Lady Lavinia kann erbarmungslos hartnäckig sein, wenn es darum geht, ihren Willen zu bekommen.”
“Das kann ich schwerlich glauben. Doch selbst wenn es sich so verhält, wie Sie sagen, wird es mir eine Ehre sein, von einer so charmanten jungen Dame angeleitet zu werden.”
“Welche Rolle hat sie Ihnen denn zugedacht?”, fragte James.
“Bis jetzt noch keine, ich werde jedoch, ohne zu zögern, ihrem Wunsch entsprechen und spielen, was sie für mich als geeignet erachtet.”
“Davon bin ich überzeugt”, murmelte James unhörbar für Wincote und wandte sich der Duchess of Loscoe zu. “Hat Seine Gnaden Lavinias Vorhaben wirklich zugestimmt?”
“Ja, nachdem ich seine Bedenken zerstreut hatte. Das Stück soll ja nur die Familie und einige Freunde unterhalten und dient überdies einem mildtätigen Zweck.”
“Ach?”, fragte er mit einem vielsagenden Blick zu Lavinia. Beide wussten sie nur zu gut, dass die Stiefmutter bislang nur die halbe Wahrheit erfahren hatte, dachte man an einen gewissen Lancelot Greatorex und seine Truppe. “Dann brauchst du bestimmt einen Kulissenschieber.”
“Ja, aber du kommst nicht so einfach davon. Du musst auch eine Rolle übernehmen, zu viele sind nämlich noch unbesetzt.”
“Oh nein”, erwiderte er kopfschüttelnd und sah zu der Bediensteten hinüber, die ihrer Herrin gerade neuen Tee
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