Lady Lavinias Liebestraum
geheiratet hat. Daher bin ich sehr zuversichtlich”, erwiderte sie selbstbewusst.
“Seine Gnaden, der Duke of Loscoe, ist sicherlich ein großzügiger Mann, was jedoch nicht heißt, dass er seiner Tochter alles durchgehen lässt.”
“Dies schon”, erwiderte sie trotzig, aber gut gelaunt.
“Ich wette fünf Guineas, dass dein Papa unnachgiebig sein wird.”
“Abgemacht”, sagte sie prompt. “Ich werde Stiefmama auf meine Seite bringen, damit sie mit Papa spricht. Er konnte ihr noch nie einen Wunsch verwehren.”
“Wenn er tatsächlich einverstanden ist mit deinem Vorhaben – wer wird dann überhaupt kommen, um dein Stück anzusehen?”
“Jeder. All unsere Freunde und mit Sicherheit auch einige Leute, die uns nicht so wohlgesinnt sind. Das macht mir aber nichts aus, solange sie ihre Eintrittskarte bezahlen.”
“Und du bist wirklich davon überzeugt, dass dein Vater sogar Fremde in seinem Haus willkommen heißen wird?”
“Warum nicht? Kannst du dich nicht an den Ball erinnern, den Frances vor drei Jahren in Corringham House anlässlich der Eröffnung des Waisenhauses in der Maiden Lane gegeben hat? Es kamen nicht nur Persönlichkeiten des
ton
, sondern Leute, denen man ansah, dass sie in einer ganz anderen Welt leben. Sie hat sie damals nicht zurückgewiesen, solange sie gewillt waren, den geforderten Eintritt zu bezahlen.”
“Das war noch vor der Vermählung mit deinem Vater, wie du weißt. Und ein Ball ist nicht mit einem Theaterstück zu verwechseln.” James hielt inne und beobachtete Lavinia, wie sie einen feineren Pinsel zur Hand nahm, um dem Gemälde den letzten Schliff zu geben. Es stand außer Frage, dass sie eine sehr talentierte Malerin war. In dem Punkt ergänzte sie sich vortrefflich mit Frances, denn diese hatte sich im Londoner
ton
bereits einen Namen als Porträtistin gemacht und Lavinia ihre Erfahrungen insbesondere in der Maltechnik weitergegeben.
“Kann ich also deinen Worten entnehmen, dass du uns nicht mit deiner Anwesenheit beglücken wirst?”
“Oh, ich werde kommen, und sei es auch nur als Zuschauer”, betonte er.
“Damit du dich immer dann über uns lustig machen kannst, wenn wir uns versprechen oder unseren Text vergessen, habe ich recht?”
“Aber Lavinia, das würde ich doch niemals wagen”, versicherte James eifrig und verfolgte, wie sie mit wenigen sicheren Pinselstrichen eine kleine Kreuzotter zum Leben erweckte. Er verabscheute es, des Teufels Advokaten zu spielen, doch befürchtete er, dass Lavinia im Begriff war, sich auf ein Vorhaben einzulassen, dem sie nicht gewachsen war. “Es gibt übrigens noch einen anderen Grund, weshalb dein Vorhaben scheitern könnte. Wenn nämlich das zahlungswillige Publikum fernbleibt, weil ein ganz anderes Drama es in Atem hält. Du weißt, dass König George alles unternimmt, seine Gemahlin Caroline nach Italien zurückzuschicken, wo sie die ganzen Jahre gelebt hat. Ist es doch ihr fester Entschluss, sich gegen seinen Willen mit ihm in der Westminster Abbey krönen zu lassen. Die Leute kennen nur noch dieses eine Thema, und die vielfältigsten Gerüchte sind bereits im Umlauf.”
“Ich bin darüber informiert, James”, erklärte Lavinia ungeduldig. “Allerdings denke ich, dass es uns eher zum Vorteil gereichen dürfte. Denn jeder, der sich für wichtig hält oder den es unter anderen Umständen nicht in die Stadt ziehen würde, ist diese Saison nach London gekommen, um entweder die Krönungsfeierlichkeiten oder die anschließende Prozession aus der Nähe zu beobachten. Und genau aus diesem Grund wird auch die Saison länger dauern als üblich, da dieses Ereignis erst für den ersten August anberaumt ist. Übrigens sind auch wir nur der Krönung wegen nach London gereist. Nichts hätte Stiefmama und den kleinen Frederick von Loscoe Court wegbringen können, wenn Papa nicht dazu verpflichtet gewesen wäre, bei den Feierlichkeiten anwesend zu sein.”
“Wenn es überhaupt dazu kommt. Die ganze Angelegenheit droht doch zu einer Farce zu werden und lässt Seine Majestät zurzeit noch lächerlicher erscheinen als bisher”, bemerkte er trocken.
“Das sagt Papa auch, aber dennoch verspricht das Spektakel eine interessante Saison, findest du nicht auch?”, fragte sie mit einem schelmischen Lächeln. “Denk doch nur an all die Leute, die seit Jahren nicht mehr in London weilten und sich jetzt zu amüsieren wünschen – vor allem deren Frauen und Töchter.”
“Glaubst du, dass gerade sie sich für dein
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