Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
Vom Netzwerk:
war sehr fröhlich, als sie sich für den Discoabend zurechtmachte. Sie suchte sich aus ihren Sachen das Schickste aus, was sie besaß, getigerte Lederhosen und schwarzes Hemd, das eine Schulter frei ließ und so aussah, als ob es zwischen Himmel und Erde hing und jeden Moment fallen konnte. In das linke Ohrläppchen klemmte sich Terry einen Ohrring, ein wunderschönes Stück aus einer miesmuschelförmigen Perlmuttplatte, die in den fleckigen Farben der Tigerhose glänzte. Oberhalb des Anhängers, der fast bis auf ihre braun gebrannte, nackte Schulter reichte, waren drei Elfenbeinperlen auf Golddraht gereiht. Schließlich noch braunschattiges Make-up. In der Sache mit ihrem Alter wollte Terry kein Risiko eingehen. Terry stopfte die Briefe in ihren neu erstandenen Lederbeutel, stand am Fenster und wartete auf Marcel. Heute hatte sie nicht die Spur Appetit. Sie hatte alles, was mit Essen zu tun hatte, glatt vergessen.
    Schon von weitem hörte Terry ein Moped den Weg hinauftuckern, das dann vor dem Tor hielt. Marcel hupte zweimal und stellte nach einer Weile den Motor ab.
    Terry sagte Lieschen »auf Wiedersehen«, aber die war irgendwie nicht ansprechbar. Sie saß steif in ihrem Zimmer, und Terry glaubte, das alles schon mal durchlebt zu haben. Sie wunderte sich, warum Lieschen so erschrocken, so versteinert war, denn es würde ja alles gut werden, sobald nur dieser Onkel Hugo von der Bildfläche verschwunden war.
    Terry informierte Lieschen über ihren Discoabend, aber sie war sich nicht sicher, ob ihre Worte überhaupt bis zur Großmutter vordrangen.
    Von der Mutter und Onkel Hugo verabschiedete sich Terry nicht. Zum einen hatte sie es sich angewöhnt, nicht unbedingt über ihre Pläne Auskunft zu geben. Zum anderen aber wollte sie, dass die beiden es heute Abend nur miteinander zu tun hätten, dass es keine Ablenkung gäbe, die ihren Hass aufeinander mildern könnte. Terry wollte, dass sie sich von Angesicht zu Angesicht sähen und sich gegenseitig anwidern würden, dass sie die Gegenwart des anderen nicht mehr ertragen könnten und Schluss wäre zwischen ihnen, ein für alle Mal.
    Terry setzte sich draußen auf den Rücksitz des Mopeds dicht hinter Marcel, der leise durch die Zähne gepfiffen hatte, als er Terry sah. Terry kam sich in dem Moment sehr klein und hilflos vor, vielleicht das erste Mal in ihrem Leben, und es war einfach ein gutes Gefühl, diese Art von Kompliment zu erhalten, besonders von einem, der schon viel älter war als siebzehndreiviertel und wusste, dass sie mit ihrem Alter eigentlich ein wenig mogelte.
    »Willst du den ganzen Club anmachen?«, fragte Marcel, aber Terry verstand das schon als Witz, und viel besser gefiel ihr, als er sagte: »Halt dich fest, Kleines.«
    Sie klammerte sich an seinen Oberkörper, und als sie den Hügel hinunterknatterten, flatterte der Stoff dort, wo Terry ihn nicht berührte, und Marcels Geruch stieg ihr in die Nase. Es roch etwas wild nach Wärme und Schweiß und es störte sie kein bisschen. Sie legte leicht ihren Kopf auf seinen Rücken, so dass er es kaum merken würde, es sollte unabsichtlich sein, und es tat ihr unendlich gut.
    Als sie an einem Briefkasten vorbeifuhren, bat Terry Marcel, anzuhalten. Sie warf die drei Briefe hinein. Zwei davon waren ihr sehr wichtig, der eine natürlich noch wichtiger als der andere, und der hatte auch den weiteren Weg. Terry hatte alle übrig gebliebenen Briefmarken draufgeklebt und Luftpost draufgeschrieben. Mit diesem Brief durfte nichts schief gehen.
    Tatsächlich checkte keiner das Alter der Discobesucher. Es waren meistens Touristen, und Terry merkte, dass keinesfalls nur sie sich für den Abend besonders präpariert hatte. Es gab malerische Anzüge und Kleider, die ein Vermögen gekostet haben mussten. Da kannte Terry sich aus, sie passte in diese Gesellschaft, und als sie vom Moped stieg und durch die offene Tür ging, war es so, als ob sie ihr ganzes Leben schon in Discos verbracht hätte.
    Marcel besorgte die Drinks. Terry trank Cola mit , denn Cola ohne gab es nicht, und weil sie irgendwie eine unangenehme Erinnerung hatte, nicht an Cola mit , aber an all die Dinge, die einen einlullten und die bis heute noch ihre Mutter in einem halb toten Zustand hielten, war Terry vorsichtig und nahm sich vor, sich an dieser Cola festzuhalten, den lieben, langen Abend, oder so lang es eben dauern würde.
    Es waren alle da. Die ganze Surfclique und die Leute von den Booten und die, die mittags bei Marcel einen Imbiss nahmen oder

Weitere Kostenlose Bücher