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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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Wenigstens sorgte sie für Essen, schaukelte mit dem Wagen langsam ins Dorf hinunter und besorgte Mengen von einem fürchterlichen, nach Papier schmeckenden, hellen Brot und dafür vorgesehenen Belag.
    Das Essen kam Terry nach drei Tagen aus den Ohren heraus. Sie fing an, ihrer Mutter Vorwürfe zu machen, kleine Bemerkungen nur, die die Mutter aufgriff und an denen beide sich rieben, und dann war es schließlich wie früher, nur dass die Mutter sich keine Schützenhilfe bei Onkel Hugo holen konnte. Sie war Terry ausgeliefert und Terry genoss das.
    »Wenn man noch nicht mal eine Mutter hat, die was Anständiges kochen kann«, sagte Terry.
    »Ich habe Wichtigeres zu tun, als mich in die Küche zu stellen«, sagte die Mutter.
    »Für deine Faulheit hast du auch immer eine Ausrede«, sagte Terry.
    »Du bist unerträglich«, sagte die Mutter. »Koch dir doch selber was.«
    »Woher soll ich kochen können, wenn ich es bei dir noch nie gesehen habe?«
    »Nimm dir Geld und geh ins Dorf«, sagte die Mutter. »Ich halte es nicht mehr aus. Erst eins, dann das andere. Ihr trampelt mir alle auf den Nerven herum.«
    »Es ist deine Schuld, wenn dir die Männer davonlaufen«, sagte Terry.
    »Verschwinde bloß«, sagte die Mutter. Sie hielt sich leicht die Schläfen mit den gespreizten Fingern. Es sah filmreif aus.
    »Es ist kein Wunder, dass selbst der größte Idiot es bei dir nicht aushält«, sagte Terry.
    »Woher du deine Sprache hast«, sagte die Mutter. »Du hast keine Seele in dir. Woher du dein Mundwerk hast.«
    »Ich bin wie du«, sagte Terry genüsslich. »Daher habe ich es. Oder sollte ich es von woandersher haben?«
    »Bring sie weg«, brüllte die Mutter Lieschen an. »Ich kann sie nicht mehr sehen.«
    Und dann öffnete Lieschen den Mund. »Beherrsch dich, Christa«, sagte sie. »Das Kind ist die Leidtragende, allemal.«
    »Und wo bleib ich?«, schrie die Mutter.
    »Du hast schon eine Menge Leben hinter dir«, sagte Lieschen. »Schon eine ganze Menge.«
    Das war dann für die Mutter nicht mehr auszuhalten. Sie flüchtete ins Haus.
    »Du treibst sie noch so weit«, sagte Lieschen zu Terry.
    »Wie weit?«, fragte Terry.
    »So weit eben«, sagte Lieschen. »Ihr seid beide gleich. Wenn ihr Wut habt, ladet ihr es auf andere ab.«
    »Ich bin nicht wie sie«, sagte Terry. »Ich nicht.«
    Die Hitze ging auf die Nerven, der ganze Zustand im Haus. Terry legte sich auf die Wasseroberfläche des Schwimmbades, spielte stundenlang »toter Mann«, bis Lieschen ihr sagte, dass es aber reiche. Wenn Terry ehrlich sein sollte, dann legte sie es darauf an, dass es Lieschen reichte. Sie reagierte auf die ersten Ermahnungen von Lieschen nicht, stieg auch nur schmollend aus dem Wasser, aber im Innern war sie froh, dass sich wenigstens einer mit ihr beschäftigte.
    Die Mutter schien sich gefasst zu haben. Als sie herauskam, war sie tipptopp, geschminkt und alles, trug ihren Tennisdress und den klimpernden Silberschmuck am rechten Handgelenk. Ihr wahrhaft tizianrot gefärbtes Haar schimmerte in der Sonne und sah fast künstlich aus, zu perfekt fast, aber Terry musste es zugeben, es war ein Bild.
    Es hatte was zu bedeuten. Über Lieschens Gesicht zog sich etwas wie ein Schatten, als ob sie Bescheid wusste, und Terry musste zuhauen, irgendwie. »Hältst du Ausschau nach einem Freier?«, fragte sie.
    Aber die Mutter antwortete nicht, überhörte es geflissentlich, und es war eine dieser Bemerkungen, die bei ihnen in der Familie gleich unter den Teppich gekehrt wurden, weil irgendwie was Wahres dran war. Nur Terry kapierte nicht.
    Die Mutter ging durch das Eingangstor, zog es leise zu. Die violetten Blüten auf der Mauer zitterten alle im gleichen Rhythmus, als ob die Mauer nur leicht am Tor befestigt wäre und nicht umgekehrt. »Wo geht sie hin?«, fragte Terry.
    Aber Lieschen verschloss sich ganz, setzte sich auf die Liege im Schatten des Terrassendachs und nahm sich eine Illustrierte, die sie willkürlich aufschlug und in den nächsten Minuten nicht einen Millimeter bewegte.
    Terry war unruhig geworden. Sie setzte sich auf die Gartenmauer und sah hinunter. Der altgewohnte Blick auf das Dorf. Sie hatten schon die Felder nahe dem Ort gemäht, Weizen oder anderes Korn. Das Stroh war zu Ballen gedreht, die wie riesige Schneckenhäuser auf den Stoppelfeldern trockneten. Nur der Mais stand noch weit und hoch. Es war eine Ruhe, die Langeweile ausstrahlte.
    Terry sah bis auf das Meer hinaus, und ihr war, als ob sie alle Gefühle dort gelassen hatte. Es

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