Lady Punk - Roman
Terry«, sagte sie, etwas heiser und mit tieferer Stimme. Dann räusperte sie ihre Kehle frei. »Wenn schon, denn schon«, sagte sie und stand auf. »Wir werden morgen fahren. Ehe es sich entwickelt. Geh packen, Terry. Wir wollen keine Zeit verlieren.«
Noch gegen Abend kam Bernd herüber. Fast war es wie früher. Sie waren zwar zu wenige, um miteinander Bridge zu spielen, aber Bernd fuhr sie in die Stadt, wo sie endlich wieder vernünftig essen wollten.
Terry verabschiedete sich vor dem Restaurant. Lieschen drückte ihr Geld in die Hand und auch die Mutter kramte in ihrem Portemonnaie. Terry steckte die Scheine in die Hosentasche. Sie zog es weiterhin vor, allein zu essen, obwohl Lieschen dieses Mal besonders unglücklich aussah.
Terry aß sich rundum satt. Sie schaffte zwar nicht die Speisekarte rauf und runter, aber sie ließ sich Zeit, denn davon hatte sie heute genug. Dann bummelte sie durch die abendlichen Straßen, und es war fast unerträglich, denn niemand sonst schien allein zu sein. Es waren alles Paare oder Cliquen, und aus den Lokalen klang Gelächter, als ob es keine Trauer gäbe auf dieser Welt.
Terry ging an Marcels Restaurant vorbei und ärgerte sich später, dass sie das tat, denn so riss die Wunde wieder auf. Marcels langhaariges Geschöpf saß an der Bar und himmelte ihn an, und das war wohl in Ordnung so, denn Marcel zumindest sah glücklich aus.
Vor der Eisbar in der Nähe des Strandes saß die Surferclique. Der Blonde pfiff Terry an, aber die hatte heute keine Lust, das Spielchen zu treiben. Sie setzte sich am Hafen auf die Mole. Die gewärmte Erde tat gut. Sie sah hinaus, wo die Boote schon Licht hatten und wie Papierschiffchen im Wasser auf- und niederschwebten. Es war alles sehr traurig in Terry, fast wie zu Beginn des Sommers, der doch ganz anders verlaufen sollte und so vergeblich geworden war. Vielleicht war es ihr Schicksal, dass es eben nicht so wollte, wie Terry es vorhatte. Und als jemand sie mit dem Fuß anstieß, etwas freundschaftlich, und sie ansprach, »hey«, sah sie noch nicht einmal auf.
»Fuck yourself«, sagte sie. Jetzt war sie wieder hineingerutscht in die alte Terry, die eiskalt und dafür auch bekannt war. Sie hatte sich selber ein bisschen leid und stand auf, um zurückzugehen.
Sie sah Lieschen, die Mutter und Bernd am Tisch sitzen. Sie hatten schon einen ordentlichen Berg leerer Muscheln vor sich stehen und aßen jetzt wohl schon am zweiten, dritten Gang. Es ging ihnen nicht schlecht. Bernd hatte den Arm auf die Stuhllehne der Mutter gelegt.
Terry fand es zum Kotzen. Sie ging zur Seitenstraße, wo der Wagen geparkt war, und setzte sich auf den Rücksitz. Dort saß sie im Dunkeln und beobachtete die Leute.
Als nach langer Zeit die drei in der Straße auftauchten und Terry sah, dass Bernd der Mutter den Arm um die Schultern gelegt hatte, wurde ihr wahnsinnig schlecht. Sie legte sich auf den Rücksitz mit dem Kopf auf das Medikamentenkissen und drückte ihr Gesicht in die Polsterung. Sie tat, als ob sie schlief.
»Das arme Kind«, flüsterte Lieschen, als sie den Wagen öffneten und Terry sahen. Und zum ersten Mal in ihrem Leben dachte Terry, dass an diesem Ausspruch, den sie immer und immer zu hören bekommen hatte, etwas dran war.
III
Seltsamerweise war die Rückfahrt aus Italien nicht viel anders als die Hinreise. Zum Unterschied zu Onkel Hugo saß Isabels Mann da, hinter dem Steuer, und dann im Autozug Terry gegenüber.
Terry besah ihn gründlich. Sie konnte gar nicht anders. Es war wie eine Sucht, ihn anzuschauen, von unten nach oben und zurück. Terry kam während ihrer Betrachtung zu dem Ergebnis, dass sie ihn hasste.
Bernd fühlte sich offensichtlich unwohl, von Terry so angestarrt zu werden. Er versuchte, nicht in ihre Richtung zu sehen. Terry merkte, wie er ihre Blicke vermeiden wollte, aber dann doch zu ihr schauen musste, und immer, immer sah Terry dann direkt in seine Augen.
»Ist was?«, fragte Bernd.
»Nö«, sagte Terry dann. »Was soll denn sein?«
Seine ganze Erscheinung ging ihr auf die Nerven. Kugelrunder Bauch und kugelrunder Kopf mit Glatze. Skinhead. Sie hatte ihn ja oft genug in der Badehose gesehen. Dann war er unmöglich anzuschauen. Nackend musste er ein Brechmittel sein. Sie stellte es sich vor.
»Ich habe das Gefühl, dass du mich nicht ausstehen kannst«, sagte Bernd.
»Wieso?«, fragte Terry.
»Sie kann niemanden ausstehen«, sagte die Mutter und schwächte somit jede Antwort, die Terry gegeben haben könnte, ab.
Terry
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