Lady Sunshine und Mister Moon
seinen Traumjob anbieten würde. Trotzdem … Es war etwas anderes, ob so etwas irgendwann in nebulöser Zukunft stattfinden sollte oder ob es quasi direkt vor der Tür stand. Ihre Laune trudelte ins Bodenlose.
Sie musste sich zusammenreißen.
Sie brauchte etwas, irgendetwas, egal was, das ihre Aufmerksamkeit von diesen um sich selbst kreisenden Gedanken ablenkte. Carly erhob sich, ging zu Wolf und tippte ihm auf die Schulter.
„Entschuldige, wenn ich dich unterbreche, aber ich werde mir jetzt am Kiosk eine Zeitschrift besorgen“, sagte sie, als er sich umdrehte.
Wolf blickte auf seine Uhr und dann wieder in Carlys Gesicht. Er hasste die Anspannung, die er in ihren Gesichtszügen sah. Der Ausflug ins Tierheim war offensichtlich nicht halb so erfolgreich verlaufen, wie er es gehofft hatte. Für keinen von ihnen.
Er verdrängte die Erinnerung an den Hund, den er in diesem nackten, sterilen Käfig zurückgelassen hatte. Stattdessen zwang er sich dazu, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. „Beeil dich“, bat er sie. „Wir wissen nicht, wie Hyde tickt – ob er zu den Mitarbeitern gehört, die ihrem Job keine Minute mehr als nötig einräumen, oder ob er gern früher kommt, um sich entspannt auf seine Schicht vorzubereiten.“
„Keine Sorge. Ich bin zurück, bevor du überhaupt bemerkst, dass ich weg war.“
Wolf nickte. Nachdem sie gegangen war, kümmerte er sich rasch um seine Mitarbeiter, um dann jeden von Carlys Schritten zu überwachen; Fred hatte eigens dafür einen Monitor aktiviert. Sie ging ins Kasino und hinüber zu den Aufzügen, die zur Ladenpassage im Untergeschoss fuhren. Wolf ließ sie nicht aus den Augen, während seine Gedanken zurück zu Jasper wanderten. Warum hatte er den Hund im Tierheim zurückgelassen? Wegen einer Zukunft, die bestenfalls ungewiss war?
Wolf hatte sich noch nie zuvor einem Tier so verbunden gefühlt. Weshalb also hatte er den Leuten vom Tierheim nicht gesagt, dass er Jasper haben wollte? Ja, es wäre eine ziemliche Abkehr von seinem bisherigen Lebensstil. Aber Himmel noch mal, er hatte sich doch eigentlich schon an dem Tag davon verabschiedet, als er sich einverstanden erklärt hatte, für Niklaus zu sorgen! Ganz abgesehen davon, dass der Junge von einem Hund bestimmt begeistert wäre. Und wenn er bedachte, dass er sich bereits gegen Oscar Freelings Angebot entschieden hatte, war Jasper eigentlich kein allzu großer Schritt.
Weshalb also hatte er diesen Sprung nicht gewagt?
Die Macht der Gewohnheit. Eine bessere Ausrede fiel ihm nicht ein. Schließlich war er kein Mann schneller, impulsiver Entschlüsse.
Dennoch hatte er das ungute Gefühl, dass es in Wahrheit weniger mit seiner Persönlichkeit zu tun hatte als vielmehr damit, dass er nicht wusste, wie er Carly beibringen sollte, dass er das wahnsinnige Jobangebot aus Cleveland nicht annehmen würde. Er musste zugeben: Er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen würde, wenn sie enttäuscht darüber wäre, dass er blieb. Immerhin war sie diejenige gewesen, die für diese Affäre Regeln aufgestellt hatte. Sie war diejenige, die die Ehe verachtete.
Nicht dass er schon jemals an so etwas gedacht hätte. Aber falls es doch irgendwann ernster zwischen ihnen werden würde – und falls er jemals so verrückt sein sollte, ihr das zu sagen –, was würde er dann tun, wenn sie ihm ins Gesicht lachte? Der Hund wurde am Ende womöglich eingeschläfert. Wolf schüttelte den Kopf. Blieb Japser tatsächlich im Tierheim, nur weil sein potenzieller Besitzer sich davor fürchtete, wie seine Geliebte darauf reagieren würde, dass er die Stadt nun doch nicht verließ?
Wolf beobachtete, wie Carly den Zeitungsladen ansteuerte, um sich ein paar Zeitschriften auszusuchen. Vielleicht sah er das alles ein wenig zu melodramatisch. Man würde den Hund frühestens nächste Woche einschläfern, falls er bis dahin keinen Besitzer gefunden hätte. Wolf blieben also noch ein paar Tage, um eine Entscheidung zu treffen.
Er grübelte immer noch, als Carly eine Minute später einen leeren Aufzug betrat. Die Türen schlossen sich langsam, sodass sie immer mehr vom Bildschirm verschwand, als sich plötzlich noch ein Mann in den Lift zwängte.
„Scheiße!“ Wolf schoss aus dem Sessel. „Aktiviert die Kamera in Aufzug sechs in der Passage!“, befahl er. „Beeilung, Fred!“, rief er ungeduldig, als das Ergebnis nicht sofort sichtbar wurde. „Wir haben einen Eindringling!“
Eine Sekunde später erschien das Innere des Aufzugs auf genau dem
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