Lady Sunshine und Mister Moon
heftig, dass sie drei Anläufe brauchte, um ihn auszuschalten und die Kasinoetage zu drücken. Sie drückte sich in eine Ecke und beobachtete den Mann, der zusammengerollt wie ein Embryo auf dem Boden lag, mit Argusaugen. Endlich bewegte sich der Lift.
Es war die längste Aufzugfahrt ihres Lebens. Carly dachte nur an Wolf. Sie musste sich nur noch ein paar Sekunden zusammenreißen, dann würde er da sein. Bestimmt wartete er schon auf sie. Und dann war alles wieder gut.
Ihr Kinn begann zu zittern, doch sie bekam es wieder unter Kontrolle. Sie schlang ihre Arme um sich, damit die unkontrollierte Mischung aus Panik sie nicht ganz in Besitz nahm. Sie würde nicht weinen, das schwor sie sich eisern. Sie würde nicht zusammenbrechen.
Und sie würde sich Wolf nicht in die Arme werfen. Sie würde ihn vor seinen Mitarbeitern umarmen. Schließlich hatte er darum gebeten, ihre Affäre aus ihrem Arbeitsleben herauszuhalten. Und dennoch brauchte sie ihn jetzt dringend.
Sie musste ihn sehen, unbedingt. Und dann war alles wieder gut.
Wolf ignorierte die Geschäftigkeit der Spieler und Gäste, die um ihn herumschwirrten. Er wartete auf Aufzug Nummer sechs. Unruhig schritt er vor den Schiebetüren auf und ab, Freds aufgeregte Stimme immer im Ohr. Seit Wolf den Sicherheitsbereich verlassen hatte, hielt ihn der junge Kollege über die Aktivitäten in Carlys Aufzug auf dem Laufenden.
Freds minutiöse Beschreibung der Situation hatte allerdings dafür gesorgt, dass Wolfs Magen vor hilfloser Wut in Aufruhr geraten war. Die Sache war schneller aus dem Ruder gelaufen, als er sie lösen konnte.
„Großer Gott, Wolf“, krächzte Fred nun. „Sie muss ihm die Eier bis zwischen die Schulterblätter getreten haben. Der kann so schnell keine kleinen Hydes mehr produzieren.“
„Haben Sie die Cops gerufen?“, unterbrach Wolf, als ein Geräusch und ein Lichtschimmer die Ankunft von Carlys Lift ankündigte. Er hatte gerade den Schrecken seines Lebens überstanden. Er war noch nicht in der Lage, sich anzuhören, welches Risiko Carly erneut eingegangen war – obwohl es dafür gesorgt hatte, dass sie sich aus den Klauen dieses Irren befreien konnte. Etwas, das ihm nicht gelungen war. Außerdem war das jetzt Sache der Polizei. Gut so. Denn er konnte in der Nähe eines Mannes, der es gewagt hatte, Carly zu schlagen, für nichts garantieren.
„Ja“, sagte Fred nüchtern. „Sie sind unterwegs und Beck auch. Er müsste jeden Augenblick bei Ihnen sein, um Hyde in Obhut zu nehmen, bis die Cops hier sind. Sie müssen sich nur um Carly kümmern, Mr. Jones.“
„Gut.“ Dann öffneten sich die Aufzugtüren, und Wolf unterbrach die Verbindung.
Er machte sich darauf gefasst, dass Carly in seine Arme fliegen würde. Aber er hatte nicht mit dem Ansturm von Gästen gerechnet, die zum Aufzug drängten. Bevor er mehr als einen flüchtigen Blick in den Fahrstuhl werfen konnte, sah er sich gezwungen, seinen Sicherheitsausweis aus der Tasche zu ziehen und die Kabine für zeitweilig gesperrt zu erklären.
In diesem Augenblick tauchte auch Beck auf, und zum ersten Mal in seinem Leben ärgerte sich Wolf über die Notwendigkeit, seinen Job über alles andere zu stellen. Beide, Beck und er, erkundigten sich bei Carly nach ihrem Befinden. Es ginge ihr gut, behauptete sie, doch Wolf bemerkte wohl, dass sie ganz nah bei ihnen blieb, als sie Hyde wieder auf die Beine stellten. Der Hausmeister hing wie ein nasser Sack im nicht gerade zimperlichen Griff der Security und beklagte sich darüber, dass er missverstanden worden sei.
„Von wegen Missverständnis, du kranker Affe“, murmelte Carly mit zorniger Verachtung, bevor sie Wolf mit großen Augen ansah. „Ich vermute, du lässt mich ihn nicht noch einmal treten?“
„Nein. Tut mir leid“, sagte er mit aufrichtigem Bedauern und wandte sich mit rauer Stimme an Beck. „Bringt ihn hier raus, bevor ich ihm alle Knochen breche.“
Und dann waren sie endlich allein. Aber Carly warf sich ihm nicht in die Arme, also näherte er sich stattdessen ihr. Ihre linke Wange verfärbte sich bereits. Er versuchte gar nicht erst, dem Bedürfnis zu widerstehen, seine Hand auszustrecken und die Stelle vorsichtig zu berühren. „Geht es dir wirklich gut?“
„Ja“, sagte sie. „So viel zum Thema, dass man einen Kerl braucht, um gerettet zu werden, hm?“ Sie tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust. „Ich bin eine Frau! Hörst du mich brüllen?“
Wolf hörte nur ihre großspurigen Worte und übersah die
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