Lady Sunshine und Mister Moon
Ansehen, weil sie ein geheimnisvolles Showgirl war. Doch die öffentliche Zurschaustellung von Trunkenheit, Auseinandersetzungen mit anderen Tänzerinnen und das Durchnässen zahlender Gäste gehörten … nun, gehörten sich nun mal nicht für die Frau, der er sein Herz geöffnet hatte.
Er musste das Geschenk seiner Liebe zu ihr noch einmal neu überdenken. Um ehrlich zu sein, er war sich nicht mehr sicher, ob sie diese Ehre wirklich verdient hatte.
Das Blut rauschte in seinen Ohren. Er spürte, wie die Wut langsam wiederkehrte, die Dr. Asher für bekämpft gehalten hatte. Mit festem Griff umklammerte er den Besenstiel und ging weg, um zu entscheiden, was er dagegen unternehmen wollte.
Seit achtundvierzig Minuten hielt Marcia Bowen Wolfs Befragung schon stand. So hieß die braunhaarige Frau, die das Avventurato um zweihundertsiebenundvierzigtausend Dollar betrogen hatte. Und sie spielte das empörte Opfer. Schließlich verlor Wolf die Geduld.
„Wissen Sie, Miss Bowen“, sagte er geradeheraus, „ich bin müde und will nach Hause. Ich habe keine Lust mehr auf irgendwelche Spielchen. Wenn Sie die Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass Ihr Komplize auf freiem Fuß bleibt, dann kann ich damit leben. Es ist vermutlich schon ein Weilchen her, seit Sie mit Mr. Gregory gesprochen haben. Wahrscheinlich ist er längst geflohen und lässt Sie jetzt die Kohlen aus dem Feuer holen. Damit kann ich leben. Schließlich ist es meine Aufgabe, einen Schlussstrich unter die Geschichte zu ziehen. Ich könnte aufhören, nach Ihrem Komplizen zu suchen. Warum soll ich auch nach der Taube suchen, wenn ich den Spatz schon in der Hand habe?“ Er warf das Überwachungsgerät, das er ihr weggenommen hatte, auf den Tisch und schaute ihr in die Augen. „Der Spatz sind Sie, meine Liebe, mit Ihren illegal erworbenen Gewinnen und Ihrem winzigen Zweikanalradio, das nur einem einzigen Zweck dienen konnte. Der Tisch, an dem Sie gespielt haben, war mit einer mikroskopisch kleinen Überwachungskamera verdrahtet. Das reicht, um Sie der Polizei zu übergeben. Und wenn ich Ihnen nicht begreiflich machen kann, wie vorteilhaft es für Sie wäre, mit uns zu kooperieren – dann eben nicht.“ Er stieß seinen Stuhl zurück und griff nach der Türklinke, um die Tür des Besprechungszimmers zu öffnen. „Beck!“
Sein Kollege erschien, noch bevor sein Name verhallte. Er stieß die Tür weit auf und steckte seinen Kopf herein. „Ja, Chef?“
Wolf ging diese Aufwertung runter wie Öl. Dennoch sagte er bloß in ernstem Befehlston: „Rufen Sie die Polizei. Sie können eine Kartenbetrügerin bei uns abholen. Erklären Sie Ihnen die Umstände. Vermutlich werden wir Schadensersatz fordern.“
„Wird erledigt.“ Beck zog den Kopf ein.
„Nein! Warten Sie.“
Becks Kopf erschien erneut im Türrahmen, und Wolf rückte seinen Stuhl zurecht. Er schaute die Frau, die diese Bitte ausgestoßen hatte, fragend an. Sie wirkte weit weniger selbstsicher als noch vor wenigen Sekunden. „Haben Sie noch etwas dazu zu sagen, Miss Bowen?“
„Ich habe so etwas vorher noch nie getan. Ich möchte nicht ins Gefängnis, nur weil ich so dumm war, auf einen Kerl hereinzufallen, der toll im Bett ist. Angenommen, ich sage Ihnen, wo Sie Mike finden und wie er das alles geplant hat – würden Sie mir dann helfen?“
„Möglicherweise“, sagte Wolf. „Dann erzählen Sie mal.“
Als Wolf nach Hause kam, war es bereits nach fünf Uhr morgens. Es hatte eine Weile gedauert, bis er Marcia Bowens Aussage aufgenommen hatte. Und es hatte noch mehr Zeit in Anspruch genommen, Gregory aufzuspüren. Der Mann war gerade dabei gewesen, die Ausrüstung in seinem Hotelzimmer abzubauen. Es waren Stunden dabei draufgegangen, ihn ins Büro zu bringen, ihn zu befragen und dann beide, Gregory und Bowen, schließlich der Polizei zu übergeben.
Wolfgang löste seine Krawatte und öffnete Niklaus’ Schlafzimmertür einen Spalt, um einen Blick hineinzuwerfen. Niklaus schlief ausgestreckt auf dem Bauch, sein Laken hing halb aus dem Bett. Wolf schloss die Tür und ging in die Küche.
Er schenkte sich ein Glas Milch ein und nahm sich ein Stück kalte Pizza aus dem Karton, den er auf dem Küchentresen fand. Dann trug er alles ins Wohnzimmer und ließ sich in seinen Ledersessel fallen. Er biss von der Pizza ab und lehnte beim Kauen seinen Kopf zurück.
Was für eine Nacht!
Wenn er sich woanders neuen Herausforderungen stellen würde, würde er einige Aspekte seines Jobs im Avventurato
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