Lady Sunshine und Mister Moon
Zähne geputzt und eine Hose übergestreift hatte, schlenderte auf direktem Weg in die Küche zur Kaffeemaschine.
Da stand bereits eine volle Kanne, vor der er eine Notiz entdeckte. Wolf schenkte sich eine Tasse ein, trank die Hälfte davon in einem Zug aus, füllte die Tasse wieder auf und ging mit ihr und dem Zettel zum Küchentresen hinüber. Dort setzte er sich auf einen Hocker und öffnete das mehrfach gefaltete Papier.
Onkel Wolf , las er. Hausaufgaben erledigt – bin am Pool. Komm runter, wenn du wach bist. Wir grillen. Nik.
Wolfgang lächelte. Das klang gut! Vielleicht hasste ihn der Junge am Ende doch nicht bis aufs Blut. Er trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse in die Spüle, bevor er ins Schlafzimmer zurückging, um nach seiner Badehose zu sehen. Dann tauschte er seine Stoffhose gegen eine ausgewaschene Jeans, schnappte sich ein Handtuch und verließ die Wohnung.
Als er eine Minute später die Baumgruppe am hinteren Ende des Pools umrundete, hörte er, wie eine ihm unbekannte männliche Stimme sagte: „Ich hab gehört, du bist jetzt im Fußballteam der Schulmannschaft, Niklaus.“
Überrascht blieb Wolf hinter dem breiten Stamm einer Dattelpalme stehen.
Dieselbe Stimme fragte: „Wolltest du das von dir aus, oder hat dein Vater dich dazu genötigt? Oder etwa dein Onkel?“
„Nö, ich wollte das selbst“, antwortete Niklaus. „Onkel Wolf ist nicht so ein gesprächiger Typ, außer wenn es darum geht, Regeln festzulegen. Er hat nicht viel dazu gesagt; meine Großmutter hat ihm gegenüber wohl mal erwähnt, dass Fußball mein Ding ist. Und was meinen alten Herrn betrifft …“ Nik schwieg lange. Wolf vermutete schon, dass er darauf verzichten würde, die Geschichte des bedauerlichen Mistkerls zu erzählen, der Katharina geschwängert hatte und noch vor Niklaus’ Geburt abgehauen war. Da räusperte sich sein Neffe: „Na ja, ich kenne ihn nicht. Ich weiß zwar, wer er ist – zumindest weiß ich seinen Namen und so. Aber ich habe ihn nie getroffen.“
„Glaub mir“, sagte der Mann. „Das muss nicht unbedingt schlimm sein.“
„Jax! Herrgottnochmal! “
Wolf trat zwischen die Bäume, um zu sehen, wie Treena den großen Mann an ihrer Seite mit dem Finger in die muskulöse Brust pikste. Dann wandte sie sich an Nik: „Du musst Jax verzeihen“, sagte sie mit einem leichten Lächeln. „Sein Vater hat ihn zum Mannschaftssport gezwungen. Nun vermutet er, dass jedes Kind dieselbe Misshandlung erfährt.“
Der Mann, der Jax hieß, hob die Achseln. „So was kommt vor.“
„Aber nicht bei mir“, sagte Nik mit einem fröhlichen Grinsen. „Ich liebe Fußball.“
„Das freut mich zu hören. Hast du auch eine Mutter?“
„Ja. In Indiana.“
„Wie bist du denn hier gelandet, wenn sie so weit weg wohnt?“
Was hatte dieser Kerl vor? Wollte er etwa einen Roman schreiben? Diese Neugier war genau der Grund dafür, weshalb man andere Menschen nicht zu nah an sich heranlassen sollte.
Aber Niklaus hatte offenbar nicht so viele Probleme damit, sich Fremden gegenüber zu öffnen wie Wolf. Er sagte bloß: „Sie hat einen anderen Loser gefunden, an den sie alle Hoffnungen hängt. Und meine Großeltern ziehen nach Deutschland zurück; meine Grandma kommt von dort. Deshalb konnten sie mich diesmal nicht mitnehmen.“ Er zog seine breiten, aber immer noch knochigen Schultern hoch, wie um zu sagen, dass es ihm egal war. „Und jetzt hat Onkel Wolf mich an der Backe.“
Wolf erschrak. Doch bevor er voranschreiten konnte, um diesem Ausspruch zu widersprechen, sagte eine kleine ältere Dame mit wohlfrisierten grauen Haaren: „Ich glaube nicht, dass dein Onkel das Gefühl hat, er hätte dich an der Backe . Er sieht das sicher anders.“
Genau! Geben Sie’s ihm, Lady!
„ Das denke ich auch.“ Carlys Hinterkopf schob sich in Wolfs Blickfeld, als sie sich auf ihrer Liege im Schatten der Palmen vorbeugte. „Und was meinst du damit, dass deine Mom ihre Hoffnungen an einen Kerl hängt?“
„Du weißt schon: Sie ist total vom Verlierer des Tages eingenommen. Sie hängt ihr Herz an ihn. Und es wird garantiert zerstückelt, wenn er sie am Ende wieder behandelt wie ein Stück Sch…, ähm, Müll.“
Die ältere Dame schenkte ihm ein Lächeln. „Für einen Jungen in deinem Alter bist du ganz schön zynisch.“
Niklaus zuckte mit den Achseln. „Es ist ja nicht so, als ob das alles nicht schon hundertmal passiert wäre. Mom verliebt sich beim kleinsten Anlass.“
Wolf musste zugeben, dass Niklaus
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