Lady Sunshine und Mister Moon
zu benutzen. Sollen wir den Kerl anrufen?“
Carly wurde warm ums Herz, als sie sah, wie empört Treena war. Sie lehnte sich lächelnd an sie. „Danke für das Angebot! Aber zum Teufel mit Jones. Ich habe ja sowieso nicht erwartet, dass es länger als ein, zwei Nächte gehen würde. Ehrlich gesagt – wenn es zwischen uns immer so heiß zugehen würde wie letzte Nacht, wären wir vermutlich ziemlich schnell ausgebrannt. Deshalb verpasse ich möglicherweise nicht mal so viel. Wie gewonnen, so zerronnen.“
„So kann man es auch sehen.“
Carlys grinste breit. „Ja. Das sollte jetzt aber keine Anspielung sein. Von nun an, Schätzchen, werde ich mich von diesem Mann so fernhalten, dass er glaubt, wir leben auf zwei verschiedenen Kontinenten.“
„Und was ist mit Niklaus?“
„Oh. Ihn werde ich nicht abblitzen lassen“, schwor Carly prompt, überrascht, wie schnell der Junge sich einen Platz in ihrem Herzen erobert hatte. „Ich muss ihn eben dann treffen, wenn sein planvoller Onkel woanders ist.“ Als sie erneut aus heiterem Himmel einen Stich in der Herzgegend spürte, schob sie dieses Gefühl in den hinterletzten Winkel ihres Gedächtnisses.
Doch Treena, die Carly mit ihren Röntgenaugen gleich durchschaute, schlang einen Arm um ihre Freundin und drückte sie fest an sich.
„Es tut mir leid“, sagte sie leise. „Möchtest du bei uns bleiben, bis wir zur Arbeit müssen?“
Carly liebte sie dafür. Aber das Letzte, was sie an diesem Tag aushalten konnte, war, sich wie das fünfte Rad am Wagen dieser kinderleichten und glücklichen Beziehung ihrer Freundin zu fühlen. „Nein. Vielen Dank. Ich weiß deine Einladung sehr zu schätzen, aber ich muss jetzt einfach mal für eine Weile Dampf ablassen.“ Sie kuschelte sich noch einen weiteren Augenblick in die Arme ihrer Freundin und richtete sich dann auf. „Ich hab einen Berg Wäsche, mit der ich in den Trockenraum muss, und zum Sport wollte ich auch noch. Und danach werde ich mit Buster Gassi gehen.“
„Warum benutzt du denn nicht deinen eigenen Trockner?“
„Weil das Scheißding gestern Abend seinen Geist aufgegeben hat.“
„Meine Güte, du arme Maus! Du hast wirklich einen sehr ereignisreichen Tag hinter dir.“
„Ja.“ Das plötzliche Ableben ihres Trockners war wirklich der Gipfel all dessen, was gestern passiert war. „Mack sagte, dass er ihn sich ansehen wird, aber er kommt vermutlich nicht vor morgen dazu. Bis dahin sitze ich auf einem Berg nasser Handtücher, die ich letzte Nacht gewaschen habe, anstatt Teller gegen die Wand zu werfen.“
„Bring sie doch hier vorbei.“
„Ach Treen, ich liebe dich für dieses Angebot, aber ich muss mich noch ein bisschen abreagieren. Ich schmeiße die Handtücher in den Trockner und tobe mich beim Sport aus, während sie trocknen. Aber ich danke dir, dass du für mich da bist. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn ich dich nicht hätte.“ Als sie sich erhob, fiel ihr Blick auf rotes Leder, das unter dem Nachttisch hervorlugte.
„Wenn ich mich nicht irre“, sagte sie, glücklich darüber, die Aufmerksamkeit ihrer Freundin auf etwas anderes als ihre bedauerlichen Probleme lenken zu können, „… dann ist das der vermisste Schuh.“
Fünfundvierzig Minuten später fühlte sie sich endlich wieder wie sie selbst. In der letzten halben Stunde war sie im gut ausgerüsteten Fitnessraum von einem Gerät zum nächsten gewandert, hatte ihre Bewegungen im Spiegel kontrolliert und die Wut ausgeschwitzt, während nebenan ihre Handtücher im Trockner umherwirbelten. Als hinter ihr plötzlich die Tür geöffnet wurde, war sie gerade damit beschäftigt, die letzten Wiederholungen zu zählen. Deshalb kümmerte sie sich nicht darum, wer hereingekommen war.
Doch als an der Stelle, wo normalerweise das Geklapper der Gewichte der anderen Maschine hätte einsetzen müssen, eine unnatürliche Stille folgte, sträubten sich ihr plötzlich die Nackenhaare. Sie richtete sich kerzengerade auf und schaute in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand.
Wolf starrte zurück. Carlys Herz zog sich so krampfhaft zusammen, dass es sich kurz anfühlte, als ob es niemals wieder normal schlagen würde. Ihn in der Tür stehen zu sehen verwandelte den ganzen mühsam verdrängten Schmerz in eine Flutwelle, die über ihr zusammenschlug.
Ihren Blick starr auf ihr eigenes Spiegelbild gerichtet, führte sie ihre Übungen an dem Gerät mechanisch fort. Das war eigentlich nicht nötig, aber Wolf sollte nicht glauben, dass
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