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Ladylike

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Titel: Ladylike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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als Kammerjungfer!«
    Mit beiden Vorschlägen ist Anneliese nicht einverstanden. Auch ich protestiere jetzt ernsthaft: »Wir führen weder Maria Stuart noch eine Mozartoper auf! Und richtig alte Kammerzofen gibt es sowieso nicht, was würde denn die Gewerkschaft dazu sagen! Anneliese unterstützt uns als meine Freundin, und damit basta.«
    »Also los, Mädels«, sagt Rudi und wird zusehends aktiver, »brezelt euch auf, schmeißt euch in Schale! Den Schmuck aber legst du besser erst später an, Lore, das erscheint mir sicherer.«
    Wir einigen uns darauf, daß wir mein Auto nehmen und in einer Stunde aufbrechen, schließlich sind es von Schwetzingen nach Baden-Baden kaum mehr als hundert Kilometer.

6
    In meiner Jugend waren zärtliche Berührungen den Liebenden und der engsten Familie vorbehalten; erst durch die nächste Generation lernten wir, daß sich auch Freunde mit Umarmung und Wangenkuß begrüßen oder verabschieden. Der feste Händedruck blieb unter uns Älteren allerdings bestehen, Anneliese und mir wäre es direkt peinlich, wenn wir uns nach so vielen Jahren plötzlich küssen müßten. Seltsamerweise tun wir es aber mit jüngeren Leuten, mit denen wir längst nicht so lange und so innig befreundet sind.
    Es gab und gibt jedoch Personen, die ich die Pelzrücker nenne. Ihre Spezialität ist nicht das modisch gewordene Busserl, sondern eine jeden Zeitgeist ignorierende Distanzlosigkeit. Stets gehen sie etwas zu dicht vor ihrem Gegenüber in Stellung und setzen sofort nach, wenn der Angesprochene unmerklich zurückweicht. Es ist möglich, daß man sich auf diese Weise Meter um Meter vom ursprünglichen Standort entfernt. Eine frühere Kundin gehörte zu dieser Sorte, aber auch Annelieses verstorbener Mann beherrschte das Spielchen. Es war mir egal, ob er bloß das Terrain oder mich erobern wollte; ich hasse es so oder so, wenn man mir allzu dicht auf die Pelle rückt.
    Burkhard, der gelegentlich recht charmant sein konnte, legte mich mit seinem Trick immer wieder herein. Da es im Sitzen nie so recht klappte, weil sich Stühle oder gar Sessel nicht kontinuierlich herumschieben lassen, sorgte er dafür, daß Gäste eine Weile im Flur stehenblieben. Dann trieb er sein auserkorenes Opfer mit dem Bauch ins Wohnzimmer und dort am liebsten gegen eine Wand, wo man ihm nicht mehr entrinnen konnte. Anneliese pflegte die eingeklemmten Besucher zu retten und scheuchte dann ihren Hardy zum Weinholen in den Keller.
    In seinen letzten Lebensjahren konnte Hardy seine Macht nur noch durch Tyrannei ausüben, denn ein inkontinenter Platzhirsch ist kein guter Pelzrücker mehr. Wie so mancher Dauerpatient entwickelte er Haßgefühle auf die Gesunden; da seine Kinder längst das Weite gesucht hatten und nicht mehr nach seiner Pfeife tanzten, hielt er sich an Anneliese schadlos. Sie hat es sich viel zu lange gefallen lassen.
     
    Beim Autofahren gerate ich meistens ins Grübeln. Gemächlich zuckle ich auf der A5 in Richtung Basel; Anneliese sitzt auf dem Beifahrerplatz und ahnt nicht, daß ich mir über ihre verflossene Ehe den Kopf zerbreche. Auch sie scheint ihren Gedanken nachzuhängen. Seit einer halben Stunde müssen wir notgedrungen schweigen, denn Rudi hat sich auf der Hinterbank zusammengefaltet und ist eingeschlafen. Ich bin ganz froh darüber. Er braucht nicht zu merken, daß ich inzwischen wie eine lahme Ente fahre. Auf dem Heimweg wird Rudi uns chauffieren, das hat er fest versprochen.
    Auch für Anneliese ist es ein besonderer Tag. Für unsere kleine Expedition hat sie sich von ihrem Vogelscheuchen-Look verabschiedet. Sie trägt einen schwarzen Anzug, den sie sich zu Hardys Beerdigung geleistet hatte, und sieht nun aus wie ein Schornsteinfeger. Auf dem dunklen Untergrund werden die Smaragde besser zur Geltung kommen, flüstert sie mir zu, denn auf jeden Fall will sie das Collier noch einmal anlegen, bevor es verkauft wird.
    Kurz vor der Autobahnausfahrt wird Rudi wach, wir können uns endlich wieder unterhalten. Anneliese bittet darum, am Bahnhof abgesetzt zu werden.
    »Was soll denn das?« frage ich ärgerlich. »Du willst doch nicht kneifen?«
    Sie lacht. »Ich bin wahrscheinlich früher als ihr an Ort und Stelle. Bis ihr einen Parkplatz gefunden habt, bin ich mit einer Taxe schon am Hotel.«
    Rudi und ich verstehen sie immer noch nicht. Anneliese erklärt geduldig, was sie sich in unserer stummen Phase zurechtgelegt hat.
    »Wenn irgend jemand über wichtige Informationen verfügt, dann ein Taxifahrer. Will man ihn

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