Ladylike
Männer sprichst, solltest du ehrlicherweise zugeben, daß du auch lieber einen knackigen Jüngling im Bett hättest.«
Sie widerspricht. »Das hab ich vielleicht mal aus Spaß behauptet! Aber ein jugendlicher Adonis hätte doch bloß einen gewaltigen Ödipuskomplex oder würde am Ende gar Geld dafür verlangen! Nein, so einen will ich auf keinen Fall.«
Wir trinken die Flasche leer, man soll schließlich nichts verkommen lassen.
»Das Tanzen mit Ewald hat mir trotzdem viel Spaß gemacht«, tröstet Anneliese sich selbst. Arm in Arm und ein bißchen wackelig wandern wir schließlich nach Hause, denn es ist immerhin schon halb zehn.
14
Meine Essenseinladung trägt Früchte, Anneliese hat die geklaute Speisekarte gut studiert. Gestern gab es Kürbis-Ravioli an Carpaccio von geschmortem Ochsenschwanz, für morgen plant sie gebundene Gerste mit weißen Rüben und Garnelen. Da ich heute kochen muß, bin ich etwas ratlos, bis ich mich im Supermarkt für Gnocchi entscheide. Fix und fertig steht dort eine 500-Gramm-Packung im gekühlten Regal; nach sardischer Art serviere ich sie mit geschmorten Kirschtomaten, Artischockenböden und Ricotta. Eigentlich ein leichtes Essen, hübsch anzusehen und schnell zubereitet. Anneliese mischt noch ein paar Kapern und zerzupfte Basilikumblättchen darunter und ißt wie ein Scheunendrescher.
»Ich hab’s schon wieder aufgegeben«, sagt sie und meint ihre Zurückhaltung beim Schlemmen, »irgendeinen Ersatz für andere Freuden muß der Mensch ja haben.«
Recht hat sie, denke ich und hole zum Dessert zwei Becher Krokant-Eis aus dem Tiefkühlfach. Es ist fraglich, ob ich in mein schönstes, grau-weiß gestreiftes Seidenkleid jemals wieder hineinpassen werde, aber meine hellbeige Kombination aus Fleece ist wesentlich bequemer und waschmaschinenfest.
»Du machst immer den gleichen Fehler«, sage ich und kratze den letzten Rest Eis aus der Pappe, »du hättest weder Ewald noch deine Enkel einladen sollen.«
Anneliese tut erstaunt. Die Kinder wohnen in einer Großstadt, einmal im Jahr sollen sie sich nach Herzenslust in Omas Garten austoben.
Ihr Einwand läßt mich völlig kalt. »Du bist und bleibst eine Masochistin und solltest lieber selbst verreisen, statt dich immer bloß um andere zu kümmern.«
Im Sommer müsse sie regelmäßig die Blumen gießen und den Rasen wässern, sagt Anneliese, außerdem fehle ihr das nötige Kleingeld. Um ihr meine längst fällige Einladung zu einer Reise schmackhaft zu machen, greife ich zu einem Trick und klage über Erschöpfung und ein starkes Bedürfnis nach Tapetenwechsel. Ohne anregende Gesellschaft könne ich aber meinen Urlaub nicht genießen und bitte daher um ihre Begleitung, zum Beispiel ins sonnige Portugal.
»In ein Flugzeug bringen mich keine zehn Pferde«, sagt sie.
»Aber was ist die Alternative? Die Bahn?« frage ich etwas enttäuscht. Meine Freundin sitzt am liebsten im Fond eines bequemen Autos. Doch ich fahre keine weiten Strecken mehr und habe mich in fremden Städten schon immer schlecht zurechtgefunden.
»Rudi?« fragt Anneliese unsicher, auf der Suche nach einem Chauffeur. Unmöglich, Rudi braucht seine Freizeit für seine Fernbeziehung.
»Wir könnten einen jungen Mann anheuern«, sage ich. »Einen witzigen und abenteuerlustigen Optimisten, der ein paar Fremdsprachen beherrscht, unsere Koffer schleppt, eine Reise gut vorbereiten kann und immer anhält, wenn wir es verlangen!«
Anneliese nickt sehnsüchtig. Sie weiß, worauf ich anspiele. Als unser Christian etwa sieben war, brachte sein Vater auf einer Urlaubsreise den Wagen erst dann zum Stehen, als das Kind längst in die Hose gemacht hatte. Und Annelieses Mann suchte stets so lange nach einem »besonders netten« Gasthaus für die hungrige Familie, bis alle Restaurants geschlossen hatten.
»Es müßte ein lieber, armer Schlucker sein«, fährt Anneliese fort, »dankbar für unser Angebot und weder verzogen noch anspruchsvoll. Morgen rufe ich bei der Studentenvermittlung in Heidelberg an, bis Ende September sind Semesterferien!«
Mittlerweile neigt sich der August dem Ende zu. Bisher haben sich vier Bewerber für den Job als Chauffeur vorgestellt. Die junge Frau, die unseren Auftrag notierte, reagierte pikiert, weil wir ausschließlich männliche Kandidaten verlangten. Wir begründeten es damit, daß wir nicht mehr die Jüngsten seien. Es ginge nicht nur um den reinen Fahrdienst, sondern auch um das Verladen schwerer Gepäckstücke.
Der erste Student war wohl falsch
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