Ladylike
altes Auto spinnt. Also müssen Anneliese und ich uns weiterhin ohne Herrenbesuche amüsieren.
»Was meinst du, wie es mit Ewald und Bernadette weitergehen wird?« frage ich sie. »Bis zur nächsten Bärlauchsaison dauert es noch lange …«
»Halt bloß den Mund«, sagt Anneliese, »man kann nicht zweimal nach dem gleichen Schema vorgehen! Außerdem habe ich dir doch schon gesagt, daß ich für andere Leute nicht Kopf und Kragen riskiere.«
»Nun gut, das sehe ich ein«, sage ich. »Ist im Grunde auch nicht deine Aufgabe, denn eigentlich heißt es ja: Selbst ist der Mann!«
»Völlig richtig«, sagt sie, »aber Männer sind diesbezüglich schwer von Begriff. Es kann einem direkt peinlich werden, wenn man einen intelligenten Menschen mit der Nase auf eine naheliegende Lösung stoßen muß. Ich hoffe, daß er’s jetzt endlich kapiert hat!«
Am Nachmittag geht Anneliese zum Frisör. Sie hat den kühnen Plan, sich blonde Strähnen ins graue Haar färben zu lassen. Ob das gutgeht, wage ich zu bezweifeln. Ich bin allein, als das Telefon läutet, und bekomme Herzklopfen. Es wird höchste Zeit, daß Ewald sich meldet.
Es ist aber Bernadettes Stimme, die mir entgegenschrillt: »Ich möchte sofort meinen Mann sprechen, er nimmt sein Handy leider nicht ab«, sagt sie ohne einleitende Entschuldigung.
Mit geheucheltem Bedauern teile ich ihr mit, daß er nicht hier ist.
Eine Sekunde lang herrscht bedrohliche Ruhe, dann bricht ein Tornado los, den ich von der temperamentlosen Frau niemals erwartet hätte. »Also ist er bei ihr!« schreit sie. »Ich hätte es mir denken können! Und ich blöde Kuh habe ihm abgenommen, daß er bei zwei Großmüttern untergekrochen ist!«
Obwohl ich sofort wittere, daß ihr Verdacht stimmt, bin ich gekränkt.
»Ihr Mann hat bis vor kurzem in unserem Gästezimmer übernachtet«, sage ich kühl.
Nun bekomme ich eine schlimme Geschichte zu hören: Niemals hätte Bernadette den wahren Grund erraten, warum Ewald ausgerechnet eine Heidelberger Klinik für sie ausgesucht hatte, denn sie glaubte ihm seine Schilderungen von der Qualität und Einzigartigkeit der dortigen Therapie. Woher sollte sie auch wissen, daß er seit längerem ein Verhältnis mit der Oberärztin hatte.
»Wo er dieses Flittchen kennengelernt hat, weiß ich auch nicht«, sagt sie.
Vor einem Jahr fand Bernadette in Ewalds Schreibtisch die Briefe einer Frau; er schwor aber hoch und heilig, daß es sich um eine harmlose Freundschaft handle. Leider konnte Bernadette nicht herauskriegen, wo Ewalds Geliebte wohnte und wie sie aussah, denn es stand weder ein Absender noch ein Datum auf den Briefen, von Fotos ganz zu schweigen. Aber unterschrieben waren sie allesamt mit Yola.
Als sie ihren Mann jetzt Hand in Hand mit der Oberärztin im Park der Klinik beobachtete, erfuhr sie von einer Krankenschwester, daß die Frau Doktor mit Vornamen Yola hieß und geschieden sei.
Ich unterbreche den Redefluß. »An Ihrer Stelle würde ich nicht gleich mit Steinen werfen. Sie haben doch gerade selbst eine neue Liebe gefunden!«
»Wie bitte? Etwa der Organist? Dieser Mann ist ein treusorgender Familienvater und außerdem unheilbar krank. Wie kann Ihnen Ewald nur einen solchen Bären aufbinden!« Sie schnappt nach Luft, und ich lege vor Aufregung den Hörer auf.
Wer hat wem denn nun Märchen erzählt? frage ich mich und reime mir eine halbwegs plausible Geschichte zusammen. Wahrscheinlich war der muntere Ewald noch nie ein Kostverächter. Und Bernadette, die ja leider ein sprichwörtliches Kind von Traurigkeit ist, hat jetzt zaghaft nachgezogen. Beide haben wohl einen Teil der Wahrheit gesagt. Was wird Anneliese davon halten? Oder soll ich ihr lieber verschweigen, was für ein Filou unser Ewald offenbar ist?
Am liebsten würde ich heulen. Ewald hat nicht nur Bernadette, sondern auch Anneliese und mich betrogen. Sicherlich ist Yola im Gegensatz zu uns noch im fortpflanzungsfähigen Alter, was ja für virile Instinkte ausschlaggebend zu sein scheint. Wir dagegen sind die nachsichtigen Großmütter, die man jederzeit ausnützen kann. Laut Bernadette urteilte Ewald über Anneliese und mich: Jenseits von Gut und Böse. Da hat er sich aber gründlich geirrt.
Der Frisör hat Anneliese sichtbar verjüngt. Noch bevor sie ihre grasgrüne Jacke ausgezogen hat, betrachtet sie sich kritisch im Garderobenspiegel und sucht an meinem Gesichtsausdruck abzulesen, was ich von den blonden Strähnchen halte.
»Nicht schlecht«, lobe ich freundlich, bin
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