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Ladylike

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Titel: Ladylike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Handtaschen, die soviel kosten, wie unsere Putzfrau in einem halben Jahr verdient. Sündhaft teurer Schmuck und Armbanduhren, die entweder für die zurückgebliebene Gattin zur Wiedergutmachung oder für die neue Freundin als Morgengabe gedacht sind. Eigentlich fände ich es interessant, wenn mir einer der sagenhaften Promis über den Weg liefe, der all das Zeug kauft. Aber die meisten sind Touristen wie ich, die bloß gaffen wollen.
     
    Endlich ist es soweit, und wir können Ewald abholen. Anneliese und ich sind etwas aufgeregt, als wir vom winzigen Terminal aus die pünktliche Landung eines sehr kleinen Flugzeugs beobachten.
    Als erster Passagier steigt tatsächlich Ewald aus, schaut jedoch nicht in unsere Richtung, sondern hilft dem Piloten, ein unförmiges Gepäckstück aus dem kleinen Flieger zu wuchten.
    »Typisch Golfer«, bemerkt ein junger Mann, der neben uns steht.
    Als schließlich die Besitzerin des Sport-Equipments selbst herausklettert, dreht sich Anneliese kreidebleich zu mir um und flüstert: »Da kriegst du doch die Motten! Er hat tatsächlich die Frechheit, diese Yola mitzubringen!«
    »Quatsch«, tröste ich, »er hat doch nur ein Einzelzimmer reservieren lassen!«
    Der dritte und letzte Fahrgast, der sich herauswindet, ist zu unserer grenzenlosen Verblüffung niemand anderer als der lange, leichenblasse Rudi. Der junge Mann neben uns läuft ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen.
    Anneliese nimmt geistesgegenwärtig und blitzschnell ihre geklauten Ohrgehänge ab.
    So eilig hat Ewald es nicht. Er hat im Moment nur Augen für ein Segelflugzeug, das auf der grünen Wiese parkt. Deutlich kann man hören, wie er zu seiner Mitreisenden sagt: »Mit so einer D-5701 habe ich vor vielen Jahren das Fliegen gelernt! Aber was soll’s, irgendwann ist man für alles zu alt. Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt und viel Erfolg beim Turnier.«
    Als Ewald sich schließlich in Bewegung setzt, ist Rudi mit seinem Freund längst bei uns angelangt. Seinen Hund hat er offenbar zu Hause gelassen.
    »Das tut aber gut, wieder mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen«, sagt er erleichtert, »am liebsten möchte ich die Erde küssen! Eigentlich wollte ich, daß meine smarten Tanten vor Staunen platt sind, aber sie wußten dank übersinnlicher Fähigkeiten bereits genau, daß ich im Anflug war! Wie habt ihr das bloß herausgekriegt?«
    Auch der dunkelbraungebrannte Ewald nähert sich und winkt fröhlich mit seiner Prinz-Heinrich-Mütze. Als er uns mit zwei jungen Männern reden sieht, zieht er sein Lächeln wieder ein und bemerkt etwas spitz, als er vor uns steht: »Bereits Anschluß gefunden?«
    Anneliese ist grenzenlos erleichtert, daß die Golferin nicht Yola ist, und fällt Ewald einfach um den Hals. Ich stehe stocksteif daneben.
    Rudi macht mich unterdessen bekannt: »Lore, du kennst Lukas ja noch gar nicht. Seine Eltern haben hier auf Sylt ein kleines Reetdachhaus, da dachte ich, wir könnten euch bei dieser Gelegenheit mit einer Stippvisite überraschen.«
    Schön und gut, aber eigentlich kommt uns Rudi mit seiner Überraschung ziemlich in die Quere. Statt uns Ewald vorknöpfen zu können, fahren wir brav dem gemieteten Porsche von Rudis Freund hinterher. Der vielgepriesene Lukas hat uns zum Kaffeetrinken eingeladen.
    Bald darauf sitzen wir im Garten der Kupferkanne und essen Blaubeerkuchen. Der Blick auf die buckligen Kiefern, die braune Heide und das graublaue Wattenmeer im hellen Licht des Nordens läßt ahnen, warum es so viele Künstler hierhergezogen hat.
    »Wie wolltest du uns eigentlich ausfindig machen? Du konntest doch gar nicht wissen, wo wir untergekommen sind«, sage ich zu Rudi.
    Irgendwie hätte man uns schon aufgespürt, sagt er, zwar könne er nicht hellsehen wie wir, sei aber ein cleverer Bursche.
    Sein netter Freund strahlt ihn an: »Stimmt, full of pepper and energy !« meint er bewundernd.
    Nach einer knappen Stunde verlassen uns die beiden, um noch im Gogärtchen einen Prosecco zu trinken. Anneliese und ich fahren mit Ewald ins Hotel, damit er endlich seinen Koffer auspacken kann.
     
    »Ach, Kinder, ist das schön hier!« sagt er nun schon zum wiederholten Mal. Er hat bis jetzt nicht verraten, wie lange er bleiben will oder kann. Anscheinend tun wir uns alle drei schwer mit einem klärenden Gespräch. Zuerst berichtet Ewald uns des langen und breiten von seinem Flugerlebnis in der winzigen Cessna, nicht etwa von seiner trauernden Familie oder gar der geheimnisvollen

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