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Ladylike

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Titel: Ladylike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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informierte, mochte er an seine Vaterschaft nicht recht glauben. Die Sache war im übrigen hochbrisant, weil Bernadette zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls ein Kind erwartete. Ewalds Zweifel kränkten seine Geliebte, und sie erklärte das Verhältnis für beendet. Und ihr inzwischen verstorbener deutscher Ehemann stellte nie in Frage, daß Yola seine Tochter war.
    Vor zwei Jahren zog Yolas Mutter nach Brasilien zurück und fand den Zeitpunkt für gegeben, die Tochter über ihre wahre Abstammung aufzuklären. Daraufhin setzte Yola alle Hebel in Bewegung, um ihren unbekannten Vater aufzuspüren. Sie wollte Gewißheit, und so einigte man sich auf einen DNA -Test, der die Sache endgültig klarstellte.
    »Bernadette war sehr eifersüchtig, gelegentlich hatte sie auch Grund dazu. Niemals hätte sie es verkraftet, daß ich fast zeitgleich zwei Töchter mit zwei Frauen gezeugt habe. Als sie Briefe von Yola fand, habe ich sie lieber in dem Glauben gelassen, es handle sich um eine Affäre.«
    Ein wenig beschämt schauen Anneliese und ich in die Ferne. Müssen wir uns jetzt entschuldigen?
    »Wahrscheinlich war es ein gewagter Schachzug, Bernadette in die Heidelberger Klinik einweisen zu lassen, wo Yola arbeitet. Doch ich wollte meine Tochter endlich näher kennenlernen, und so bot sich die Gelegenheit, sie von Schwetzingen aus fast jeden Abend zu besuchen. Vielleicht hätte ich euch von Anfang an reinen Wein einschenken sollen, tut mir leid …« sagt Ewald.
    Wir atmen hörbar auf.
    »Hat dir denn Yolas Mutter inzwischen verziehen?« frage ich.
    »Ich weiß es nicht«, sagt Ewald, »es scheint Luiza nicht gutzugehen, sie mußte sich kürzlich ein neues Hüftgelenk einsetzen lassen.«
    »Kommt, wir laufen noch ein wenig«, schlage ich vor, »damit wir beim Abendessen ordentlich zuschlagen können.«
    »Gern«, sagt Ewald und zieht Anneliese hoch. »Mädels, ihr habt euch so schrecklich aufgeregt. Wart ihr am Ende eifersüchtig?«

21
    Auch an diesem Abend wird geschlemmt, und zwar in voller Besetzung: Anneliese und ich, Ewald, Moritz und Ricarda, Rudi und Lukas.
    Trotz des feinen Menüs habe ich das unbestimmte Gefühl, daß dieser Abend ein Flop wird: Wahrscheinlich sind wir einfach zu viele. Anneliese unterhält sich mit Ewald, und zwar so leise, daß ich nichts mitkriege und mich ärgere. Moritz und Ricarda, die anfangs von ihrer heutigen Radtour durch sechs Naturschutzgebiete erzählt haben, verstummen allmählich. Selbst die Tips von Lukas für eine Exkursion nach Rantum nehmen sie lustlos zur Kenntnis. Von fröhlicher Stimmung kann trotz der geleerten Weinflaschen nicht die Rede sein, im Gegenteil – ich beobachte mühsam unterdrücktes Gähnen, diskrete Blicke auf die Armbanduhr, heimliches Lockern der Gürtelschnallen. Reichlich früh wünschen wir uns gegenseitig eine gute Nacht und verziehen uns auf die Zimmer. Rudi und sein Freund steigen ins Auto; Lukas hat sich beim Trinken zum Glück zurückgehalten. Vermutlich ist es die Luftveränderung, die uns alle so müde macht.
    Trotzdem schlafe ich nicht gleich ein. Anneliese mault bei jeder Gelegenheit, daß die Studenten nicht unsere Enkel seien und ich sie zu sehr verwöhne. Irgendwie hat sie ja recht. Vielleicht sollte man ihnen weitere Aufgaben zuweisen, überlege ich, sie erhalten zwar für Chauffeurdienste eine Tagespauschale sowie Kost und Logis, aber wenn wir Station machen, haben sie nicht das geringste zu tun. Soll ich sie entlassen? Ewald könnte uns ebenfalls nach Hause fahren. Andererseits sind es liebenswerte junge Menschen, ich brächte es nicht übers Herz, sie um ihr Urlaubsglück zu prellen.
     
    Schon sehr zeitig stehe ich auf, aber Anneliese und Ewald sitzen bereits am Frühstückstisch. Anfangs nehmen sie mich gar nicht wahr, so sehr sind sie in ihr Gespräch vertieft. Erst als ich vor ihnen stehe, wechseln sie das Thema, und wir reden fünf Minuten lang über das Wetter.
    »Ich freue mich auf einen langen Spaziergang«, sagt Ewald und schiebt die verhaßte Butter in Annelieses Richtung. »Es gibt nichts Schöneres, als barfuß am Strand entlangzulaufen. Und für die Füße ist es sowieso das beste!«
    Da bin ich ganz seiner Meinung. Anneliese wendet zwar ein, daß es noch zu kühl sei, aber sie ist offensichtlich entschlossen, uns zu begleiten. Zuvor verschwinden wir in unsere Zimmer, um die richtigen Schuhe und Jacken auszuwählen, und treffen uns nach einer halben Stunde am Ausgang des Hotels.
    Es ist diesig, windig und tatsächlich ein bißchen

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