Ladys Zirkel: Die Fotografin (German Edition)
über die Geschäftseröffnung in die Zeitung bringen. Linda konnte es gar nicht fassen, dass sich ihr eine so gute kostenlose Werbemöglichkeit bot. Dem ganzen Stress war es vermutlich geschuldet, dass Linda nicht nachfragte, wie die Journalistin überhaupt von ihr gehört hatte. Sogar ein Foto machte die Dame von der Zeitung von Linda draußen vor der neu lackierten Eingangstür. Dort hatten sie um die Tür herum einen weißen Zierrahmen gestrichen (ein schöner Kontrast zu der beigefarbenen Fassadenfarbe), zwei große dunkle Blumenkübel mit Buchsbäumen darin aufgestellt und ihr Schild mit dem Geschäftsnamen über der Tür befestigt. Ursprünglich wollte sie gerne ein großes beleuchtetes Schild kaufen, doch nachdem sie den Preis für ein solches Schild kannte, hatte sie sich für ein einfaches kleines, cremefarben beklebtes Aluschild mit Schriftfarbe in orange entschieden. In großen Lettern stand dort „Glanzlicht“.
Eine weitere Merkwürdigkeit, die sich ereignete , war ein Katalog, den Linda in ihrem Briefkasten fand. Er enthielt das Angebot eines Ausrüsters für Geschäftsinventar und beinhaltete auch Ausstattungen für Fotostudios. Linda entdeckte darin auch Schienensysteme und Beleuchtungsanlagen. Leider ohne Informationen zu Preisen.
„Fragen kann ich ja mal“ dachte sie am nächsten Tag beim Griff zum Telefon, um sich nach den Preisen zu erkundigen. Und war nach dem Gespräch mit dem Verkäufer umso erstaunter, dass das System, welches sie gerne hätte, einen bemerkenswert günstigen Preis hatte. Sie hätte Glück und eine besondere Angebotswoche erwischt, erklärte ihr der Mann auf der anderen Seite. Gleich am nächsten Tag könnte jemand in Lindas Geschäft vorbei schauen zum ausmessen. Linda war viel zu erleichtert, um sich ernsthaft zu wundern über die Zufälle, die sich ereigneten, sie war einfach nur dankbar, dass sich im Moment alles so günstig für sie fügte.
Und außerdem gab es noch so viele Dinge zu erledige n für sie, dass für Grübeln keine Zeit blieb.
Die Sommerferien hatten angefangen und so erledigte sie viele Sachen zusammen mit Sophie. Die fand es naturgemäß gar nicht spannend , im Schlepptau ihrer Mutter Kranken- und Berufsversicherungen abzuschließen, To-do- und Preisvorstellungslisten zu schreiben und sich in der Gegend in anderen Geschäften vorzustellen. Auch am Renovieren, um das sich Nils mehr kümmerte, hatte Sophie keinen rechten Gefallen mehr. Linda war in der Zwickmühle. Natürlich hätte sie sich gerne um ihre Tochter gekümmert und ihr schöne Ferientage bereitet, aber die Zeit saß ihr im Nacken. Viel Zeit bis zur Eröffnung war nicht mehr. Umso froher war sie, als ihre Eltern vorbeischauen wollten, um Sophie für eine Woche abzuholen. Linda war aufgeregt, weil ihre Eltern sich die Baustelle ansehen wollten. Sie hatte ihnen per E-Mail die Bilder von dem ursprünglichen Zustand des Gebäudes geschickt und die Kommentare waren nicht sehr ermutigend gewesen.
Als sie nun mitten in dem Chaos im Laden standen, waren sie sehr erstaunt, was ihre Tochter da auf die Beine gestellt hatte und Linda spürte auch ein wenig Stolz bei ihren Eltern, auch wenn sie es nicht äußerten. Für sie war die heile Welt, die sie für ihre Tochter schaffen wollten mit Lindas Flucht jäh zusammengebrochen. Sie konnten nicht nachvollziehen, dass Linda lieber spartanisch lebte anstatt einen gesicherten Lebensstandard mit ihrem Mann zu haben. Linda hatte die beiden unglaublich lieb und ihr war klar, dass sie es einfach nicht besser wussten. Doch es machte sie traurig, dass sie nicht verstehen konnten, was alles in dieser heilen Welt schief gelaufen war. Und dass ihre Tochter dort niemals glücklich geworden wäre. Nachdem sich ihre Eltern verabschiedet hatten und zusammen mit Sophie abgefahren waren, hatte Linda einen Kloß im Hals. Vielleicht hätte sie einfach mitfahren sollen. Es wäre so einfach gewesen und ihre Eltern hätte es sicher glücklich gemacht. Und wäre es auch für Sophie besser gewesen? Fast wäre sie in Tränen ausgebrochen. Die Zweifel, ob sie das alles hier schaffen könnte, wurden fast unerträglich und der Stress der letzten Wochen tat sein Übriges. Doch eine Bierflasche, die in ihrem Sichtfeld auftauchte, riss sie aus dem Grübeln. Linda sah auf und blickte in Nils aufmunterndes Gesicht. Er hatte ein übertrieben bemitleidenswertes Gesicht aufgesetzt und brachte sie damit zum Lachen, welches dann doch in Schluchzen und Tränen überging die sie nicht zurück
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