Laennaeus, Olle
Klosettschüssel plätscherte
es, und er richtete den Strahl etwas höher, um das Geräusch zu dämpfen.
Als er wieder in sein Zimmer zurückschleichen
wollte, hörte er Stimmen. Sie kamen von unten aus der Küche, ein schwaches Gemurmel.
Erst hatte er vor, sie nicht weiter zu beachten, doch dann wurde eine der Stimmen
lauter und steigerte sich zu einem wütenden Ausbruch.
«Der Bengel von der Polackenhure!?
Ihr seid doch nicht ganz bei Trost!»
Konrad hielt mitten in der Bewegung
inne. Er hörte zwei Stimmen beschwichtigend auf die zornige Person einreden. Das
mussten Herman und Signe sein. Aber er konnte nicht verstehen, was sie sagten.
Langsam näherte er sich dem Treppengeländer.
Drückte die Stirn gegen zwei Holzsprossen und sah hinunter. Die Küchentür war angelehnt.
Ein Lichtkegel fiel durch den Türspalt und erleuchtete ein Stück des Flurteppichs.
Konrad presste sein Gesicht fester
gegen die Holzstäbe, um einen Blick in die Küche zu erhaschen. Dort stand ein großgewachsener
Kerl in einem blaugestreiften Norwegerpulli. Blond und mit Stoppelhaar, und als
der Hüne den Kopf ein wenig drehte, sah Konrad, dass sein Gesicht vor Wut rot angelaufen
war. Er reckte die geballte Faust drohend in die Luft.
«Ihr habt sie doch nicht mehr alle,
verdammt nochmal!»
«Aber, Klas, mein Guter», hörte er
Hermans Stimme sagen. «So schlimm wird es schon nicht werden. Er ist doch ein ganz
Lieber ...»
«Ich scheiß drauf, ob er lieb ist.
Er muss hier weg!»
Die letzten Worte schrie er geradewegs
hinaus. Dann wurde es plötzlich still in der Küche. Konrad hörte, wie sein Herz
wie wild klopfte. Er drückte die Hand gegen die Brust, um es zu beruhigen. Dann
war die fremde Stimme wieder zu hören, jetzt etwas leiser, aber immer noch erfüllt
von unterdrücktem Zorn.
«Eins ist jedenfalls klar. Entweder
er oder ich. Die Polackenbrut oder euer eigener Sohn.»
Einige Sekunden lang war es still.
Dann hörte er Signes Stimme. Er erkannte sie kaum wieder. Während sie am Tag zuvor
ruhig und mild geklungen hatte, war sie jetzt unerbittlich.
«Wir haben die Sünde im Blut», erklärte
sie. «Wir werden nie wieder ein Wort darüber verlieren, Klas. Aber du weißt es.
Und wir wissen es auch. Dass wir eine Sünde begangen haben, die wir sühnen müssen.»
Konrad begriff nicht alles, aber genügend,
um zu verstehen, dass sie über ihn redeten.
Ohne sich die Mühe zu machen, besonders
leise zu sein, rannte er in sein Zimmer. Er presste sein Gesicht gegen die Matratze,
zog sich die Decke über den Kopf und kniff fest die Augen zu.
KAPITEL 6
A m zweiten Morgen
stellt er fest, dass Örjan Palander noch immer im Ort ist. Er erkennt ihn auf dem
winzigen Foto in der Zeitung fast nicht wieder, aber der Name ist kaum zu verwechseln.
Es kann unmöglich zwei Journalisten mit demselben Namen geben. Zumindest nicht in
ein und derselben Redaktion.
Aber gütiger Gott, der Mann muss ja
inzwischen mindestens hundert Jahre alt sein.
Konrad erinnert sich noch gut an ihn.
Ein großgewachsener, ziemlich fetter Kerl. Immer eine karierte Schirmmütze auf
den kahlen Schädel gedrückt, immer auf dem Sprung, keuchend und mit rot angelaufenen
Wangen, seine Nikon umgehängt, die ihm über dem dicken Bauch baumelte. Für die Leute
ist er ein Unikum. Möglicherweise lag es daran, dass er gelegentlich eine gewisse
humanistische Bildung durchblicken ließ. Es ging nämlich das Gerücht, dass Orjan
Palander etwas durchgeknallt war, weil er in seiner Jugend zu viele Bücher gelesen
hatte. Vermutlich war er jünger, als die Leute aufgrund seiner Glatze annahmen.
Dem Foto in der Zeitung zufolge hat
Palander sich in der Zwischenzeit einen gewaltigen Schnauzbart zugelegt, der ihn
aussehen lässt wie ein Walross. Konrad beschließt, ihn aufzusuchen.
Doch bevor er vom Frühstückstisch im
Speisesaal des Hotels aufsteht, liest er sorgfältig die Zeitungsberichte über die
Morde in Onslunda durch. Das Blutbad, wie es die Journalisten nennen. Die Angaben
von Ystads Allehanda unterscheiden sich nicht so sehr von dem, was er am Abend
zuvor in den Nachrichten gehört und in Sydsvenskan gelesen hatte. Die beiden getöteten
Männer waren beide zwanzig Jahre alt. Gehörten albanischen Familien an, die in den
Neunzigern aus dem Kosovo nach Schweden geflohen waren. Mit großer Wahrscheinlichkeit
sind die Jungs auf frischer Tat ertappt worden, als sie in das Haus des alten Mannes
einbrechen wollten. Sie wurden von den großkalibrigen Schrotkugeln im Gesicht
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