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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Kommode und eine grün geblümte Tapete erkennen. Die Tür in
der Mitte war geschlossen. Auf ihr klebte ein Stück Karton, auf dem mit schwarzem
Filzstift ein Totenkopf und zwei sich überkreuzende Knochen gemalt waren. Darunter
stand: Whites only. Links von der Toilette lag Konrads
Zimmer.
    «Da wohnt Klas», erklärte Herman und
wies auf die geschlossene Tür. «Du brauchst dich aber nicht um ihn zu kümmern.»
    Konrad starrte auf das bedrohlich wirkende
Schild. Den Text verstand er nicht. Aber der Totenkopf sah furchterregend aus.
    «Ist er gefährlich?»
    Herman drehte sich um und lachte.
    «Nein, nein, ganz und gar nicht. Er
ist ein ganz gewöhnlicher Junge, genau wie du. Obwohl es natürlich nicht mehr lange
dauert, bis er erwachsen ist.»
    Konrad kapierte nicht, was daran so
lustig war. Er betrat sein Zimmer. Es roch abgestanden, als wäre das Fenster lange
nicht geöffnet worden. In der einen Ecke stand ein schmales Bett mit einem grünen
Überwurf. Eine Holzplatte auf zwei Sägeböcken bildete den Schreibtisch. Auf dem
Fußboden lag ein gestreifter Teppich. Und an der grau gemusterten Wand gegenüber
dem Fenster hing ein Gobelin, der das Jesuskind und die drei Weisen aus dem Morgenland
darstellte. Josefs Gesicht war nicht genau zu erkennen, da sich das Garn an dieser
Stelle gelöst hatte und ein paar Fäden herunterhingen.
    «Ja, wir können es mit der Zeit bestimmt
noch ein bisschen herrichten», meinte Herman. «Ein Poster aufhängen oder so.»
    Er sah Konrad mit großen grauen Augen
unschlüssig an und drehte ihm dann wieder den Rücken zu, als inspiziere er den Raum
und dächte über verschiedene Einrichtungsmöglichkeiten nach.
    «Man könnte vieles machen ...»
    Er fing an, vor sich hin zu pfeifen,
verstummte aber gleich wieder. Nach einer Weile sagte er mit völlig anderer Stimme:
«Du brauchst nicht traurig zu sein, Konrad. Wenn man in deinem Alter ist, gibt es
vieles, was man nicht versteht. Aber es wird schon alles ... gut werden.»
    Herman räusperte sich und schluckte.
    «Versuch einfach, nicht traurig zu
sein», wiederholte er, und es klang fast wie ein Flehen, aber Konrad war sich nicht
sicher, denn alles, was er von Herman sah, war sein breiter Hosenboden und der karierte
Flanellrücken.
    Traurig?
    Konrad war nicht traurig.
    Er war ein erloschener Vulkan. Nach
der Nacht, in der Agnes nicht nach Hause gekommen war, hatte er über zwei Wochen
lang glühende Lava gespuckt. Er war rasend gewesen, hatte geschrien und gebrüllt
und sich blutig gekratzt. Er hatte geweint und nach ihr verlangt, sie angeklagt
und verflucht, so lange, bis er nicht mehr konnte.
    Jetzt war er nur noch leer.
    Die Hülle eines kleinen Jungen, der
zwischen Wachspuppen und Kulissen in einer Welt umherging, von der er noch nicht
wusste, dass sie sein neues Leben darstellen würde.
     
    K onrad blieb
im Bett liegen und kniff die Augen so lange zusammen, wie er konnte, obwohl er dringend
pinkeln musste und es sich anfühlte, als würde sein Unterleib jeden Moment platzen.
Schließlich musste er aufgeben.
    Gleich in der ersten Nacht das Bett
vollzupinkeln, hatte er nicht vor.
    Er tastete mit der Hand in der Dunkelheit,
fand die Nachttischlampe und knipste sie an. Das grelle Licht brannte ihm in den
Augen und zwang ihn dazu zu blinzeln. Er blickte sich um. Alles, was ihm während
des Schlafens gelungen war zu verdrängen, war plötzlich wieder da. Jetzt in der
Nacht noch bedrohlicher als am Abend zuvor beim Zubettgehen. Es roch ungewohnt.
Der Bettpfosten, über den er seine Kleider gehängt hatte, warf einen gespenstischen
Schatten an die Tür. Schwarz. Eine Hexe mit einer Sense über der Schulter. Bewegte
sie sich etwa? Konrad bog die Lampe zur Wand.
    Vorsichtig stand er auf. Der Boden
unter seinen bloßen Füßen war kalt und knarrte ein wenig.
    Wo war nochmal die Toilette?
    Kurz bevor er zu Bett ging, war er
bereits pinkeln gewesen, aber da war er so müde, dass er es sich nicht gemerkt
hatte. Herman und Signe hatten in der Tür gestanden, gute Nacht gesagt und dann
das Licht ausgemacht. Er war sofort eingeschlafen.
    Vorsichtig drückte er die Türklinke
herunter. Sie zu wecken, war das Letzte, was er wollte. Nur schnell pinkeln und
dann wieder einschlafen.
    Eine Wandlampe mit Holzeinfassung verbreitete
einen schwachen gelblichen Schein im Flur. Sie half ihm, sich zurechtzufinden.
Er schloss lautlos die Tür hinter sich, klappte den Klodeckel hoch und versuchte,
den Strahl im Dunkeln so gut er konnte auszurichten. In der

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