Laennaeus, Olle
Ein Gesicht, das rot ist vor Anstrengung, und ein nasser blonder Schopf. Und
vor allem eine Hand, die eine glänzend schwarze Pistole in der Hand hält.
«Sie lag auf dem Grund, aber das Wasser
da unten ist nicht tiefer als einen Meter», erklärt der Polizist, der aus dem Schacht
klettert.
Orjan Palander kann ein enthusiastisches
Pfeifen nicht unterdrücken. Dann nimmt er die Kamera und knipst einige Bilder. Eva
Ström wirft ihm einen ärgerlichen Blick zu, bevor sie einen Stift durch den Abzug
der Waffe schiebt und sie in einen Plastikbeutel gleiten lässt.
«Keine Chance auf Fingerabdrücke, aber
sicher ist sicher», murmelt sie wie zu sich selbst.
«Eine Luger», sagt Palander laut. «Deutsche
Pistole. In der Nazizeit gang und gäbe. Aber auch in Schweden gibt es Massen davon.»
Während die Polizisten ihre Ausrüstung
wieder zusammenpacken, bleibt Konrad am schwarzen Brunnenloch stehen und wartet.
Eigentlich sind sie ihm doch eine Erklärung schuldig, oder? Doch keiner scheint
mehr von ihm Notiz zu nehmen. Der Brunnentaucher zieht sich unter dem Apfelbaum
trockene Kleidung an, während seine Kollegen die Seile zusammenrollen und Eva Ström
etwas abseits telefoniert. Örjan Palander sitzt in einem weißgestrichenen Gartenstuhl
und macht sich in seinem Block Notizen.
Konrad beäugt das Haus und den Garten
und versucht sich vorzustellen, was an dem besagten Morgen geschah. Er wirft einen
Blick über die Ebene und stellt fest, dass es bis zum nächsten Nachbarn ziemlich
weit ist. Neben dem Holzschuppen picken einige Hühner unruhig auf dem Boden herum.
Die Axt ist tief in den Hackklotz gerammt. Neben der Haustür des weißgetünchten
Wohnhauses sieht er bräunlich rote Spritzer an der Wand. Torstensson hat nicht an
Schrot gespart, mit dieser Ladung hätte er sicher locker sowohl einen Elch als auch
einen Wolf erlegen können.
«Okay, ich nehme an, Sie wollen wissen,
was all das hier zu bedeuten hat.»
Er dreht sich um und steht Auge in
Auge mit Eva Ström. Jetzt blickt sie etwas freundlicher drein.
«Ich habe mit Bernhardsson gesprochen,
und er sagte, dass es nichts ausmacht, wenn Sie es jetzt erfahren. Er glaubt...
wir glauben, dass es die Ermittlungen nicht länger beeinträchtigt», erklärt sie
und lässt sich schwer auf die weiße Holzbank neben Palanders Stuhl fallen. Das
Holz knarrt unter ihrem Gewicht.
Konrad wählt einen Sprossenstuhl.
«Es kann nämlich zweifellos von Bedeutung
für Sie sein», fügt sie langsam hinzu.
«Fangen Sie von vorne an», bittet Konrad
sie, ohne seine Ungeduld zu verbergen.
Palander rückt ein wenig näher und
blättert in seinem Block die nächste leere Seite auf.
«Torstensson besteht darauf, dass es
Notwehr war», erläutert Eva Ström. «Zweifelsfrei hat er seine Schrotflinte direkt
vor den Gesichtern der beiden Kosovo-Albaner abgefeuert. Wenn er allerdings beweisen
kann, dass er selber mit einer Waffe bedroht wurde, wird er freigelassen. Im Strafgesetz
fällt es unter Notwehr. Und Torstensson behauptet, dass sie eine Pistole hatten.»
Sie macht eine Pause und wischt sich
mit einem Taschentuch umständlich den Schweiß aus der Stirn.
«Wie hießen sie eigentlich?»
«Feriz Rama und Sali Mato. Kleinkriminelle.
Sind schon ein paarmal verhaftet worden, aber nichts Schwerwiegendes.»
Konrad nickt nachdenklich.
«Wie dem auch sei, erst haben wir Torstensson
nicht geglaubt. Die Jungs haben ja seinen Hund mit dem Brecheisen erschlagen, was
sie wohl nicht hätten tun müssen, wenn sie eine Schusswaffe dabeigehabt hätten.
Außerdem haben wir den gesamten Garten abgesucht, ohne etwas zu finden. Aber Torstensson
war stur wie ein Esel. Sie hatten eine Pistole, und deshalb hat er geschossen, behauptete
er. Darauf hätte er Gift nehmen können. Und dann ...»
«Außerdem ist er ja ein stadtbekannter
Rassist, oder?», wirft Orjan Palander plötzlich ein, ohne den Blick von seinen
Notizen zu nehmen. «Klar geht die Polizei davon aus, dass er ohne Grund Ausländer
abknallt, oder, Ström?»
Sie wirft ihm einen griesgrämigen Blick
zu.
«Dazu sag ich lieber nichts, Palander.»
«Und weiter?», fragt Konrad.
«Ja, schlussendlich haben wir uns entschieden,
der Sache auf den Grund zu gehen. Es war übrigens sein Verteidiger, der die Hypothese
aufstellte, dass die Pistole möglicherweise im Brunnen gelandet sein könnte. Und
dass sie den Hund mit dem Brecheisen getötet haben, um nicht so viel Lärm zu machen.
Dass einer der beiden seine Waffe zog und daraufhin von
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