Lakefield House (German Edition)
einander zu helfen. Ich möchte meinen Sohn nicht leiden sehen und weiß aus eigener Erfahrung, dass man durch kaum jemanden mehr Freude aber eben auch Traurigkeit erfahren kann, als durch einen Menschen, den man liebt.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Sie haben mit Ihrer Frau gesprochen?“
„Oh, ich spreche oft mit meiner Frau.“ Er zwinkerte und warf noch eine Handvoll Futter ins Wasser.
Sie kapitulierte. „Ich habe einen Reporter, den ich gut kenne, der mich hierher verfolgt hat, vor ein paar Wochen gebeten, alles über die Vorgeschichte von Lakefield House herauszufinden. Es gab Dinge dort, die mir eigenartig vorkamen, und ich wollte recherchieren. Im Gegenzug versprach ich ihm eine Story. Ich wollte ihm meine Augen zeigen.“ Sie blinzelte demonstrativ.
„Und?“
„Und dabei hatte ich ihn auch gebeten ein wenig über Connor nachzuforschen. Aber ich habe bis heute nichts von Robert gehört, das schwöre ich. Ich kannte Connor damals kaum. Er hätte ja sonst wer sein können.“
Willem nickte. „Verstehe.“
„Ich denke nicht“, antwortete Rebecca mit nur mühsam unterdrücktem Zorn, was Willem dazu brachte die Stirn zu runzeln.
„Sie kennen mich zu wenig. Bis vor einem Jahr lebte ich von einem Tag auf den anderen, ich verkaufte meinen Schmuck kaum über dem Materialwert, konnte kaum meine Miete bezahlen. Plötzlich war ich reich, meine Arbeit wurde geschätzt und ich verdiente mehr als nur genug. Doch das Interesse der Öffentlichkeit war zu viel. Sie ahnen ja nicht, wozu Menschen imstande sind, wenn sie sich in den Kopf setzen an jemanden heranzukommen, und sei es nur, um ein Bild zu schießen, das sich an ein Boulevardblatt verkaufen lässt.“ Sie holte Luft, weil sie es während ihres Redeschwalls vergessen hatte. „Und Misstrauen, Willem, prägt sich schnell in einen Menschen ein. Ich kannte Connor nicht, er war für mich ein Fremder. Und Fremden konnte ich noch nie trauen.“
„Und jetzt?“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Jetzt habe ich Connor, dem ich vertraue, und ausgerechnet sein Vertrauen habe ich missbraucht. Deswegen hoffe ich, dass Sie verstehen, dass ich jetzt dringend mit ihm reden muss.“ Als sie aufstehen wollte, legte Willem ihr zwei Finger auf das Knie. Sie riss die Augen auf und überlegte kurz, ob sie seine Hand wegschlagen sollte. Doch dann erschrak sie über ihrer eigenen Wut und lehnte sich wieder zurück.
„Ich kenne diese Art von Verzweiflung und Ungeduld“, sagte er ruhig. „Doch ich möchte Ihnen gern einen Rat geben. Vielmehr war es der Rat, den mir Ihr Vater vor vielen Jahren in einer ähnlichen Situation gegeben hat.“
Rebecca schluckte trocken. „Mein Vater?“ Die Worte klangen so fremd und doch sorgten sie für ein Gefühl der Wärme, das sich in ihr ausbreitete.
Als Willem sah, wie ihre Augen aufleuchteten in dieser ungewöhnlichen Farbe sonnenbeschienener Amethyste, fühlte er sich ermutigt fortzufahren. „Ihr Vater war mein bester Freund. Und er war ein sehr eingefleischter Ire. Er sprach mit allen gälisch, auch mit Ihnen. Nun, vermutlich waren Sie noch zu jung, um sich daran erinnern zu können. Er sagte zu mir Ní hé lá na gaoithe lá na scolb .“
„Was bedeutet?“
„Was bedeutet: der Tag des Sturms ist nicht der Tag, das Dach zu decken.“
Erst wollte sie lachen, doch dann entschied sie sich um. Der Spruch passte wohl zu gut auf ihre Situation. Auch wenn es ihr gegen den Strich ging. „Sie meinen, ich soll Connor erst etwas Zeit geben und mich dann bei ihm entschuldigen? Ohne Gefahr zu laufen, mich jetzt mit ihm zu streiten?“
Willem lächelte. „Nun ja. Es ist nicht das, was ich meine. Es ist vielmehr das, was ihr Vater meint.“ Dann stand er auf und unweigerlich tat Rebecca es ihm gleich. „Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen wollen. Es wird wärmer und die Fische beginnen zu balzen. Sie schwimmen schon ganz wild hintereinander her.“
„Äh, natürlich.“ Sie machten einen Schritt rückwärts und ging nachdenklich zurück ins Haus.
XII
Als Robert seinen Wagen vor dem kleinen Cottage parkte, das er für seinen als dreiwöchige Recherchetour eingeplanten Aufenthalt gemietet hatte, blieb er seufzend hinter dem Lenkrad sitzen und starrte auf seine Finger. Soweit Starren mit eineinhalb intakten Augen möglich war. Das Bild von Shannon erstand in seinen Gedanken auf, wie sie ihn freundlich aber bestimmt nach draußen begleitet und um das Grundstück herum zu seinem Wagen geführt
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