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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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stand. Tief in ihm war etwas, er hatte es gespürt, auch wenn er es nicht definieren konnte. Es war aggressiv. Schlimmer als das: Es war wild.
    Passte so eine Empfindung zu einem Künstlerleben? Auf einmal hatte er Angst vor dem, was er herausfinden würde, wenn er nur gründlich suchte. Vielleicht sollte er alles so belassen, wie es war. Statt in der Vergangenheit zu wühlen, sollte er zufrieden sein, dass er lebte. Es war kein schlechtes Leben. Er hatte genug Geld, eine attraktive Frau an seiner Seite und nur selten Beschwerden.
    Mühsam erhob Ralph sich. Sein rechtes Bein war eingeschlafen, und er beugte und streckte es, um den Blutkreislauf in Schwung zu bringen.
    Da sah er die Wirtin um die Ecke kommen und ging schnell wieder in die Hocke. Ein Reflex, der ihm einen neuen Schreck einjagte. Warum, zum Teufel, versteckte er sich? Er hatte doch nichts zu verbergen.
    Frau Ritter verschwand im Stall. Es gab einen Wortwechsel, kurz nur, doch Ralph registrierte den harten Klang. Dann ging die Tür auf, und die Wirtin kam mit ihrem Bruder heraus. Sie führte ihn, er konnte kaum laufen. Ritter stützte sich schwer auf ihren Arm und atmete angestrengt. Das Hemd klebte vom Schweiß getränkt wie eine zweite Haut an seinem Körper, die Flecken auf dem Rücken waren übergroß. Ralph hatte den Eindruck, dass er einen kranken Mann vor sich sah.
    Was mochte der Ritter bloß haben? Ralph blickte dem Geschwisterpaar nach, bis es in der Einfahrt verschwunden war. Erst dann richtete er sich auf.
    Er kämmte sich mit den Fingern durch das Haar. Es war zerzaust, und das mochte er nicht. Eigentlich mochte er auch die blonden Locken nicht, die sich in seinem Nacken ringelten. Sie fühlten sich fremd an, als wären sie kein Teil von ihm. Kein gewohntes Teil, korrigierte er sich und beschloss, so bald wie möglich zum Friseur zu gehen. Schwarz, ich werde sie schwarz färben lassen. Und kürzen. Streichholzlänge war optimal.
    Carla hockte zusammengekauert auf dem Sofa im Pensionszimmer. Sie hatte die Beine auf dem Sitz angewinkelt und die Arme darum geschlungen. Als Ralph hereinkam, schaute sie auf.
    »Wo bist du gewesen? Du siehst ganz strubblig aus.«
    »Ich war draußen. Mit dem Ritter stimmt etwas nicht. Er scheint krank zu sein. Ich habe gesehen, wie er am Arm seiner Schwester über den Hof geschwankt ist.« Ralph wirkte erschöpft, dabei hatte er doch nur einen Spaziergang durchs Dorf machen wollen.
    Ralph blinzelte – wie sie früher, wenn sie sich von der Mutter beim Schwindeln ertappt gefühlt hatte.
    »Wir müssen reden«, sagte Carla.
    »Worüber?«
    »Über uns.«
    Ralph schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, warum.«
    »Ach nein? Das sieht doch ein Blinder, dass es mit uns nicht funktioniert.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du verheimlichst mir etwas.«
    »Ich liebe dich.«
    »Das ist keine Antwort.«
    Ralph setzte sich neben sie und nahm ihre Hände. »Deine Phantasie geht mit dir durch. Alles ist in Ordnung, mit uns klappt es doch wunderbar. Wir sind glücklich, oder etwa nicht?«
    »Natürlich sind wir das. Aber ich habe dich beobachtet, manchmal, wenn du gedankenversunken bist. Du verbirgst etwas vor mir. Ich spüre es.«
    »Du irrst dich.«
    »Das tue ich nicht. Du hast etwas, gib es doch zu.«
    »Komm her.« Ralph stand auf und zog Carla an sich.
    Sie roch den schwachen Seifenduft auf seiner Haut, fühlte die Wärme, die von ihm ausging, und fragte sich, ob sie sich nicht vielleicht doch geirrt hatte.

ACHT
    Im Dorfkrug war es wieder voll. Die dralle Bedienung hastete zwischen Küche, Gastraum und Tresen hin und her. Als sie das Tablett absetzte, schwappte das Bier über den Rand der Gläser. Sie lächelte Carla und Ralph flüchtig zu.
    »Bratkartoffeln und Röstbrätl«, sagte Ralph, ehe sie fragen konnte, was sie essen wollten. Carla nickte.
    Beim Essen schwiegen beide. Ralph ahnte, dass Carla ihm nicht geglaubt hatte, dass er kein Geheimnis hatte, doch er unternahm keine Anstrengungen, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Was hätte er auch erklären können, er wusste ja selbst nicht, was mit ihm los war. Er musste nachdenken, und das konnte er am besten, wenn er alleine war. Während des Essens saß er wie auf Kohlen.
    »Ich laufe noch eine Runde«, sagte er, kaum dass sie aus dem Krug auf die still im Abendlicht liegende Dorfstraße traten.
    »Ich komme mit.« Carla reckte sich.
    »Eigentlich wäre es mir lieber, du …«
    »Soll das heißen, ich störe dich?«
    »Ich will nur ein wenig alleine sein, das ist

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