Lakritze - Thueringen Krimi
zwei war es das Gleiche. Auch da Lakritze«, sagte Feuerbirk.
»Es war derselbe Mörder«, flüsterte sie.
»Davon gehe ich aus. Und wissen Sie was? Ich glaube, die vier Fälle hier«, Feuerbirk stand auf und tippte auf den Aktenstapel, »gehen ebenfalls auf sein Konto. Die Opfer wurden alle erwürgt.«
Carla wagte nicht zu fragen, ob noch etwas übereinstimmte. Die fehlende Zungenspitze beispielsweise. Sie meinte plötzlich, wieder Ralphs Bisse beim Küssen zu spüren.
Feuerbirk redete noch eine Weile weiter, doch sie hörte kaum mehr hin.
Später wusste Carla nicht mehr, wie sie in ihr Zimmer gekommen war. Bestimmt hatte sie sich unter irgendeinem Vorwand davongestohlen. Feuerbirk jedenfalls hatte sie gehen lassen, ohne Fragen zu stellen. Wenn er ihr zu verstehen geben wollte, wen er verdächtigte, hatte er sein Ziel schon erreicht. Unruhig tigerte sie auf und ab.
Lakritze. Sie kannte nur einen, der das Zeug mochte. Ralphs Verhalten erschien ihr plötzlich verdächtig. Er hatte an dem Tag, an dem sie die Tote im Wald gefunden hatten, nicht wandern wollen. Er hatte unbedingt im Gasthof essen wollen, statt im Wald zu rasten. Hatte er sie vom Tatort fernhalten wollen? Wenn ja, warum?
Die Antwort lag auf der Hand.
Carla ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie ächzte, riss am Ausschnitt ihres T-Shirts. Als er nicht nachgab, zerrte sie sich das Shirt über den Kopf und warf es in eine Ecke. Augenblicklich wurde ihr besser, hastig trank sie die Luft. Sie konzentrierte sich auf den Puls, atmete ein paarmal tief ein und aus. Ihr Herzschlag beruhigte sich, und sie stand auf, um sich nach dem Shirt zu bücken.
Als sie sich nach vorn beugte, erinnerte sie sich, wie gerne Ralph sie beim Sex festhielt. Ralph war fordernd, vor allem, wenn er sie küsste. Er knabberte und biss gern an ihr herum. War das reine Zärtlichkeit, oder steckte etwas anderes dahinter?
Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn, sie wischte ihn mit dem Handrücken ab.
Carla glaubte nicht mehr an Zufälle, nicht seit ihrem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Alle waren davon überzeugt, dass es ein Unglück gewesen war. Sie hingegen wusste, der Fahrer hatte es auf ihr Leben abgesehen. Wie aus dem Nichts war er mit seinem dunklen Wagen auf sie zugeschossen. Sie hatte den Aufkleber auf dem linken Kotflügel erkannt, ein hellblaues Flugzeug, genau wie an Fernandos Wagen. Fernando Gonchilaz, ihr Exfreund, hatte alles abgestritten und angegeben, der Wagen wäre am Tag zuvor gestohlen worden. Sein Beweis war die Anzeige, die er gemacht hatte. Die Polizei hatte es ihm abgenommen. Carla hingegen nicht. Erst hatte er sie betrogen, dann hatte er sie überfahren wollen. Fernando kam nicht damit klar, dass sie ihn verlassen hatte.
Dabei hätte er froh sein sollen, dass er endlich freie Hand hatte. Lippenstift auf seinem Hemd, Parfümgeruch am Hals. Es war doch klar gewesen, was da lief. Fernando, der Herzensbrecher, hatte schon während ihrer Beziehung nichts anbrennen lassen. Eine Frau war ihm nicht genug, also hatte Carla die Konsequenzen gezogen und ihn verlassen. Das Leben mit ihm hatte sie unglücklich gemacht. Aber ohne ihn sollte sie erst recht nicht glücklich sein. Das hatte er ihr bei ihrem Auszug ins Gesicht geschleudert, doch erst sein Anschlag hatte ihr gezeigt, wie ernst es ihm damit gewesen war.
Er hatte sie besuchen wollen, als sie verletzt im Krankenhaus lag, doch sie hatte abgelehnt. Sie hatte ihn nicht sehen wollen. Noch immer raste ihr Herz manchmal, dass sie fürchtete, es würde explodieren. Dann fühlte sie eine Bedrohung, auch wenn sie sie nicht greifen konnte.
Das waren die Momente, in denen die rosafarbenen Pillen halfen. Die Angstzustände, die Ernstfälle. Sonderbarerweise schlug Carlas Herz jetzt ganz normal. Sie war ganz ruhig, doch ihre Gedanken ratterten wie kleine Maschinen.
Erst Fernando, dann Ralph. Woher kam es nur, dass sie sich immer in Psychopathen verliebte? Oder konnte sie Ralph vertrauen? Was wusste sie eigentlich von ihm?
Sie zog das Shirt wieder an und setzte sich an den Tisch. Für sie war Ralph der zurückhaltende Mann, neben dem sie im Trainingsraum der Rehaklinik ihre Übungen gemacht hatte. Auf Anhieb waren sie sich sympathisch gewesen, waren gemeinsam spazieren gegangen und hatten beim Frühstück nebeneinandergesessen. Irgendwann war mehr daraus geworden. Dieses Lächeln, mit dem er sie sofort für sich eingenommen hatte … Carla schüttelte energisch den Kopf.
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