Lakritze - Thueringen Krimi
hatte ihm einen Tee gemacht und leise auf ihn eingeredet. Zum Glück war es ihr gelungen, ihn zu beruhigen. Eigentlich hätte sie den Arzt rufen müssen, doch es war besser, wenn niemand den Bruder sah. Während seiner Anfälle redete er wirres Zeug, das machte ihr Angst. Feuerbirk hatte ohnehin schon komisch geguckt, als er nach dem Gespräch mit Knubbel bei ihr gewesen war. Ob der immer so sei, hatte er gefragt. Sie hatte erst nach einer Weile verstanden, was Feuerbirk gemeint hatte, und ihn dann bestärkt. Knubbel war ein Eigenbrötler, ein Sonderling, aber mit dem Gemüt eines Kindes und somit harmlos. Feuerbirk hatte es dabei bewenden lassen. Helene konnte nur hoffen, er würde Knubbel nicht noch einmal verhören. Es regte ihn zu sehr auf.
Sie strich sich die Haare aus der Stirn.
Knubbel hatte Schlimmes durchgemacht, sie erinnerte sich noch allzu gut an jede Einzelheit. Leider. Sie hätte alles gegeben, um die Vergangenheit ablegen zu können, doch es gelang ihr nicht. Die ewigen Streitereien der Eltern, die Prügel, mit denen Vater sie bestrafen wollte, steckten in ihr wie die Schraube, mit der die Chirurgen den Arm gerichtet hatten, den Vater ihr gebrochen hatte.
Helene stopfte eine Filtertüte in die Kaffeemaschine und füllte sie mit Pulver. Dann goss sie Wasser in den Tank und schaltete die Maschine ein. Das leise Röcheln tröstete sie. Sie setzte sich auf einen Stuhl, während das Gebräu in die Kanne tröpfelte.
Je länger sie zusah, umso unruhiger wurde sie. Auch ihr Leben verrann wie das Wasser aus dem Tank. Und manchmal hatte sie das Gefühl, dass auch von ihr nichts als eine bittere, dunkle Brühe übrig blieb. Wenn sie heute Nacht starb, dann würde niemand um sie trauern, auch Knubbel nicht. Er hasste es, wenn sie mit ihm schimpfte.
Schaudernd raffte sie den Ausschnitt ihres Nachthemdes zusammen. Auf dem Küchenbord über der Arbeitsplatte stand ein Foto ihrer Eltern. Es war das Hochzeitsfoto, und ihre Mutter sah glücklich aus darauf.
Helene erhob sich und schlurfte zum Schrank, um eine Tasse zu holen. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte auch sie von einer eigenen Familie geträumt, einem Mann und zwei oder drei Kindern. Bis der Lattkowitz, der Nachbar im sächsischen Niederoderwitz, diesen Traum zerstört hatte.
Helene meinte noch immer das Mottenpulver in seinem Hemd zu riechen. Es war ein ekliger Geruch, der sie würgen ließ.
Lattkowitz hatte sie eines Nachmittags in seinen Garten gelockt. Äpfel hatte er ihr versprochen, sie erinnerte sich noch genau. Ira, die Nachbarstochter, aß jeden Tag eines der goldgelben Dinger, und immer, wenn sie Ira dabei gesehen hatte, war ihr das Wasser im Mund zusammengelaufen. Als kleiner Junge hatte Knubbel für sie einmal den Baum geplündert, doch Lattkowitz hatte ihn entdeckt und jämmerlich verdroschen. Seitdem hatte sie keinen Apfel mehr gewollt.
Aber dann war Lattkowitz gekommen und hatte gesagt, sie dürfe sich nehmen, was sie wolle, ausnahmsweise, sie wäre so ein liebes Mädel. Sie war ihm gefolgt und hatte nichts Böses geahnt.
Lattkowitz hatte sie in den Keller geführt, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie an sich gepresst. Sie hatte sich gewehrt, doch der Mann war stärker gewesen. Sie hatte geheult und letztendlich stillgehalten. Danach hatte sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt und ihren Körper geschrubbt, trotzdem hatte sie sich schmutzig gefühlt. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Nie könnte sie es ertragen, noch einmal von einem fremden Mann berührt zu werden.
Obwohl …
Vor ihr formte sich ein Bild, Ralph Bartwick und sie. Auf unerklärbare Weise fühlte sie sich zu dem schweigsamen Mann hingezogen. Gleich am ersten Tag waren ihr seine Augen aufgefallen, schwermütige Träumeraugen.
Das Gluckern der Kaffeemaschine riss Helene aus ihren Gedanken. Sie goss den schwarzen Kaffee in die Tasse und trank in kleinen Schlucken. Es kümmerte sie nicht, dass sie danach keinen Schlaf finden würde. Sie war es gewohnt, jede Nacht wach zu liegen.
Helene rappelte sich auf und schlich in die Stube, um nach Knubbel zu sehen. Er schlief ruhig und tief. Wie lieb er aussah. Sie zog die heruntergerutschte Decke über seine Schultern. Unvermittelt schossen ihr Tränen in die Augen, und sie stürzte hinaus.
NEUN
Carla schob die Bettdecke beiseite und streckte sich Ralph entgegen. Er umfasste ihre Brüste und streichelte sie. Sanft umkreiste er ihre Brustwarzen, bis Carla vor Lust stöhnte und er sich auf sie schob. Er
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