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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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wurde er sogleich empfangen. Sie wussten nicht viel über Lilly zu sagen. Ihr gewaltsamer Tod hatte die Herrschaften betroffen gemacht, aber das war auch schon alles. Feuerbirk hegte den Verdacht, dass sie bisher nicht einmal geahnt hatten, dass das Mädchen an ihrer Hochschule studiert hatte.
    Er wurde an die Fakultät drei verwiesen. Die Leitung dort, vor allem die Lehrer, konnten vielleicht weiterhelfen.
    Weimar überraschte Carla. Natürlich wusste sie von Goethe und Schiller, hatte von Belvedere, dem Bauhaus und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek gehört. Doch erst jetzt konnte sie nachvollziehen, warum die UNESCO so viele Weimarer Objekte zum Welterbe erklärt hatte.
    Carla lief über den Markt und kam zum Theaterplatz. Das Nationaltheater grüßte, davor Schiller und Goethe in trauter Gemeinsamkeit in Stein gemeißelt. Gemächlich stieg sie die wenigen Treppen zum Eingang des Theaters hinauf. Ein Schild kündete davon, welches Stück am Abend gegeben wurde, Prokofjews »Feuriger Engel«. Sie erinnerte sich nicht daran, jemals von der Oper gehört zu haben. Ihre Eltern hatten viele Jahre lang eine Dauerkarte für das Plauener Stadttheater gehabt, und sie war oft hingegangen, auch zu Prokofjews Opern. Der »Feurige Engel« war nicht dabei gewesen. Der Titel erinnerte sie an Torsten, doch sie bezweifelte, dass der ein Engel war.
    Eine Pferdekutsche mit einem quietschgelben Dach ratterte über den Platz, Gelächter schallte zu ihr herüber. Sie winkte den Menschen in der Kutsche zu und folgte ihnen.
    Vor der Bauhaus-Universität stieß Carla auf eine Gruppe Touristen. Eine Weile hörte sie dem Vortrag des Stadtführers zu. Als die Gruppe im Innern der Uni verschwand, ging Carla weiter. Ihr Ziel war der Park, der sich beiderseits der Ilm von Nord nach Süd erstreckte. Sie hatte das Römische Haus besichtigen wollen, doch als sie die Menschentraube davor sah, ging sie hinunter zur Ilm. Sie wollte allein sein und die Landschaft auf sich wirken lassen.
    Sie lief die sauber geharkten Wege entlang neben Enten, die auf dem Fluss um die Wette schwammen. Weidenzweige hingen bis in das Wasser hinein, an manchen Stellen bildeten sie einen dichten Vorhang, der im Wind raunte.
    Als Carla durch den Torbogen der Ruine des Tempelherrenhauses schlenderte, legte sie den Kopf in den Nacken und schaute die Mauern entlang nach oben. Fast meinte sie, den Hauch vergangener Zeiten zu spüren, in denen die herzogliche Familie Tee trank und Konzerten lauschte.
    Carla blieb stehen und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Man sollte über Weimar schreiben. Sie stellte sich eine Reportage in einem Hochglanzmagazin vor, jede Woche eine andere Sehenswürdigkeit.
    Im Duxgarten zog ein Denkmal ihren Blick auf sich. Shakespeare, der große englische Dramatiker. Ihr schien, als lächle der Dichterfürst ihr zu. Als sie sein Gesicht von der anderen Seite betrachtete, wirkte es jedoch ernst und nachdenklich. Ein Totenschädel lag zu seinen Füßen, der eine Narrenkappe trug. Der Possenreißer und der Tod standen eng beieinander – mehr noch: Sie verschmolzen in einer Person. Plötzlich kam es Carla gar nicht mehr widersinnig vor, Ralph zu lieben und sich gleichzeitig von Torsten umwerben zu lassen. Sie warf Shakespeare eine Kusshand zu und lief weiter.
    Die Glockentöne der Herderkirche wurden durch die warme Luft geweht wie Schilfschiffchen auf der Ilm. Siebzehn Uhr. Zeit, zurückzugehen. Halb sechs hatte sie sich mit Torsten an der Stadtinformation auf dem Weimarplatz verabredet.
    Torsten wartete bereits. Carla musste grinsen, als sie ihn sah. Er hatte sich einen Cowboyhut auf den Kopf gestülpt, der das halbe Gesicht verbarg. Im Näherkommen bemerkte sie, dass das nicht das einzige neue Utensil war. Um den Hals trug er etwas, das wie ein Schnürsenkel aus Leder aussah und von einer runden Brosche zusammengehalten wurde.
    »Netter Strick«, sagte sie.
    »Das nennt man Bolo-Tie. Im Übrigen ist es kein Strick.«
    »Nun seien Sie mal nicht gleich beleidigt, Sheriff.«
    Torsten lachte. »Ich habe mich kurz entschlossen so ausstaffiert, wie Sie mich anscheinend am liebsten sehen.«
    »Sagen Sie bloß, Sie haben die ganze Zeit gemerkt, dass ich Sie für einen Cowboy halte?«
    »Klar, mir bleibt wenig verborgen. Ich weiß auch, dass Sie mich mögen.« Torsten schob seinen Hut ins Genick.
    »So ein B-blödsinn«, stotterte Carla.
    »Abwarten.« Torsten nahm sie am Arm. »Ich habe ein nettes Restaurant entdeckt. Bestimmt haben Sie

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