Lallbacken
rechtsstaatlichen Bedingungen zu erlangen waren, nutzen wir unter keinen Umständen – das wäre völlig unverantwortlich. Wir müssen solche Informationen nutzen.«
Also ein grundsätzliches Problem mit Folterungen hatte der Herr Schäuble nicht, aber er wollte seine Hände in Unschuld waschen, wenn er per Folter erzwungene Aussagen verwendete und darauf eigene Ermittlungen aufbaute. Andererseits: Wenn der Staat erst mal die Ergebnisse solcher »Methoden« akzeptierte, hätte er seinen Sicherheitsorganen wohl nur schwer vermitteln können, dass sie selbst nicht zu diesem Mittel greifen dürften. Schäuble hat es zwar bestritten, aber glaubwürdig war es nicht, als er betonte, deutsche Sicherheitsbehörden würden auch nicht augenzwinkernd erwarten, dass von anderen gefoltert wird, um an Aussagen von Terrorverdächtigen zu gelangen.
Herr Schäuble behauptete auch, es gäbe keine seriösen Anhaltspunkte dafür, dass Häftlinge in Guantánamo gefoltert würden. Auf die Idee, dass schon das Eingesperrtsein allein ohne Verfahren, richterliche Kontrolle und Befristung in seiner Perspektivlosigkeit Folter genug war, darauf kam er nicht.
Als in Potsdam zwei hellhäutige Deutsche einen dunkelhäutigen Deutschen wegen dessen Hautfarbe einen »dreckigen Nigger« nannten und ihn fast totschlugen, da hat Innenminister Schäuble klar Position bezogen: »Es werden auch blonde, blauäugige Menschen Opfer von Gewalttaten, zum Teil sogar von Tätern, die möglicherweise nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Das ist auch nicht besser.«
Zwar sind nie Vorfälle an die Öffentlichkeit gedrungen, wonach blonde, blauäugige Deutsche in Deutschland Opfer von Gewalttaten rechtsradikaler Schwarzer geworden sind, aber so ein Innenminister muss es ja wissen. Und dann sagte Schäuble, ein Angehöriger der weißen Herrenrasse, die Abschottung der Menschen in der DDR sei für Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus in den neuen Ländern verantwortlich. Rechtsextreme Stimmung gedeihe dort am besten, wo wenige Ausländer lebten. Und wörtlich: »Deswegen ist es eher ein Problem, dass in der früheren DDR die Menschen die Erfahrung gar nicht sammeln konnten, was für eine Bereicherung es ist, mit Menschen aus anderen Teilen der Welt zusammenzuleben.«
Dazu war zu sagen: Die beiden Tatverdächtigen von Potsdam waren am Ende der DDR vierzehn und fünfzehn Jahre alt. Ihre Nazieinstellung hatten sie also erst in Schäubles Bundesrepublik angenommen.
In einer Hamburger Informationsattrappe, die eine Zeitung zu nennen man sich nicht aufraffen kann, stand immerhin die Meldung: Schäuble sagt Rechtsextremen den Kampf an. Ach herrje – der wird sich doch wohl nichts antun?
Ein Highlight der politischen Betätigung des Innenministers Schäuble war immer die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts. Die Verfassungsfeinde beflügelten ihn regelmäßig, »alle Formen des extremistischen Denkens und Handelns« gleichzusetzen.
Braun = rot, das war ihm ein Evangelium. Aber wer genau hinschaute, konnte lesen: Bei den sogenannten Antifas ging es um brennende Müllcontainer, eingeschlagene Fensterscheiben, zerstochene Reifen, auch mal ein angezündetes Auto. Körperverletzung war die Ausnahme, gezielte Hetzjagden auf Andersdenkende gab es nicht, und niemand wurde zu Tode geprügelt. Die Nazis hingegen zündeten nicht leere Autos an, sondern bewohnte Häuser. Schäuble wies aber ausdrücklich darauf hin, die rechten Gewalttäter stünden »in aller Regel unter Alkoholeinfluss«. Da kann man nichts machen, Besoffene können eben nicht politisch klar denken, und überhaupt hat ein Trunkenbold Anspruch auf mildernde Umstände. Und die sogenannten No-go-Areas beziehungsweise die »national befreiten Zonen« tauchten im Verfassungsschutzbericht gar nicht erst auf. So etwas »darf es nicht geben«, sagte Schäuble. Zu einer etwas differenzierteren Betrachtungsweise war er nicht zu bewegen.
Und auch sein Kollege, Brandenburgs Innenministers Jörg Schönbohm, behauptete steif und fest, dass in Brandenburg solche Gebiete nicht existierten. Wie überall gebe es aber Bereiche, wo man spät abends oder nachts besser nicht hingehe, weil man unabhängig von der Hautfarbe Opfer einer Straftat werden könne. Verstanden: Selbst schuld, wenn der Nigger sich nach Einbruch der Dunkelheit noch auf der Straße rumtreibt. Und wer sich gegen Nazis wehrt, lebt sowieso verkehrt.
Während auf der Linken bereits das Werfen eines Farbbeutels mit dem Paragraph 129 a
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