Lallbacken
aber auf Grund der Einführung einer Mindestgewinnbesteuerung, der Einschränkung des Verlustvortrages sowie der Verschärfung der Gesellschafterfremdfinanzierung noch weniger brachte, als man bei einem kommunalen Hebesatz von 360 Prozent und der Erweiterung der Bemessungsgrundlage um ertragsunabhängige Komponenten ohnehin befürchten musste. Das war im Grunde so klar wie die Gesundheitsreform, nur etwas schwerer zu vermitteln. Da musste die Politik wirklich um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler ringen.
Nach den Wahlen heißt es grundsätzlich erst mal »Wünsch dir was.« Naturschützer, Einzelhandel, Schornsteinfeger, Bauern und Kinderlose – alle haben Wünsche an die Regierung. Die Wünsche werden registriert, abgeheftet, eingeordnet und eventuell weitergeleitet an die entsprechenden Wunscherfüllungsressorts, wo Machbarkeitsstudien erstellt, die Umweltverträglichkeit und vor allem die Nachhaltigkeit des Wunsches ermittelt werden. So prüft man beispielsweise auch, ob der Wunsch der Gewerkschaften nach Lohnfortzahlung an die Skatbrüder eines Verstorbenen aus einem Reptilienfonds finanzierbar ist.
Vor allem der Mittelstand ist seit Generationen alles andere als wunschlos glücklich: In jeder Nachrichtensendung dieses Zetern und Drohen, dieses Jammern und Klagen! Dem Mittelstand geht es seit Menschengedenken so schlecht, dass jederzeit Hungeraufstände ausbrechen können. Schuld daran sind Verbraucher, Käufer, Konsumenten – ein stures Pack, das nicht tut, was es tun sollte: verbrauchen, kaufen, konsumieren. Mit diesen Leuten kann man einfach kein Wirtschaftswunder auf die Beine stellen. In der Hinsicht funktioniert die Marktwirtschaft einfach nicht. Die Wirtschaft leidet, weil die Menschen nicht genug kaufen, weil sie nicht genug Geld haben, weil die Wirtschaft leidet.
Der Mittelstand kommt mit seinem Kapitalismus einfach nicht klar.
Überhaupt: Immer diese Krisen. Und immer müssen die Deutschen bezahlen. Vor allem für Griechenland. Ein kleiner Trost für die Menschen draußen im Lande ist, dass Kanzlerin Merkel mittlerweile die Stammtischhoheit erobert hat: »Deutschland hilft nur dann, wenn die anderen sich wirklich anstrengen, und das muss nachgewiesen werden. … Wir können nicht eine Währung haben, und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig … Es geht nicht nur darum, keine Schulden zu machen: Es geht auch darum, dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen – das ist wichtig.«
Damit wollte Lallbacke Merkel zum Ausdruck bringen: Die Südländer sind ein faules Pack, für das man nicht mehr zahlen will. Die Kanzlerin wäre allerdings gut beraten gewesen, sich besser zu informieren, denn bei genauem Hinsehen hatten die Deutschen bis dato nichts bezahlt.
Im Gegenteil: Der deutsche Finanzminister strich satte Krisengewinne ein, die Banken verdienten sich dumm und dämlich, und die europäischen Statistiken bezüglich Steuern, Renten und Urlaub rechtfertigten keineswegs Merkels populistisches Geschwafel. Es wäre aber ihre Aufgabe gewesen, für Klarheit zu sorgen. Und nicht üble Vorurteile anzuheizen.
Wie kommt diese trostlose, dicke Tante überhaupt dazu, Menschen, die fleißig für ihren Lebensunterhalt arbeiten, die wir als freundliche Gastgeber kennen, die wir in der kostbarsten Zeit des Jahres aufsuchen, um wieder zu Kräften zu kommen, derartig abzuwerten? Hatte diese Person aus einer Ecke Deutschlands, wo man die Arbeit auch nicht gerade erfunden hat, mittlerweile völlig verklebte Synapsen? Bei ihren Äußerungen zum Thema »Rettung Griechenlands« klang sie wie eine Angestellte der mit antigriechischer Hetze vollgestopften Bildzeitung .
Für dieses antihellenistische Kampfblatt ist Hans-Werner Sinn »Deutschlands klügster Wirtschaftsprofessor«. Herr Sinn, von dem man gern wüsste, wie viel er wohl für seinen Nachnamen bezahlt hat, verhehlt nie, dass er Griechenland am liebsten in den Staatsbankrott schicken und aus der Eurozone werfen würde. »Top-Ökonom Sinn warnt – Griechen-Rettung gefährdet Renten« lautete eine Schlagzeile von Bild .
Sinn schrieb: »Was nach Griechenland und Portugal fließt, um dort den Lebensstandard aufrechtzuerhalten, geht zu Lasten des Lebensstandards der Deutschen«, und dass »die deutschen Rentner zu den ersten Opfern der Rettungspakete gehören«.
Man konnte sich des Verdachts nicht erwehren: Bild
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