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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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Und wenn einer sagte, was die Hypo Real Estate betrifft, da hat sich der Abschaum selbst auf den Teller geschissen, erntete er zustimmendes Kopfnicken.
    Der bedeutendste Publizist auf Arbeitgeberseite, der stets etwas denkreduziert wirkende Arnulf Baring, rief die Deutschen im Fernsehen zum Steuerboykott, zu aktivem und passivem Widerstand und zu empörten Revolten auf die Barrikaden. Leider kannte Arnulf Baring sich trotz seines Alters nicht recht aus mit Revolutionen, er wusste nicht, dass man Barrikaden schon lange nicht mehr spontan aus Haushaltsmitteln errichten konnte, weil es kaum noch Vollholzmöbel gab, sondern nur noch so Zeug von Ikea. Auch der Otto-Versand hatte schon seit Jahren keine Barrikaden mehr im Angebot, Barrikaden erhielt man mit Sicherheit nur noch übers Internet, aber dort kaufte Lallbacke Baring auch nicht so gern.
    Gott sei Dank sprang ihm CSU-Generalsekretär Thomas Goppel bei. Der outete sich nämlich als Sympathisant und Gelegenheitsterrorist, er wollte Barings neuer APO beitreten. Lallbacke Goppel sagte: »Wenn der enttäuschte Bürger auf die Straße geht, gehören wir an seine Seite.« Was für ein Bild: Die neoliberalen Herren in hellund dunkelgrauen Maßanzügen demonstrieren untergehakt für weitere Sozialkürzungen. Wer wollte da nicht neben Pappkopf Goppel schreiten? Der hatte so viel Puffmais im Kopf, dem konnte man auch zutrauen, dass er von zu Hause eine Barrikade mitbrachte.
    Trotz der massiven Aufstandsdrohungen zockten die Banken weiter, und ihre Manager kassierten, als hätte es nie eine Krise gegeben. Bruchlos wurde die Politik, die zur Finanzkrise geführt hatte, fortgesetzt, und schon sehr bald hieß es wieder, das Hauptproblem seien doch die Staatsschulden. Der Staat, der gerade erst die Finanzmärkte gerettet hatte, wurde zur Krake erklärt, die den Aufschwung mit der Schuldenwirtschaft erwürge. Das Volk konnte beobachten, wie der Staat auf den Bankrott losmarschierte, weil er die Banken gerettet hatte, während die Banken schon wieder glänzende Profite verbuchten.
    Wer Sinn für Skurriles hatte, wurde bestens unterhalten, zum Beispiel durch Wirtschaftsnachrichten im Hamburger Abendblatt : »Nach der geplatzten Fusion zwischen Dresdner und Deutscher Bank rollen weitere Köpfe. Schon vor einer Woche hatte Dresdner-Chef Bernhard Walter seinen Hut genommen.« Wenn Vorstandsmitglieder ohne Hut mit Handtüchern auf rollende Köpfe werfen, dann darf man wohl einen besonders fiesen Vorstandstrick vermuten. Es kann aber auch sein, der Redakteur hatte nur nicht alle Tassen in der Schüssel und einen Sprung im Schrank.
    Während und kurz nach der Bankenkrise war glasklar zu erkennen: Unrechtsbewusstsein gehörte zu den weniger entwickelten Charaktereigenschaften von Wirtschaftskapitänen und ihren politischen Marionetten. Die setzten Steuergelder ein, um Kreditinstitute zu stützen und das Vermögen der Anleger zu schützen. Die Vermögenden sanierten sich auf Kosten der Mehrheit. Das konnte man auch Enteignung nennen.
    Fürs allgemeine Wohlbefinden, vor allem der Autoindustrie, erfand der Staat die sogenannte Abwrackprämie, und es war bemerkenswert, wie die politischen Parteien sich für Opel, aber nicht für die Rettung von Karstadt engagierten. Vermutlich, weil bei Opel überwiegend Vollarbeitsplätze von Männern bedroht waren, bei Karstadt dagegen nur Teilzeitarbeitsplätze von Frauen.
    Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, nannte die Deutschen »Heulsusen« und rief dazu auf, nach dem Sozialismus in der DDR nun auch den »westdeutschen Sozialismus« zu überwinden. Diese Lallbacke wollte also die Bundesrepublik von jenem Sozialismus befreien, der in Artikel 20 Grundgesetz immer noch vorgeschrieben ist. Das könnte man dahingehend ändern: Das Volk ist an die neoliberale Grundordnung des Staates gebunden. Heulsusen sind verboten.
    An anderer Stelle stellte Lallbacke Norbert die Frage in den Raum: »Wenn ich in Halle jogge, das ist so schön wie an der Elbchaussee in Hamburg. Warum sieht das keiner?« Offenbar verfügte man an der Spitze der Deutschen Bank über eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit.
    Und dann überraschte die Deutsche Bank das Fernsehpublikum auch noch mit einem grandiosen Werbespot. Darin fand das Wort »Ertragswinkel« Verwendung. Womöglich unwissentlich in denselben eingeklemmt, hörte man eine sonore Stimme: »Finanzieller Erfolg ist kein Zufall, sondern eine Frage des Ertragswinkels.« Hä?
    Der erste Teil des Satzes war

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