Lallbacken
aus dem, als der Gips weggenommen wurde, auf einmal ein dünnes Ärmchen geworden war. »Das Gleiche gilt für die Gesellschaft. Je mehr der Staat an Aufgaben übernimmt, desto mehr verkümmert die Leistungsfähigkeit der Bürger.«
Damit wollte er seinen Zuhörern klarmachen: Der kleine Hans-Olaf hätte besser auf ärztliche Behandlung verzichten sollen, weil auch der Arbeitslose, dem durch Arbeitslosengeld das Existenzminimum gewährleistet wird, dadurch zu faul wird, eine blühende Ich-AG auf die Beine zu stellen.
Die Frage, ob sich Deutschland am Wiederaufbau des Irak beteiligen sollte, beantwortete Hans-Olaf mit sensationeller Weitsicht: »Gerade deutsche Firmen können viel tun. Das hilft dann nicht nur den leidgeprüften Irakern, sondern schafft deutsche Arbeitsplätze.« Na prima, und wenn dann noch Syrien, Libyen, Iran und Nordkorea dazukommen, wird das auch noch den letzten deutschen Arbeitslosen wegschaffen. Dann kriegen die deutschen Firmen im Ausland ganz schnell dieselben Probleme wie zu Hause.
Henkel-Kollege Dieter Hundt, intellektuell etwa so geschmeidig wie ein toter Frosch beim Laichen, stellte sich auf den Standpunkt, dass Renten- und Krankenversicherung reduziert, der Arbeitsmarkt dereguliert und die nächste Stufe der Ökosteuer ausgesetzt werden sollten, denn, trompetete er: »Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt aller Bemühungen!« Da kam die Frage auf: Wie wurde man eigentlich Arbeitgeberpräsident? Musste man da eine spezielle Trinkerausbildung absolvieren, oder wie?
Lallbacke Hundt machte auch mal in Optimismus, als er verkündete, dass die deutsche Wirtschaft gute Aussichten habe, dauerhaft zu wachsen. Zuwachsraten von jährlich 2,5 Prozent seien realistisch. Unausgesprochen stand dahinter die Forderung, im selben Maße wie die Wirtschaft müsse aber auch die Arbeitsdauer der Berufstätigen wachsen: jährlich um 2,5 Prozent. Wer 2070 in Rente gehen will, muss dann mindestens 194 Jahre alt sein.
Henkel-Hundt-Kollege Rogowski soll ja einen Intelligenzquotienten von mehr als vier haben. Um einen Anhaltspunkt zu liefern: Laub braucht zum Rascheln einen IQ von drei. Das weiß jeder Igel. Michael Rogowski war zweifellos die ärmste Sau im Land: Der Mann war Tag und Nacht im Dienst steigender Aktienkurse unterwegs. Durch seiner Hände Arbeit konnte er ja kaum etwas beiseiteschaffen, und seine Einkünfte lagen deutlich jenseits der Armutsgrenze. Wenn Rogowski seine amerikanischen Managerkollegen besuchte, dann wischten die sich Tränen des Mitleids aus den Augen. Die Caritas überlegte, ein Spendenkonto Rogowski einzurichten, und was das Demütigendste war: In die Dritte Welt durfte er nur noch nachts einreisen, und wenn er sich von einer Sitzung zur nächsten bewegte, wurde ihm eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, damit die Bevölkerung diese deutsche Elendsgestalt nicht sehen musste.
Rogowski machte deutlich: Die deutschen Unternehmer waren die gequältesten in Europa, wenn nicht in der ganzen Welt. Es war gut und sehr mutig, als Rogowski in der Bildzeitung mal knallhart formulierte, was Sache war: »Die Gewerkschaften fügten uns in den letzten zwanzig Jahren viel Schaden zu.« Und: »Wer einstige Errungenschaften wie die 35-Stunden-Woche auf Biegen und Brechen verteidigt, der fördert die Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland.«
Lallbacke Rogowskis offene Worte machten deutlich, wie brutal bei VW und Opel die Kapitalseite von einer verantwortungslosen Belegschaft unter Druck gesetzt und zu erheblichen Opfern genötigt wurde und dass nur die Wiedereinführung der Arbeitsbedingungen aus den fünfziger Jahren den Aufschwung der achtziger Jahre noch mal heraufbeschwören und locker übertreffen konnte. Er wies auch darauf hin: Lehrlingsausbildung konnten sich die Unternehmen überhaupt nicht mehr leisten, weil die Lehrlingsgehälter einfach zu hoch waren. Da musste man schon dankbar sein, wenn es wenigstens noch für eine angemessene Steigerung der Managergehälter reichte.
Insofern war auch die Forderung der SPD nicht ganz abwegig, dass die Azubis eine Ausbildungsplatzabgabe zahlen sollten, und zwar wöchentlich statt Disco.
Bayerns Ministerpräsident, der Randlagenzombie Stoiber, machte eine überzeugende Rechnung auf, wie die deutsche Wirtschaft in Schwung zu bringen sei: Jede Stunde mehr Arbeit pro Woche bewirkte nach Stoibers Schätzung 60 000 neue Stellen. Das hieß: Fünf Stunden mehr Arbeit im Westen ergaben 300 000 neue Stellen, und zwei Stunden Arbeit mehr im
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