Lallbacken
Gegenteil zu veranlassen. Aber diese Politiker würgen sich ja selbst jeden Morgen.
Es hatte sich längst herumgesprochen: Diese sogenannten Wirtschaftsexperten, die zwar vor der Bankenkrise nicht gewarnt hatten, aber sehr bald wussten, dass die Steuerzahler diese Krise bezahlen mussten, weil der Satz von Ernst Bloch »Wenn’s für alle nicht mehr reicht, springen die Armen ein« die Maxime aller neoliberalen Ökonomen ist – diese Lallbacken, die nach wie vor regelmäßig im Fernsehen Auf- und Abschwung prognostizieren dürfen, hätte man schon vor Jahren ohne jeden Qualitätsverlust durch ein Rudel durchschnittlich aufgeweckter Schimpansen ersetzen können.
Das Credo dieser Leute ist eine immerwährende langweilige Litanei: Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht am Abgrund, wenn es nicht endlich gelingt, den Unternehmen alle Steuern zu erlassen, die Sozialabgaben zu ersparen und den Arbeitnehmern Lohnverzicht aufzuerlegen. Erfolgversprechend wäre das Modell: Geht es der Firma gut: länger arbeiten ohne Lohnausgleich. Geht es der Firma schlecht: kürzer arbeiten mit Lohnangleichung. Aber am besten wäre es, zwei Drittel der Bevölkerung zu entlassen und den Rest zu privatisieren. Denn Lohnsenkungen führen zum Aufschwung, Arbeitszeitverlängerung bewirkt den Abbau von Arbeitslosigkeit, und Krieg produziert Frieden. Insgeheim ist man sich wohl einig: In Mitteleuropa hat einfach zu lange kein Krieg stattgefunden.
Das heißt: Häuser blieben stehen, Fabriken erzeugten allzu langlebige Konsumgüter, es gab zu wenig Sachschäden, und die Zivilbevölkerung lebt zu lange. Ein Gespenst geht um in Unternehmerkreisen, und das flüstert: Bedarf gedeckt. Kapitaleigner und Wirtschaftsexperten sowie ihre Krümelaufsammler aus der Politik sind der Auffassung, dass in der Bundesrepublik der Sozialismus herrscht, solange noch ein Arbeitsloser Arbeitslosengeld bezieht, und dass dieses Verbrechen an den Leistungsträgern abgestellt werden muss. Getragen wird das von der Überzeugung: Wenn alle nur ihrem Eigennutz folgen, dann ist das zum Nutzen aller. Lallbacken, die am Kamin oder beim Dinner solche Erkenntnisse äußern, verstehen sich als Elite.
Hans-Olaf Henkel, Expräsident des BDI und selbst unter Lallbacken eine Null, wollte der Öffentlichkeit mitteilen, dass es jetzt ganz schlimm bergab ginge mit Deutschland. Diesen relativ schlichten Gedanken aufzuschreiben, damit war er aber überfordert. Denn er schrieb: »Im Geleitzug der Industrienationen sitzen wir nicht mehr wie früher in der Lokomotive, sondern endgültig im Bremserhäuschen.« Endgültig, aha. Hans-Olaf, alte Oberlallbacke, mit so einem Schwachsinn kannst du vielleicht die Chefredaktion der Bildzeitung beeindrucken, aber sonst doch niemanden, denn: »Wir« sitzen ganz gewiss nicht im Bremserhäuschen des Geleitzuges. Und eine Lokomotive ist weit und breit auch nicht zu sehen: Ein Geleitzug hat weder eine Lokomotive noch Waggons – ein Geleitzug ist ein Konvoi von Schiffen.
Zwischen seinen zahlreichen Lallbacken-Auftritten in Talkshows schrieb der von allen Gehirnströmen längst verlassene Hans-Olaf Henkel auch noch Bücher. Und in denen stand dann beispielsweise geschrieben: »Heute wird die Gleichheit nur noch in den letzten sozialistischen Staaten wie Kuba und Nordkorea intensiv gepflegt. Und dazu gehört leider auch unser Land.«
Was muss man einwerfen, um auf diesen Gedanken zu kommen? Die kubanische Gleichheit in Deutschland bewirkt, dass das Volk sich fett frisst, während die völlig verarmten Unternehmer sich nordkoreanisch durchhungern müssen.
Der Gleichheitsexperte Henkel schrieb weiter: Der Wohlstand der Deutschen sei bedroht von »Mittelmaß, falsch verstandener sozialer Fürsorglichkeit und selbstverständlich der Vorliebe für die Gleichheit in fast allen Lebensbereichen«. Hans-Olaf wollte der Leserschaft klarmachen: In Deutschland haben alle das gleiche Geld, die gleichen Bildungschancen und den gleichen Zugang zu den Erzählungen des Baron Münchhausen. Und schließlich schrieb er: »Die Selbstzufriedenheit hat uns vergessen lassen, dass der Wohlstand ganz entscheidend auf den Spitzenleistungen Einzelner in Wirtschaft, Ingenieurwesen und Forschung beruht.«
Die »Fragen eines lesenden Arbeiters« vom Kollegen Brecht kannte der Spitzentyp Henkel offenbar nicht. Er liest nur den Quatsch, den er sich selbst schreibt.
In einer Talkshow erzählte Hans-Olaf, wie der kleine Hans-Olaf sich in der Schulzeit den Arm gebrochen hatte und wie
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