Lallbacken
sei verkrustet, zu echten Reformen nicht fähig und von den Parteien blockiert, hinweggefegt. Wenn sich im Kampf gegen das Verbrechen, als dessen brutalste Form der Gebrauch staatlich bewilligter Sozialhilfe außerhalb der deutschen Grenzen anzusehen war, die Regierung unter dem Druck von Boulevardschlagzeilen sogar eines so marginalen Problems annahm, musste den Menschen um die Zukunft ihres Landes nicht bange sein. Und Lallbacke Schmidt konnte man zur Verleihung der Arschkriechermedaille für populistisches Einschleimen und vorbildliche Unterwürfigkeit gegenüber den Massenmedien nur herzlichst gratulieren.
Und dann meldete sich wieder Dauerlallbacke Stoiber. Außer sich vor Empörung über den sogenannten Sozialhilfemissbrauch verlangte er, Sozialhilfebehörden sollten ungehinderten Einblick in die Konten der Klientel erhalten. Das war ein großartiger Vorschlag, und der Öffentlichkeit war sofort klar: Wenn Edmund Stoiber denjenigen erwischte, der den Finanzämtern seit Jahren solche Kontrollmöglichkeiten zur Bekämpfung milliardenschwerer Steuerhinterziehung verwehrt hatte: Den machte er fertig. Den hängte er auf. Oder erwürgte ihn. Und wenn er’s selbst war.
Warum es nicht steil aufwärts ging in Deutschland, war klar: Es lag daran, dass die Marktwirtschaft immer noch zu sozial gehandhabt wurde und immer noch ein kleiner Teil des Grundrechts auf Asyl Gültigkeit hatte.
Das Verständnis mancher Menschen von sozialer Politik ließ sich in dem Satz zusammenfassen: »Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden die Menschen sich überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei fünfzehn Grad Zimmertemperatur vernünftig überleben können.« Das Pack sollte sich also gefälligst warm anziehen.
So äußerte sich Herr Thilo Sarrazin, früher Finanz-Senator in Berlin, dann im Vorstand der Bundesbank, anschließend Verfasser schlecht geschriebener Hetzschriften, ein Sozialdemokrat. Ebenso wirksam hätte Sarrazin vorschlagen können, Duftkerzen an das Prekariat zu verteilen, die den Duft von Erbrochenem verströmten und vierzehn Tage lang haltbar waren – so könnte man viele Mahlzeiten sparen.
Den Zuzug von Arabern und Türken wollte Sarrazin generell unterbinden, außer von Hochqualifizierten, und allen Einwanderern wollte er die Transferleistungen streichen. Er tönte: »Ich muss niemand anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.«
Dass der Exsenator und ehemalige Bankenvorstand Sarrazin sein Einkommen auch aus den Steuerabgaben der türkischen und arabischen Untermenschen bezog, nahm er gern in Kauf. Denn er gehörte ja der Herrenrasse an: »Man muss davon ausgehen, dass menschliche Begabung zu einem Teil sozial bedingt ist, zu einem anderen Teil jedoch erblich«, sagte er, seinen eigenen Forschungsergebnissen folgend. Der Gensachverständige Sarrazin verabscheute nicht nur Araber und Türken, ihm waren alle sozial Benachteiligten, ihm war die »Unterschicht« zuwider. Gegen die verteidigte er die »Leistungsträger der Gesellschaft« – und das waren nicht Krankenpfleger, Kindergärtnerinnen und Feuerwehrleute, sondern Leute in sozial wertvollen Berufen, also Devisenhändler, Anlagenberater und Insolvenzverwalter. Und eben bis zum Kragen mit Profilierungssucht vollgeschissene Anzüge wie Lallbacke Sarrazin selbst einer war.
Auch Bildzeitungs -Kolumnist Franz Josef Wagner musste auf diesen völkischen Zug aufspringen: »Liebe Politiker, wir haben euch gewählt, damit ihr unsere Interessen vertretet. Ich meine deutsche Nationalinteressen. Darunter verstehe ich, dass deutsche Menschen in ihrem Land Arbeit haben. Ich hoffe, dass man es noch sagen darf, Herr Verfassungsschutz, ohne unter NPD-Verdacht zu geraten. In dem Mietshaus in Berlin, wo ich lebe, hat jeder dritte keine Arbeit. Der ständige Import von Billigarbeitern und der ständige Export von Arbeitsplätzen liegt nicht im Interesse meiner Mitbewohner. Deren Chance ist der nächste Kiosk, wo sie sich die Birne zudröhnen, während Kanzler Schröder und Vizekanzler Fischer die Welt umarmen. Wir hören nur global, global. Wann endlich umarmt ihr wieder einen Deutschen? Die Umarmung eines Deutschen ist nicht rechtsradikal. Es ist das legitime Recht deutscher Interessen. PS: Mein bester Freund ist ein Türke.«
Aus dieser Kolumne spricht die pure Sehnsucht nach der faschistischen Volksgemeinschaft.
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