Lallbacken
Denn zunächst funktionierte nichts. Wahrscheinlich hatte man bei den Provisionen und Schmiergeldzahlungen geschlampt oder versucht zu sparen, oder irgendjemand hatte vergessen, der Ehefrau eines Abteilungsleiters im Verkehrsministerium eine neue Einbauküche zu spendieren. Jeden Abend tauchte Manfred Stolpe mit einem neuen Erklärungsversuch im Fernsehen auf. Toll Collect klang ja auch toll. Collect erinnerte an die milden Gaben, die die Gläubigen in den Klingelbeutel werfen. Aber eigentlich hätte man da schon misstrauisch werden müssen, denn die Kirchen haben ja auch große Probleme beim Mauteintreiben.
Allabendlich versuchte Stolpe zu überholen, ohne loszufahren. In seinen lichten Augenblicken hätte er auch zugestimmt, die LKWs ruhig auf der Autobahn zu lassen, sie dürften aber nur noch geschoben werden. Eines Tages dann, wie nicht anders zu erwarten, löste sich der von Lallbacke Stolpe ausgelöste Mautstau auf, und die Schienenfahrzeuge standen wieder im Mittelpunkt des Interesses.
Die Deutsche Bahn AG ist ein kundenorientierter Mobilitätsdienstleister, weil sie als gewinnorientiertes Unternehmen Mobilitätshilfe nicht ganz ausschließen kann. Allerdings war Bahnchef Mehdorn der einzige Mensch, der glaubte, eine Eisenbahn könne fliegen. Dass sie es nicht tat, dafür gab Bahnchef Mehdorn den Bahnkunden die Schuld, die hätten das Preissystem einfach nicht verstanden. Trotzdem behauptete Verkehrsminister Stolpe, Bahnchef Mehdorn sei der richtige Mann am richtigen Platze. Woraus man schließen konnte, Herr Stolpe kannte den Bahnchef gar nicht persönlich. Jedenfalls: Allen Reisenden in Deutschland war bewusst, dass man Mehdorn und Stolpe nicht mal eine Modelleisenbahn im Keller anvertrauen durfte.
Bei der Einweihung der neuen Strecke von Hamburg nach Berlin war Manfred Stolpe anwesend, so dass Befürchtungen laut wurden, auch die Bahn werde wohl in Zukunft mautpflichtig sein. So weit kam es dann nicht, was aber nichts an der allgemeinen Vermutung änderte, die Bahn habe einen Bahnchef, der unter galoppierender Synapsenversülzung leidet.
Eine junge Frau aus Lüneburg hatte sich um einen Job bei der Deutschen Bahn AG in Hannover beworben. Sie erhielt auch einen Vorstellungstermin, wurde dann aber abgelehnt, weil sie nicht pünktlich da war. Ihr Zug hatte eine Dreiviertelstunde Verspätung.
Lallbacke Mehdorn konnte nichts so gut wie Verspätungen erklären: »Die Probleme haben wir deshalb, weil unsere Schienen mit einem Verwesungsfilm der Blätter benetzt und dadurch rutschiger sind.«
Lallbacke Mehdorn ist für sein unkontrolliertes Tun und Treiben nie zur Rechenschaft gezogen worden: Die Schwierigkeiten bei der Bahn sind die Konsequenz des von ihm betriebenen Personalabbaus. Er hat Fachleute im Gleisbau in Pension geschickt, die dann bitter fehlten. Er hat, um die Rendite der Bahn zu erhöhen, den Wagenpark zusammenstreichen lassen, und um die Bahn für den Börsengang aufzumotzen, hat er Investitionen im Kerngeschäft der Bahn in Deutschland vernachlässigt. Stattdessen hat er die Privatisierung vorangetrieben und weltweit Unternehmen gekauft, um aus der Bahn einen Global Player zu machen. Dies alles tat er, weil offenbar Freunde von ihm, Hasardeure in der Finanzwirtschaft, am Börsengang der Bahn verdienen wollten. Zu verbuchen ist eine katastrophale Fehlleistung. Aber Mehdorns grobe und vorhersehbare Fehlleistungen werden von der Politik locker abgefedert. Weder Mehdorn noch Schröder noch Merkel und auch nicht die zuständigen Verkehrsminister müssen mit strafrechtlichen oder mit zivilrechtlichen Sanktionen und Schadensersatzforderungen rechnen. Auch Lallbacke Stolpe ist mit heiler Haut davongekommen. Grundgütiger Himmel, was hat der Typ dem Land alles zugemautet …
Wenn Straßen- und Schienenverkehr in Deutschland nur suboptimal zu managen sind, sollte man erst mal im Weltall üben. Die FDP ist die Partei, die nachweislich am häufigsten hinter dem Mond war. Deren Raumfahrtexpertin heißt Cornelia Pieper, und Frau Pieper hat zu Recht gefordert: »Deutschland braucht einen eigenen Zugang zum Weltraum.« Ja, unbedingt. Nie wieder dürfen die Deutschen ein Volk ohne eigenen Weltraum sein. Cornelia Pieper, ebenfalls Fachfrau für Intelligenz-Dumping, verdankt das Universum das köstliche Bonmot: »Man muss die Schwachen vor den Faulen schützen.« Das Problem ist: Niemand schützt den Weltraum vor Cornelia Pieper.
Der ehemalige Oberbürgermeister von Leipzig, Wolfgang Tiefensee, Spitzname
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