Lamarchos
schockiert an. „Nein, wirklich, Verehrte. Wie kannst du das von mir denken?”
„Ich frage mich nur, wer sich dieses kleine Badewassergeschäft ausgedacht hat.”
„Du meinst, ein einfacher Bauernjunge wie ich könnte so verschlagen sein?”
„Einfacher Bauernjunge, Quatsch! Pferdehändler hört sich besser an. Mit der Moral eines Gleitwurms.”
„Ah, nun, er wird die Nachricht von deiner Ankunft jedenfalls schneller verbreiten als ein Lauffeuer.”
Aleytys nickte. „Gut. Laß mich meine Sachen holen und es den anderen sagen. Übrigens, während ich bade, kannst du den Wohnwagen saubermachen, die Matratzen klopfen. Und mach deine Sache gut, oder ich verehre dir die Beulenpest - und zwar auf jenem Körperteil, auf dem du normalerweise sitzt.”
„Natürlich, Si’a Gikena.” In vorgetäuschter Unterwürfigkeit senkte er seinen aufmerksamen Blick.
Sie schüttelte ihren Kopf. „Einfacher Bauernjunge, Ha!”
2
Der Mond war eine Scheibe schmutziger, geronnener Milch, die mit verwirrender Helligkeit durch das Sternenfeld schwamm, ein Hai, der die Sterne schluckte, während er die Straßen von Karkys mit trügerischem Leuchten erfüllte. Im Viertel der Reisenden ging ein Lager in das andere über; sie verwandelten den bleichen Frieden des hartgestampften Bodens in fröhlichen, übermütigen Tumult… Rufe …
Lachen … Liederfetzen … Das Prasseln von Feuern … Tierlaute .
. . improvisiertes Trommeln … Das Klagen einer Flöte, das heftig mit dem einer Blech-Pfeife zusammenprallte … Das Kreischen und Kichern unbeholfener Halbwüchsiger …
In der Inneren Stadt, dem Viertel der Karkiskya, war der Feiertagslärm des Lagerplatzes durch die Entfernung und die sich auftürmenden Mauern der verschlossenen Häuser gedämpft. Die breiten, steingepflasterten, sogar vom Staub saubergeschrubbten Straßen waren leer; da tauchte plötzlich eine gespenstische Gestalt auf…
Einer der hochgewachsenen, dürren Karkiskya, die ihre Körperformen unter dicken, grauen Gewändern verbargen.
Aleytys erschauerte und sank gegen Stavver; das gesichtslose Dunkel unter der Kapuze drehte sich ihnen zu. „Du bist sicher, es ist in Ordnung, daß wir hier sind?” flüsterte sie.
,,Du hast gehört, was Kale gesagt hat. Beruhige dich und sieh mich an, Liebes, als sei ich der Mond in deinen Nächten. Die Ungestörtheit
- das ist doch der Grund, warum ein Paar hierher kommt.”
Sie schmiegte sich an ihn, und so schlenderten sie die stille, peinlich saubere Straße entlang. Sie hob ihren Kopf und betrachtete die Zeichnungen auf dem Antlitz des Mondes. „Da ist ein Mann auf dem Mond, ein Trommler. Schau.” Sie zeigte hoch. „Sogar das Muster auf der Trommel kann man sehen. Ich möchte wissen, was die Alten ihren Kindern darüber für Geschichten erzählen.”
Stavver lachte, der Klang wirkte in den düsteren Straßen ungehörig, ein Eindringen des Lebens in die merkwürdige, vollkommene Leere um sie her. Die Karkiskya handelten mit der Kunst einer ganzen Welt, hatten jedoch offenbar nicht den kleinsten Funken angeborener Hochschätzung für irgendeinen Aspekt dessen, was sie verkauften; für sie zählte nur der Geldwert. Stavvers Lachen machte die schroffen, klotzigen Gebäude noch häßlicher. Seine Finger begannen, sanft zwischen den in ihrem Haar verborgenen Instrumenten - winzigen, daumennagelgroßen Metallscheib-chen - hin und her zu spielen.
Aleytys blickte das Gebäude an, das sich mehrere Stockwerke hoch über die umhüllende Außenwand erhob. „Das ist bislang das häßlichste.”
„Ein Banktresor muß nicht hübsch sein.”
Er drängte sie rückwärts gegen die Wand und küßte sie, leicht und immer wieder, ihre Gestalten sanken wie Geister in den vollkommenen Schatten. Nach einer Minute trat er zurück, nahm sie beim Arm; sie schlenderten weiter. Erdrückend schwer lastete die fast totale Stille auf ihnen.
„Was jetzt?” Aleytys rieb ihre Wange an seiner Hand, fühlte sich seltsam glücklich und gleichermaßen beunruhigt. Die Küsse waren nur Teil ihrer Tarnung.
„Um den Häuserblock herum, so daß wir von allen vier Seiten Messungen bekommen. Natürlich hin und wieder stehenbleiben.”
Er lachte leise. „Um den Mondenschein aus uns herauszuarbeiten.”
Aleytys riß sich los. „Ich mag nicht…” Sie wischte sich über den Mund. „Geschäfte! Ich mag nicht benutzt werden.”
„Psst! Es muß sein, Leyta. Wir müssen es tun.”
„Ich verstehe nichts davon.”
„Laß dich von deinen
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