Lamarchos
halben Dutzend verschiedener Handflächen las sie Glück und Kummer. Mittags kam Puki zögernd zu ihr herüber.
Aleytys winkte die Frau mit den ängstlichen Augen, die vor ihr stand, weg. „Komm ein anderes Mal wieder”, sagte sie lächelnd.
„Ganz gleich, was du von meinen Künsten hältst, ich lebe nicht von der Luft. Die Sonne steht im Zenit, und mein Magen knurrt.” Das Gesicht der Frau zerknitterte unter einem unglücklichen Stirnrunzeln, aber sie entfernte sich zögernd. Aleytys streckte Puki ihre Hand entgegen, ließ sich von dem Mädchen hochhelfen, da ihre verkrampften Beine ihr den Dienst versagten. „Du wolltest etwas?”
Das Mädchen zog den Kopf zwischen die Schultern. „Mein Vater hat gesagt, du seist heute so beschäftigt gewesen, daß du müde sein müßtest und sicher keine Zeit hattest, Essen zuzubereiten. Und warum solltest du dich noch mehr erschöpfen müssen? Willst du deshalb das Mittagessen nicht an unserem Feuer einnehmen?” Sie umschloß das ganze Lager mit der anmutigen Geste einer freundlichen Hand. „Ihr alle.”
Ein rasches Lächeln hob Aleytys Lippen; sie blickte zu Maissa hin
über. „Vielleicht ist dein Vater großzügiger als er ahnt. Ich könnte eineinhalb Pferde verspeisen. Aber wir nehmen dankbar an.” Sie drehte sich zu der Frau um, die wie ein kalter Schatten hinter ihr stand. „Leyilli, kümmere dich um das Leder, ja?” Sie deutete auf den kleinen Haufen von Münzen. „Und darum auch. Dann komm mit den anderen zu uns.”
Maissa nickte mit sorgsam bemessenem Respekt, die Augen bescheiden gesenkt. „Wie du befiehlst, Gikena Lahela”, murmelte sie.
Eine Weile später reichte Peleku seine Eßschüssel zu Puki hinüber und ließ sie erneut mit dem schmackhaften Eintopf füllen. Zu Aleytys sagte er: „Es ist noch Fleisch da, Si’a Gikena. Seid nicht schüchtern, füllt eure Bäuche.”
„Keins für mich.” Sie hob fragend ihre Augenbrauen. „Auch nicht für meine Leute, danke.”
Peleku schaute gewichtig im Kreis umher, gelassen, zufrieden, als seine Blicke über die Gesichter seiner Familienangehörigen glitten.
Dann lächelte er. „Si’a Gikena, meiner Tochter wurdest du vorgestellt, doch mußt du noch dem Grund begegnen, dem wir gerade in diesem Jahr unsere Anwesenheit in Karkys verdanken.”
Der Junge auf der anderen Seite des Feuers sprang - breit grinsend
- auf. Er war ein magerer Knirps mit lebhaft hin und her huschendem Blick, nicht sonderlich beeindruckt von der Mystik der Gikena. Und er war auch nicht sonderlich an ihr interessiert; sie war nur eine Frau, weit davon entfernt, von einem Jüngling kurz vor der Beschneidung besonders beachtet zu werden. „Morgen bekommt er seine Karkiskya-Klinge, und wenn wir wieder nach Hause kommen, findet das Beschneidungsritual statt.” Hakea grinste noch breiter, so daß sein Gesicht ganz Mund war, die Nase nur eine Beule, während die Augen in Schlitzen verschwanden. Auf ein Nicken seines Vaters hin lief er davon; wie ein plötzlich freigelassenes Fohlen hüpfend, verschwand er hinter dem Wohnwagen.
„Si’a Gikena.”
„Si’a Peleku?”
„Wenn ich dich einen Moment sprechen könnte?”
Aleytys nickte. Finster dreinblickend, verärgert, kam Maissa auf die Füße und folgte den anderen zu ihrem Lager zurück. Peleku funkelte seine Leute an. Hastig sammelten die Frauen die Schüsseln ein und eilten davon.
Peleku setzte sich zurück, die Hände lagen flach auf seinen Knien, die Finger trommelten langsam auf die dicken Muskeln. „Ich möchte mit dir über den Jüngling Loahn sprechen.”
„Ah.” Aleytys lächelte. „Ein interessanter junger Mann.”
„Wie du gesehen hast, entdeckt meine Tochter eine wachsende Neigung in sich, seine Gesellschaft zu suchen. Sein Kopf wurde kürzlich rasiert.”
„Ja. Er wurde zum Ausgestoßenen erklärt. Die Kauna von Wahi-Po erklärten ihn zum Paria.”
„Paria.” Er blickte sehr finster drein. „Ich werde solch eine Verbindung nicht dulden. Paria!”
„Nicht durch sein Verschulden. Er wurde fälschlich angeklagt. Die Lakoe-heai haben sich seiner angenommen. Warum, weiß ich nicht.
Bevor ich hierher kam, hielt ich in Wahi-Po an. Der Irrtum wurde berichtigt, die Kauna bezahlen Wiedergutmachung, und Loahn ist vor seinem Volk wieder in Ehre gesetzt.”
„Aha.”
„Was seine Herkunft betrifft… Mhhmm… Sein Vater war Arahn von Wahi-Po. Mit seinem Tod wurde Loahn, unterbrochen durch seine Zeit als Ausgestoßener, ein Mann mit Reichtum und
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