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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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stieß sie einen ärgerlichen Schnalzer aus. Sie hakte den Wasserschlauch los und trank durstig.
    Als sie den Schlauch sinken ließ, sah sie die beiden Männer auf der Straße vor sich, die sie beobachteten. Breite, klobige Gestalten, die mit einer lässigen Überlegenheit auf ihren struppigen Mustangs saßen. Sie trugen weite Hosen und kupferbeschlagene Westen.
    Langes Haar peitschte um wilde, grinsende Gesichter, lange, rote Stirnbänder, deren ausgefranste Enden zwischen den schmierigen schwarzen Haarsträhnen flatterten, hielten es aus ihren schwarzen Augen. Ihre vollen Lippen waren zu breitem Grinsen gedehnt, das auf die zu ihnen hinüberstarrende Frau allerdings überhaupt nicht beruhigend wirkte. Langsam ließ sie den Schlauch sinken und hakte den Gurt über das Horn.
    Sie riß die Zügel hoch und zwang das Tier herum. Auf der Anhöhe links der Straße tauchte ein weiterer Reiter auf. Der Rotschimmel tänzelte herum. Zwei Männer saßen auf ihren Reittieren, die sie in der Straßenmitte gezügelt hatten, und grinsten sie an. Sie wendete den Rotgrauen wieder. Auf der Anhöhe zur Rechten warf ein sechster Reiter eine schwarze Silhouette gegen den Himmel. Sie ließ den Rotgrauen seinen tänzelnden Kreis beenden und zügelte ihn; starrte den beiden Reitern entgegen, die sie zuerst gesehen hatte.
    „Was wollt ihr?” Sie kämpfte dagegen an, dem Zittern auf dem Grunde ihres Magens nachzugeben. Mit grimmigem Stolz hob sie ihren Kopf, starrte kühl in die unverschämt grinsenden Gesichter.
    „Komm.” Einer sprach, dann setzte er sein Reittier mit einem Schenkeldruck in Gang, so daß es näher zu ihr herantrottete.
    Aleytys ließ den Rotschimmel ein paar Schritte zurückweichen. „Ich bin eine Gikena, Narr!”
    Er lachte, kleine Augen verschwanden fast in den fleischigen Falten des Gesichts. „Lügnerin.”
    „Ich bin eine Gikena. Ich heile, kann jedoch auch verfluchen, Mann des Südens. Ich gehorche den Lakoe-heai.”
    „Ha!” Er lehnte sich vor und entriß ihr die Zügel. „Jetzt gehorchst du dem Anführer. Der Schamane wird dir die Giftzähne schon ziehen.
    Gikena!” Er brüllte vor Lachen.
    Alcytys funkelte ihn an. „Laßt mich gehen.”
    „Aber sicher. Und zwar mit uns!”
    „Das werde ich nicht.” Sie faßte ihr Gesicht in eine eisige Maske, gleichermaßen erfreut über das Gelingen ihrer Strategie und entsetzt.
    „Ich bin in einer dringenden Mission unterwegs, Mann des Südens.
    Ich suche meinen Sohn und das, was mir gestohlen wurde. Ich erlege euch auf, mir zu helfen.”
    Er grinste wieder, gab dem Rotgrauen einen Klaps auf die Hinterflanke, was ihn zu einem schnellen Trab aufschreckte. Die anderen ritten davon, um irgendwelche Aufträge zu erledigen, für die sie unterwegs gewesen sein mochten, bevor sie ihretwegen angehalten hatten.
    Bald hörte sie einen rollenden, dumpfen Donner, der ihr eine lebhafte Erinnerung an die angenehmen Tage brachte, da sie mit den Herden über Jaydugar gezogen war. Sie erreichten eine Anhöhe und schauten auf eine schwarze, sich bewegende Masse, die in langsamem Schritt über das leicht hügelige Land kroch. Einen Augenblick lang meinte sie die häßlichen, gepanzerten Tiere zu sehen, von denen die Nomaden lebten, dann blinzelte sie und zog die Mundwinkel herunter; in die Wirklichkeit zurückgerissen. Das, was dort unten die Erde verdunkelte, waren Hunderte, Tausende von Reitern, deren Geschlecht aus der Ferne unbestimmbar war.
    Als sich ihr Häscher in die Menge stürzte, spürte Aleytys ein Gefühl der Hilflosigkeit und der Enttäuschung. Eine Person, um diese - diese lebende Lawine abzuwenden? Sie blickte sich mit aufflackernder Neugier um; eine Zeitlang überlagerte sie ihre wachsende Besorgnis. Frauen, so wild und ungepflegt wie die Männer, starrten sie an, der Haß war stark und kalt in ihren flachen, verwitterten Gesichtern. Kinder ritten vorbei; ohne Sattel saßen sie auf ihren zottigen kleinen Tieren, die Gesichter alt und böse. Sie blinzelte. Nicht böse, nein, nur wild. Es war ihre nervliche Anspannung, die sie in kleine Dämonen statt der Kinder, die sie waren, verwandelte. Sie wandte sich ab.
    Über all dem Kreischen und Rumpeln der rohen Holzräder, der Vielfalt anderer Geräusche, die zu einem einzigen, gewaltigen Mißklang ohrenbetäubenden Lärms verschmolzen, der in den Ohren dröhnte, durch ihren Schädel pulste, fiel es Aleytys schwer, zu denken, zu entscheiden, was sie tun wollte oder sollte oder konnte; deshalb ließ sie ihr müdes Gehirn

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