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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zitternder Hand über den Mund.
    Die Angreifer kamen wieder. Und wieder. Ihre Bolzen und Pfeile fanden leichte Ziele. Aber das war nicht genug. Die Masse der Horde allein genügte, sie zu überrollen. Zehn starben, fünfzig, hundert. Vor ihnen stieg der karmesinrote Streifen immer höher. Aleytys stand auf, kletterte über den Sitz, stürzte ins Innere des Wohnwagens. Sie langte durch die hinteren Planen, zog den Wasserschlauch herein. Ohne sich darum zu kümmern, wohin das Wasser fiel, spritzte sie sich Handvoll für Handvoll der lauwarmen Flüssigkeit über Gesicht und Arme, dann nahm sie einen Schluck, gurgelte und spuckte das Wasser ins Freie hinaus. Sie trank, ließ es die brennende Kehle hinunterrinnen und ungemütlich in ihrem Magen ruhen. Sie sah das schlafende Baby an, und wie immer, wenn sie das tat, entspannte sich ihr Gesicht zu einem sanften Lächeln. Sie schwang den Wasserschlauch wieder hinaus, wischte die feuchten Hände an einem Stofflappen ab, dann berührte sie die Wuscheligen Locken, die Sharls kleines Gesicht umrahmten.
    Sie zog die Mundwinkel herunter, preßte eine Hand auf den Bauch.
    „Essen ist nicht gerade anziehend für mich, Baby”, murmelte sie.
    „Aber ich muß dich füttern, kleiner Schmarotzer.” Sie kramte in den Schubladen, bis sie ein Päckchen aus Harzpapier, in dem harte, grauumbrafarbene Brocken getrockneten Fleisches eingewickelt waren, zutage förderte. Sie nahm zwei Fleischstückchen, wickelte das Papier wieder zusammen und legte es in die Schublade zurück. Nachdem sie die Schublade zugeknallt hatte, kletterte sie auf die Koje zurück. Sie blickte auf Sharl, der sich in seinem Nestchen aus Flanell zusammengerollt hatte. ,,Huh, Baby. Ich werde hier drinnen bleiben. Hat keinen Sinn, Mühe zu verschwenden; besser, ich setze sie daran, dieses Leder hier zu kauen.”
    Mit der freien Hand berührte sie die Schläfe und begrüßte das Läuten mit einem starken Gefühl der Erleichterung. ,,Nun, Begleiter”, murmelte sie. „Auch wenn du mit meinem Körper deine Spaße treibst, so läßt du doch wenigstens meinen Verstand in Ruhe.” Sie schloß die Augen, scheuerte mit ihrem Rücken an der Wohnwagenwand hin und her. ,,Es ist alles so aufregend. Ich wüßte gern, was für phantastische Dinge du gesehen hast. Weißt du, ich glaube, daß ich im Grunde genommen das meiste hiervon genieße. Auf eine komische Art. Und doch …” Sie seufzte. „Bisher habe ich die Vorstellung gehaßt, etwas in meinem Verstand zu haben, das in dem herumschnüffelt, was ich denke und tue. Im Moment ist es beinahe angenehm. Obwohl… Daß du zusiehst, wenn ich …” Sie rutschte unruhig auf der Matratze hin und her und runzelte die Stirn, als sie die Wunderwelt ihres Körpers fühlte. „Dieser Elefant … hat mich wund gemacht wie …” Sie seufzte wieder und schluckte den letzten harten Fleischklumpen. „Hat dieses Zeug als Nahrung überhaupt einen Wert? Vielleicht füllt es das Loch in mir. Ich wünschte, du könntest mit mir reden. Ich weiß nicht einmal genau, ob du verstehst, was ich sage.”
    Sie legte sich auf die Pritsche und wob ihre Finger unter den Brüsten ineinander. „Begleiter …” Sie schloß die Augen und versenkte sich in die tiefe Trance, in der sie unter der weitest möglichen Ausdehnung ihres Geistes jenes Wesen spüren konnte, das sie Begleiter nannte. Wieder breitete sie das Bild des stillen, schwarzen Teiches aus. Bernsteingelbe Augen flackerten auf, bernsteingelbes Licht blitzte über die Oberfläche. „Hallo”, dachte sie. „Ich brauche deine Hilfe, Begleiter.
    Weißt du, was mir passiert ist?”
    Ein Gefühl der Bestätigung. Bernsteinaugen blinzelten, verschwanden.
    Bestätigung.
    „Gut. Ich muß den Hordenmeister töten. Aber ich habe weder das Geschick noch den Mumm dazu. So.” Sie ließ ihren Geist einen Herzschlag lang ausruhen, atmete langsam, um die Spannung aufzulösen.
    „So. Wirst du dein Können, deine Erfahrung gebrauchen und diese Sache für mich erledigen? Wirst du mir helfen?”
    Angespanntes Schweigen antwortete. Eine Empfindung der Ungeduld. Bernsteingelb flackerte, dann tanzten schwarze Flocken über Bernsteingelb, dann wand sich ein violetter Faden durch die bruchstückhaften Farben … Wie ein Krieg… Schwarz gegen Bernstein gegen Violett. Aleytys wartete. Die flackernden Farben verblaßten, kehrten zurück, als die Atemübungen die Turbulenz in ihrem Körper beruhigte. Dann war der Teich stillen Wassers wieder da. „Willst du mir helfen?”

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