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LaNague 01 - Der Heiler

LaNague 01 - Der Heiler

Titel: LaNague 01 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Handfläche und die fünf Mittelhandknochen wurden zuerst vollendet, bevor sich die Daumenknochen bildeten; und Daumen und Nägel wurden vollendet, bevor die Finger wuchsen. Es war so, als ob man dem Bau eines Gebäudes zusieht, in dem aber jedes Stockwerk fertiggestellt wird, bevor man mit den Arbeiten am nächsten beginnt. Es dauerte vier Standardmonate.
    Jean akzeptierte es – sie war im Grunde froh, daß Dalt wiederhergestellt war. Und dann erklärte er ihr, daß er nicht mehr nur ein Mensch war, sondern daß etwas Neues hinzugekommen war, etwas, das an der Stelle mit der silbernen Haarsträhne in seinen Kopf eingedrungen war. Er war ein Doppelwesen: ein Gehirn, aber zwei Geiste, und dieses zweite Bewußtsein erstreckte sich bis auf die einzelnen Zellen.
    Und Jean akzeptierte es. Sie hätte das vielleicht nicht getan, wenn da nicht die neue Hand anstelle der abgeschnittenen linken gewachsen wäre. Keine Frage: die Hand war da – sie hatte zwar eine andere Farbe, aber sie war unbestreitbar da. Und da dies stimmte, warum sollte dann alles andere, was Dalt ihr erzählte, nicht auch stimmen. So glaubte sie ihm. Sie gehörte zu ihm, und sie liebte ihn, und das reichte aus …
    … bis sie mit den Jahren sehen mußte, wie ihr Haar immer dünner wurde und ihre Haut verwelkte. Die Verjüngungsbehandlungen waren damals noch ziemlich neu und zeigten nur eine geringe Wirkung. Und doch blieb der Mann, den sie liebte, während all dieser Zeit in der Blüte seiner Jahre und schien seit dem Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren, keinen Tag gealtert zu sein. Diese Tatsache konnte sie nicht akzeptieren. Und so wurde ihre Liebe langsam schwächer, begann zu verdorren und zerbröckelte in Unmut. Und von da war es kein großer Schritt zu verzweifeltem Haß.
    So verließ Dalt seine Geliebte – um ihrer und ihrer geistigen Gesundheit willen. Und kehrte nie zurück.
    (»Ich werde dafür sorgen, daß sie sich direkt gegenüber setzt.«)
    Laß es sein!
    (»Ich meine, daß ich es nicht sein lassen sollte. Seit du Jean verlassen hast, hast du jede engere Beziehung zu Frauen abgelehnt. Ich glaube nicht, daß -«)
    Es ist mir egal, was du glaubst. Nur spiele nicht den Kuppler!
    (»Trotzdem …«)
    Das Mädchen blieb neben Dalt stehen. Ihre Stimme war weich und wohltönend. »Halten Sie den Platz für irgend jemanden frei?«
    Dalt seufzte resignierend. »Nein.« Er sah zu, wie sie sich ihm gegenüber hinsetzte. Sie wurde auf jeden Fall ihrem enganliegenden Anzug gerecht: so schlank, daß er sich nicht an den falschen Stellen ausbeulte, so gut gebaut, daß sie ihn ausfüllte und er richtig zur Geltung kam. Er stellte sich vor, wie Jean wohl in einem solchen Anzug ausgesehen hätte, schob solche Gedanken jedoch schnell wieder beiseite.
    »Ich heiße Ellen Lettre.«
    »Steven Dalt«, erwiderte er mit einem mechanischen Nicken.
    Es war einen Augenblick still, dann fragte sie: »Von wo kommen Sie, Steve?«
    »Von Derby.« Die jetzt folgende Stille war schon etwas peinlicher als vorher.
    (»Hab doch Erbarmen mit dem Mädchen! Sie versucht nur, sich freundlich mit dir zu unterhalten. Daß sie Jean ähnlich sieht, ist noch lange kein Grund, sie zu behandeln, als ob sie die Pest hat!«)
    Du hast recht, dachte er und wandte sich dann an sie. »Ich habe mich mit Mikrobenforschung an der dortigen Universität beschäftigt.«
    Sie lächelte, was ihr sehr gut stand. »Wirklich? Dann müssen sie die biologische Abteilung gut kennen. Ich habe dort im letzten Jahr einen Kursus bei Dr. Chamler belegt.«
    »Ach ja! Die Natur der Schizophrenie. Ein klassischer Kursus. Beschäftigen Sie sich mit dieser Materie?«
    Sie nickte. »Ich komme gerade von einer kleinen Exkursion zurück. Aber ich kann mich nicht erinnern, Sie vorher in der biologischen Abteilung gesehen zu haben.«
    »Ich bleibe gern für mich – meine Arbeit bedeutet mir sehr viel.« Das stimmte. Dalt und Part hatten ein gemeinsames Interesse an der Untersuchung der Myriaden von mikrobischen Lebensformen entwickelt, die bei der Erforschung der Planeten innerhalb des von Menschen bewohnten Bereichs der Galaxie gefunden wurden. Einige der metabolischen Bahnen und Enzymsysteme waren einfach unglaublich, und die »Gesetze« der Biologie mußten ständig umgeändert werden. Die Mikrobiologie von fremden Lebensformen hatte sich zu einem riesigen Forschungsgebiet entwickelt, und man benötigte Jahre, um einen ersten Ansatz zu finden und Jahrzehnte, um erste Erkenntnisse zu erzielen. Dalt und

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