LaNague 02 - Mein Vater starb auf Jebinos
dagegen unternommen werden konnte, unternommen werden mußte, und daß er dies tun konnte.
III
Jo
Sonnengebräunte Haut und dunkle Augen, die einen auffälligen Kontrast zu dem saloppen weißen Pullover und den kurzgeschnittenen Haaren bildeten: Old Pete war schon eine beeindruckende Persönlichkeit, und er bewegte sich mit solcher Selbstverständlichkeit und Ungezwungenheit in den Gängen von IBA, daß die Empfangsdame zögerte, ihn anzusprechen. Als er aber auf seinem Weg zu den Büros der Geschäftsführung an ihrem Schreibtisch vorbeikam, zwang sie sich, ihn anzureden.
»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« fragte sie höflich.
»Ja.« Er drehte sich zu ihr um und lächelte. »Ist die Dame des Hauses zu sprechen?«
Statt zu antworten stellte sie eine Gegenfrage. »Sind Sie mit ihr verabredet?« Auf ihrem Schreibtisch leuchtete eine Art elektronischer Terminkalender auf.
»Leider nein. Sehen Sie -«
»Dann tut es mir leid.« Die Endgültigkeit in ihrem Ton wurde noch dadurch unterstrichen, daß sich der Terminkalender wieder verdunkelte. »Miß Finch ist ohne vorherige Verabredung für niemanden zu sprechen.« Das Abrufen des Terminkalenders war ihre letzte Waffe, und sie hatte ihre Erfahrungen darin, mit seiner Hilfe den Zustrom zu den Verwaltungsbüros unter Kontrolle zu halten.
Der alte Mann legte eine knorrige Hand auf den Schreibtisch und beugte sich zu ihr hinüber. »Nun hören Sie mal gut zu, meine Liebe«, sagte er leise, aber bestimmt, »sagen Sie der Chefin einfach, Old Pete sei hier. Vergessen wir jetzt die Verabredungen einmal.« Die Empfangsdame zögerte. Der Name »Old Pete« kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie sah noch einmal auf dem Terminkalender nach, zuckte dann die Achseln und berührte einen Knopf auf ihrem Schreibtisch.
»Ja, Marge«, erklang eine weibliche Stimme.
»Jemand namens Old Pete verlangt Sie zu sprechen, Miß Finch.«
»Soll das ein Scherz sein?« fragte die Stimme.
»Ich glaube kaum«, antwortete die Empfangsdame nervös.
»Schicken Sie ihn herein.«
Sie stand auf, um ihm den Weg zu zeigen, aber der alte Mann winkte ab und ging auf eine verzierte Tür aus massivem Maratekholz zu, die mit abwechselnden Farbflammen geriffelt war. In Augenhöhe war der Name Josephine Finch in das Holz geschnitzt, der sich farblich von der übrigen Tür abhob.
Old Pete? überlegte die Frau hinter dieser Tür. Was machte er hier in IBA? Er sollte doch eigentlich draußen im Kelmeer sein, außerhalb ihres Gesichtsfeldes und ihrer Gedanken. Sie ließ eine Memospule auf den mit Papieren überhäuften Schreibtisch vor sich fallen. Nachdem sie sich, was selten genug vorkam, ein verlängertes Wochenende freigenommen hatte, hatte sich nun so viel Arbeit angesammelt, daß sie mindestens zwei volle Tage durcharbeiten mußte, um alles erledigen zu können. Planungsberichte, Finanzberichte, Eignungsuntersuchungen, neue Vorschläge – bei ihrer Rückkehr hatte ein Stapel von Papieren auf sie gewartet, der mindestens einen halben Meter hoch war. Die interstellare Geschäftswelt, zumindest der Teil, der mit IBA in Verbindung stand, hatte offensichtlich so lange gewartet, bis sie vor drei Tagen das Büro verlassen hatte, um dann ihren ganzen unerledigten Papierkram auf ihrem Schreibtisch abzuladen.
An solchen Tagen wünschte sie sich manchmal einen Klon, der ihr einen Teil der Arbeit abnehmen konnte. Aber in Anbetracht der geltenden Klongesetze würde sie in diesem Fall ins Gefängnis gesteckt, und ihr Klon würde, wenn er entdeckt wurde, vernichtet werden.
Ein Klon käme ihr gerade jetzt recht, wo sie Old Pete begegnen würde.
Aber er war nun einmal hier, und es ließ sich nicht umgehen, mit ihm zu sprechen. Es würde nicht gerade erfreulich werden, aber sie konnte auch unmöglich jemand anders vorschieben.
Nach kurzem Klopfen wurde die Tür geöffnet, und Old Pete kam herein. Er hatte sich verändert. Seine Haut war dunkler und sein Haar weißer, als sie es in Erinnerung hatte. Insgesamt war seine Erscheinung verhutzelter, aber die Veränderungen gingen tiefer. Für Jo war Old Pete immer das Musterbeispiel eines dynamischen Geschäftsführers gewesen – seine Bewegungen waren immer knapp, schnell und entschlossen, seine Sprache kurz und prägnant. Er schien jetzt ausgeglichener zu sein. Sprache und Bewegungen waren flüssiger geworden.
Er hatte sich verändert, nicht verändert aber hatten sich die Gefühle, die er in ihr hervorrief. Sein Anblick entfachte in ihr von neuem das
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