LaNague 02 - Mein Vater starb auf Jebinos
schränkt die Aktivitäten der Föderation streng ein; sie verbietet ihr, sich in planetarische Angelegenheiten und in den interplanetarischen Handel einzumischen. In den vergangenen Jahrhunderten konnte sie die Planeten eng zusammenhalten und hat es jedesmal geschafft, die Pläne der Bürokraten zu vereiteln. Aber es herrscht dort ein empfindliches Gleichgewicht, das leicht gestört werden kann. Sollte die, Charta geändert oder, schlimmer noch, verworfen werden, werden die so wohlgesinnten Politiker in der Föderationszentrale frei nach Belieben schalten und walten können.«
Jo zuckte mit den Schultern. »Und? Das hat doch keinen Einfluß auf IBA. Wir haben zu niemandem in der Föderation eine Verbindung. Wir haben noch nicht einmal Beziehungen zu der Ragna Kooperative. Wieso also sollten irgendwelche politischen Machenschaften Konsequenzen für uns haben?«
»Wenn die Charta verschwindet, dann bedeutet das auch das Ende des freien Marktes«, erklärte er ihr.
Ein langgezogenes, sehr zweifelnd klingendes »Soooo?« war ihre einzige Antwort.
Old Pete brummte. »Jo, was weißt du über die Restrukturistenbewegung?«
»Es handelt sich um eine politische Gruppe, die einige Veränderungen in der Föderation durchsetzen will«, erwiderte sie. »DeBloise ist ihr gegenwärtiger Führer, glaube ich. Sonst weiß ich nicht viel über sie. Außerdem interessiere ich mich weder für sie noch für irgendeine andere politische Gruppe.«
»Du solltest aber besser damit anfangen. Wenn du sagst, ›sie wollen einige Veränderungen durchsetzen‹, dann ist das ziemlich milde ausgedrückt … die Föderation völlig umzukrempeln ist treffender! Aufgabe der Föderation war und ist es, die Ordnung in den interplanetarischen Angelegenheiten zu bewahren: Streitigkeiten zu schlichten, Eintracht zu fördern und gleichzeitig ein ganz geringes Maß an konstruktiver Zwietracht zu bewahren, sowie die gefährlichen Pläne einiger habsüchtiger planetarischer Regimes zu vereiteln. Aber das reicht den Restrukturisten nicht. Getreu ihrem Namen wollen sie die gesamte Organisation umstrukturieren … sie zu einer Art wirtschaftlichem und sozialem Stabilisator machen, der den Handel im freien Raum regelt und der sich sogar in die internationalen Angelegenheiten einiger Planeten einmischen kann.«
Jo schien nicht beunruhigt. »Das wird ihnen nie gelingen. Soweit mir bekannt, ist die Föderations-Charta so formuliert, daß es niemandem möglich ist, sich über sie hinwegzusetzen.«
»Du vergißt eins: es gibt eine Klausel für den Notfall, die zeitlich begrenzt größere Aktivitäten der Föderation erlaubt, wenn sie oder ihre Planeten in Gefahr sind. Peter LaNague, der die Charta entworfen hat, lehnte sie ab, als diese Klausel trotz seiner Proteste in die Charta aufgenommen wurde.«
»Das weiß ich alles schon«, sagte Jo mit erzwungener Ruhe. Das Gespräch schien einen anderen Verlauf als ursprünglich geplant zu nehmen … Aber trotz der vielen Arbeit, die auf sie wartete, drängte es Jo, die Gedankengänge Old Petes zu Ende zu verfolgen. »Und es kommt mir so vor, als wenn in jeder Fernsehsendung, die ich sehe, über einen weiteren Versuch berichtet wird, sich auf die Sicherheitsklausel in der Föderations-Charta zu berufen. Aber es wird jedesmal abgelehnt. Doch selbst wenn es ihnen gelingt, diese Klausel in Kraft treten zu lassen, was kann schon passieren? Es ist ja nur für eine bestimmte Zeit.«
»Und gerade da irrst du dich, Jo«, meinte er ernst. »Wenn du die Geschichte der alten Erde nimmst, wirst du feststellen können, daß eine Vergrößerung der Regierungsmacht nur sehr selten, wenn überhaupt, vorübergehend ist. Die Notklausel ist wahrscheinlich der Schlüssel zu der Machtübernahme durch die Restrukturisten: wenn es ihnen erst gelungen ist, sie geltend zu machen, dann haben sie schon ihren Fuß in der Tür, und die Föderation wird nie mehr dieselbe sein. Ich will nicht, daß so etwas passiert, Jo. Dein Großvater und ich konnten IBA zu einem blühenden Konzern machen, weil die Föderation sich nicht in freiwillige Transaktionen einmischt. Es ist meine persönliche Überzeugung, daß wir Terraner aufgrund dieser Politik in den letzten Jahrhunderten so viel erreicht haben. Ich möchte nicht, daß sich daran etwas ändert. Ich möchte nicht, daß die Föderation zu einem Imperium wird – sie ist aus der Asche eines Imperiums hervorgegangen –, aber ich sehe düstere Zeiten voraus, wenn sich die Restrukturisten durchsetzen
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