LaNague 02 - Mein Vater starb auf Jebinos
würde auf der Stelle mit seinem Handelsthema aufwarten und so versuchen, Jebinos in der Föderationsversammlung vertreten zu dürfen. Erwies sich die Gesetzesvorlage als Fehlkalkulation, würde ihn das um fünf, vielleicht auch zehn Jahre zurückwerfen.
Und es gab tatsächlich Schwierigkeiten.
Zu diesem Zeitpunkt stellte sich ihm Cando Proska vor.
Seit damals hatte er keine ruhige Nacht mehr auf Jebinos verbracht.
»Dieser Reporter ist hier«, erklang die Stimme der Sekretärin von irgendwo aus dem Raum.
DeBloise brachte sich mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück und nahm wieder eine aufrechte Position ein.
»Schicken Sie ihn herein.«
Ein unauffälliger Mann von mittlerer Größe, mit dunkelblondem Haar und Augen, die das natürliche, grelle Licht im Büro nicht zu vertragen schienen, kam herein und streckte ihm die Hand entgegen.
»Guten Tag, Mr. deBloise. Ich bin Lawrence Easly vom Risden Interstellaren Nachrichtendienst, und es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.«
XII
Easly
Easlys Legitimation als Nachrichtenreporter war die beste, die man mit Geld kaufen konnte. Diese Identität konnte ihm gelegentlich sehr nützlich sein, wenn es galt, herumzugehen und peinliche Fragen zu stellen. Und sie hatte ihm innerhalb eines Tages Ortszeit dazu verholfen, ein Interview mit deBloise persönlich zu bekommen – es war nämlich für jeden Politiker schwierig, Interviews in den interstellaren Nachrichtenmedien zu verweigern.
Auf dem Weg von Ragna hierher hatte er sich über alles informiert, und so stand ihm jetzt der Rest des Tages zur freien Verfügung. Danzer lag nicht allzu weit entfernt, und Easly beschloß, einen Gleiter zu mieten und der kleinen Stadt einen kurzen Besuch abzustatten. Jo hatte ihm erzählt, daß man dort ihren Vater ermordet hatte, und er wollte sich dort einmal umschauen – ihr zuliebe.
Aber seine eigene Neugier war auch geweckt. Easly war an den Fall Junior Finch so herangegangen, als handele es sich um einen ganz gewöhnlichen Auftrag, etwas über eine vermißte Person herauszufinden. Routinemäßig ging er dabei so vor, daß er sich zuerst ein möglichst genaues Bild von der fraglichen Person machte, bevor er mit der Kleinarbeit begann; er hatte einfach das Gefühl, daß er das Opfer genau kennen mußte, bevor er mit seinen Nachforschungen begann. In Juniors Fall war das beunruhigend einfach gewesen.
Alte Holovideoaufzeichnungen in der Bibliothek der Finch-Familie bildeten seinen Ausgangspunkt. Es gab nicht viele davon, da keiner der Finchs gerne vor Kameras stillzusitzen schien. Es gelang ihm trotzdem, eine lange Aufzeichnung aufzutreiben, die die Familie im Grünen zeigte, anscheinend kurz vor dem tödlichen Unfall des alten Finch. Auf dem Bildschirm waren Wälder, hügelige Wiesen, ein Teich und für kurze Zeit auch Junior Finch zu sehen, der mit einer fünf oder sechs Jahre alten Josephine auf seinem Schoß unter einem Baum saß. Die Ähnlichkeit der beiden war frappierend, zumal Jos Haar damals noch heller gewesen war.
Easlys Blick war von dem Kind, das nun seine Geliebte war, zu Junior gewandert. Er hatte das Gefühl, als sehe er hier ein leicht verzerrtes Abbild der erwachsenen Josephine, und erkannte Parallelen, die über Statur, Gesichtszüge und Haarfarbe hinausgingen. Eine ganze Reihe nicht genau bestimmbarer Ähnlichkeiten flutete ihm aus dem Bildschirm entgegen: die geballte Energie, die ständig nach neuen Bahnen suchte, das unbestimmte Drängen, das so typisch für das Wesen der Josephine war, die er heute kannte, all diese Eigenschaften verbargen sich auch hinter Juniors Äußerem, selbst in diesem Bild idyllischen Friedens.
Aber erst als die Kamera nach rechts schwenkte und Junior so an den Rand des Blickfeldes rückte, traf ihn die unheimliche Ähnlichkeit zwischen Jo und ihrem Vater mit voller Wucht. Junior stand an einen Baum gelehnt, sein Blick ins Leere gerichtet, die Arme verschränkt, mit seinen Gedanken offensichtlich Lichtjahre von dem Picknickplatz der Familie entfernt. Easly war derart verblüfft, weil er selbst Jo schon Hunderte – Tausende! – Male dabei ertappt hatte, wie sie auf die gleiche Weise ins Leere starrte, versunken in ihrer eigenen Welt.
Es gab noch weitere Aufzeichnungen, die er auf der Reise nach Jebinos studiert hatte, wobei er jede Bewegung Juniors genau beobachtete. Er fand etwas ungeheuer Ansprechendes in der ruhigen Ausstrahlung des Mannes, der ihn in zunehmendem Maße beschäftigte … er war fasziniert,
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