LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
ich mir noch minderwertiger vorkam als ein Klon. Daher verdrängte ich den gestrigen Tag, radierte ihn völlig aus. Er hatte nie stattgefunden. Das war der einzige Weg, wie ich es schaffen konnte, vor ihr zu bestehen.
»Ich hatte ihm versprochen, daß ich niemals jemand anderem verraten würde, was ich von ihm weiß. Aber ich werde Ihnen jetzt alles erzählen.«
»Sie meinen, daß sein richtiger Name ›Kel‹ ist und daß die ›Exportfirma‹, für die er arbeitet, Yokomata heißt?«
»Sein richtiger Name lautet Kyle Bodine – und er arbeitet für die R.A.«
Ich hätte mich beinahe an meinem Tay verschluckt. Kel Barkham arbeitete für die Racket Authority, die Abteilung für die Bekämpfung von Bandenverbrechen – das mußte ich genauer wissen.
»Setzen Sie sich, und erzählen Sie mir alles darüber. Aber wirklich alles!«
Sie nahm Platz und begann sofort mit ihrem Bericht.
»Kyle ist ein R.A.-Agent. Er hat sich im Laufe der Jahre in Yokomatas Organisation nach oben gedient und auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um die gesamte Bande zur Strecke zu bringen.«
Ich hatte Mühe, ihr nicht schallend mitten ins Gesicht zu lachen – Klons sind aber auch wirklich absolut dämlich.
»Warum hat er nicht?« fragte ich. »Soweit ich weiß, war er schon seit Jahren Yokomatas rechte Hand.«
»Er wartete auf den richtigen Moment. Und dann bot sich ihm eine unerwartete Möglichkeit, die er sich niemals hätte träumen lassen.«
»Er hat Sie kennengelernt.«
Ich hatte mich eigentlich noch nie für einen besonders feinsinnigen Typ gehalten, der zu hintergründiger Ironie fähig war, aber sie bedachte mich mit einem aufrichtig dankbaren und stolzen Lächeln, als der Hintersinn meiner Bemerkung ihr völlig entging.
»Oh, wie nett von Ihnen, daß Sie so etwas sagen! Aber tatsächlich ergab sich für ihn die Gelegenheit, wirklich und wahrhaftig den Mann vom Mars zu schnappen.«
Ich erstarrte in meinem Sessel. Der Mann vom Mars, das war schon das zweite Mal, daß sein Name auftauchte. Mir gefiel die Vorstellung gar nicht, daß der berüchtigtste Schmuggler des gesamten bewohnten Universums seine Finger in dieser Sache mit drin hatte.
Aber irgendwie erschien es wiederum einleuchtend. Das auf der Erde produzierte Zem hatte auf den Sol-Welten einen hohen Wert, und auf den Außenwelten sogar das Dreifache davon – außer auf einem Planeten wie Tolive, wo es, wie ich hörte, legal und sozusagen über die Theke zu bekommen war.
Wer eignete sich besser als der Mann vom Mars, um das Zeug von diesem Planeten runterzuschaffen.
Ich hatte das ganz böse Gefühl, daß ich meine gewohnten Jagdgründe immer weiter hinter mir ließ und auf fremdes Terrain geriet. Aber ich konnte jetzt nicht aussteigen.
»Wie passen Sie denn in diese ganze Angelegenheit hinein?«
»Ich sagte es Ihnen doch schon: Wir hatten vor zu heiraten und zu den Außenwel …«
»Ich weiß, dorthin, wo die Guten leben. Abgehakt. Aber haben Sie denn in dieser Verschwörung nicht irgendeine Rolle gespielt?«
»Nun … ja, schon. Woher wissen Sie das?«
»Ich hab’ einfach geraten. Was haben Sie für Barkham getan?«
»Bodine – Kyle Bodine.«
»Egal. Von mir aus auch Bodine. Reden Sie.«
»Ich brachte für ihn ein Paket zum Mann vom Mars.«
»Sie haben ihn gesehen?«
Soweit ich es wußte, hatte bisher niemand jemals den Mann vom Mars zu Gesicht bekommen.
»Nein – eigentlich nicht. Ich hörte eine Stimme. Sie befahl mir, das Paket niederzulegen und wegzugehen. Das tat ich auch, ich ging.«
»Wo und wann geschah das?«
»Am Freitagmorgen. In einer Höhle im Natur- und Wildreservat von Maine.«
»Und wann haben Sie Bar-Bodine zum letztenmal gesehen?«
»An diesem Morgen.«
»Und er war mit Ihnen am Freitagabend verabredet?«
Sie nickte. »Wir wollten sofort zu den Außenwelten aufbrechen – Kyle sagte, sein Leben im Solsystem sei keinen Pfifferling mehr wert, wenn er den Mann vom Mars erst zur Strecke gebracht hätte. Wir hatten Flugtickets für die Fähre am Freitagabend.«
»Warum haben Sie denn bis Mittwoch gewartet, um mich aufzusuchen? Warum haben Sie sich nicht zuerst an die R.A. gewandt?«
»Das habe ich getan. Aber dort sagte man mir, man habe nie etwas von Kyle gehört. Was ich auch erwartet hatte – Kyle erklärte mir, daß seine Tarnung so gründlich und geheim sei, daß nur eine Handvoll ausgewählter Mitarbeiter der Regierung wüßten, daß er existierte.«
»Wahrscheinlich noch weniger als nur eine Handvoll, nehme ich an«,
Weitere Kostenlose Bücher