LaNague 05 - Der Tery
versprach jeder Gruppe, die genügend Mitglieder zählte und ihr eigenes Utopia errichten wollte, eine Einweg-Fahrkarte zu einem erdähnlichen Planeten. Es war die Epoche der Splitterwelten, und es bestand daher kein Mangel an Aussiedlern. Bald waren alle bewohnbaren Welten in Erdnähe von den unterschiedlichsten, bunt zusammengewürfelten Gruppen bevölkert, von denen die meisten schon wenige Jahre nach der Landnahme untergegangen waren.
Die Kolonie der Teratologisten bildete eine Ausnahme. Ihre Siedler hatten alle eine gute Ausbildung in Technologie und Naturwissenschaften genossen, und es gelang ihnen, eine lebensfähige Gesellschaft zu errichten. Ihr Endziel war eine Welt von körperlich vollkommenen Menschen mit telepathischer Begabung. Sie waren schon ein beträchtliches Stück auf diesem Weg vorangekommen, als die Clique der Gestalter die Macht übernahm. Unter ihnen wurden die Terys und andere Monstrositäten erschaffen, die Höhle wurde begonnen, und die Große Krankheit brach schließlich aus.
Während der Epidemie schloß sich eine kleine Gruppe von Teratologisten zusammen, sammelte Muster von sämtlichen technischen Errungenschaften ihrer Zeit und versiegelte sie an einem geheimen Ort. Dann verfaßten sie einen geschichtlichen Abriß der Kolonie in 5 Bänden und vergruben ihn für die Nachwelt … Sie mußten erleben, wie ihre Zivilisation unterging, und wollten wenigstens einen kleinen Teil davon bewahren. Bevor auch sie der Großen Krankheit erlagen, funkten sie den Inhalt der Bände in den Weltraum.
Ihre Botschaft wurde aufgefangen. Dies geschah in den Tagen des Großen Imperiums, das wenig Interesse daran hatte, erkrankte Teratologisten zu retten. So zeichnete man die Botschaft pflichtschuldigst auf und vergaß sie dann. Erst als sich die LaNague-Föderation aus den Trümmern des Großen Imperiums erhob und Suchtrupps der Kulturbehörde losgeschickt wurden, um überlebende Splitterwelten in den Hauptstrom der Menschheit zurückzuführen, wurde die Niederschrift der fünfbändigen Funkbotschaft wiederaufgefunden. Steven Dalt, der gerade jetzt erst von Bendelema zurückgekommen war, wo er eine Splitterkultur mit feudaler Gesellschaftsstruktur infiltriert hatte, erhielt den Auftrag.
»Kannst du mir folgen?« fragte Dalt.
Der Tery sagte nicht ja, nicht nein. »Was ist ein Planet?« fragte er.
»Du willst wissen, was ein Pla …?« Da begriff Dalt, daß Jons Verstand bei aller angeborenen Intelligenz unfähig war, andere als ganz primitive und naive Vorstellungen von den kosmischen Zusammenhängen zu entwickeln. Für ihn waren die Sterne Lichtpunkte, der Planet, auf dem sie standen, war »die Erde« und das Hauptgestirn, das sie umkreiste, »die Sonne«. Sein ganzes Gerede über die LaNague-Föderation, über Splitterwelten und interstellare Kolonisation war dem Tery völlig unverständlich geblieben. Es war, als ob er versucht hätte, mit jemandem, der noch an ein geozentrisches Weltbild glaubte, über die Urknalltheorie zu diskutieren. Dennoch hatte Jon geduldig und voller Interesse zugehört; ob aus persönlicher Achtung für Dalt oder aus dem Wunsch heraus, von jemandem – irgend jemandem – als ein vernunftbegabtes brüderliches Wesen behandelt zu werden, konnte Dalt nicht sagen.
»Verschieben wir die Erklärung auf ein andermal, Jon. Nimm es einfach als gegeben hin, daß ich von einem fremden Land hergeschickt wurde, um hier nach dem Rechten zu sehen.«
Es stand nicht zum besten, wie er bald, nachdem er sein Raumschiff gelandet und versteckt hatte, feststellen mußte. Ein Voraustrupp hatte die Bevölkerungszentren geortet und Sprachaufnahmen gemacht und war dann in die Zentrale der Föderation zurückgekehrt. Dalt erlernte die Sprache – ein Pidgin-Dialekt des alten, auf der Erde gesprochenen Anglikanisch – durch Gehirnstromspeicherung und war nun in der Lage, mit den Eingeborenen zu reden und ihre Fähigkeit, mit moderner Technologie umzugehen, zu testen. Da sie harte Konsonanten in ihren Namen bevorzugten, drehte er seinen eigenen einfach herum. Und weil er einen zu engen Kontakt mit ihnen vermeiden wollte, gab er sich als Töpfer aus, der in den tiefen Wäldern ein zurückgezogenes Leben führte. Seine Ankunft fiel mit Mekks Befehl, die Talente auszurotten, zusammen, und er fand sich auf einmal in der Rolle des Töpfers und des Vertrauten einer Gruppe isolierter Telepathen wieder. Von einer solchen Konstellation träumte jeder Mitarbeiter des Kultur-Suchdienstes: Eine Gruppe von
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