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LaNague 05 - Der Tery

LaNague 05 - Der Tery

Titel: LaNague 05 - Der Tery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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die seinen. Er hatte es auch gesehen.
    »So also müssen sie leben?« fragte er Dalt. »Warum hat man ihnen das angetan? Warum darf so etwas sein?«
    Dalt stieß sich von der Wand ab und kam herüber zu dem Tery. Er hatte eine echte Zuneigung zu diesem arglosen Geschöpf in Tiergestalt gefaßt. Jon begriff nichts von der geistigen Perversion, die von einem Menschen Besitz ergreifen konnte, wenn er die absolute Macht über einen anderen hatte. Aber schließlich vermochte nicht einmal Dalt selbst, das zu begreifen.
    »Jon, mein Freund«, sagte er und legte ihm die Hand auf die Schulter, während sie weitergingen, »nichts von alledem muß sein. Es ist eine künstliche Entwicklung, ein Produkt des Bösen in uns. Solche Dinge muß es nicht geben, aber es gibt sie. Nicht von dem, was uns durch Zufall zustoßen kann, ist auch nur annähernd so schrecklich wie das, was wir einander absichtlich antun.«
    »Wir?« sagte Jon. »Was heißt wir? Ich würde niemals so etwas tun!«
    »Ich spreche von der menschlichen Rasse im allgemeinen – und das schließt auch dich ein, mein Freund, ob es dir gefällt oder nicht.«
    »Aber ich gehöre nicht zu den ›wir‹, die das hier verschuldet haben«, grollte Jon mit seiner tiefen Stimme. »Ich möchte zu den ›wir‹ gehören, die dich und Rab und Komak und Adriel einschließen – aber zu diesen ›wir‹ hier gehöre ich wahrhaftig nicht, niemals!«
    Jons Tonfall hatte etwas Endgültiges, und Dalt beschloß daher, das Thema nicht weiterzuverfolgen. Sie gingen schweigend an einer schier endlosen Vielfalt entarteter Geschöpfe vorbei, die in dem kleinen Höhlenausschnitt, in den sie Einblick hatten, umherschlichen, hüpften, krochen, taumelten, flitzten und hin und her rannten.
    Die Tür war nicht zu übersehen, als sie sie schließlich erreicht hatten. Bislang hatte die durchsichtige Wand des Gangs aus einem einzigen, ununterbrochenen, fugenlosen Fenster bestanden. Nachdem sie einer Krümmung des Gangs von etwa 40 Grad gefolgt waren, sahen sie das Fenster an etwas enden, das eine riesige Stahlsäule zu sein schien; sie ging vom Boden zur Decke und hatte eine Dicke von etwa drei Metern. Das Fenster lief auf der anderen Seite der Säule weiter.
    »Das muß es sein«, sagte Dalt und untersuchte die glatte, metallene Oberfläche. Er fand eine Vertiefung, in die gerade vier Finger hineinpaßten, steckte sie hinein und zog. Nichts geschah. Er überprüfte die Tür noch einmal genauer, und diesmal fielen ihm drei kleine Kontaktknöpfe in Augenhöhe auf. »Richtig – ich habe nicht an den Code gedacht!«
    Er zog einen Papierstreifen unter seinem Umhang hervor. Darauf stand: Löschen; 1-3-1-3-2-3-1-2.
    »Löschen? Aber wie denn?« Die Bandaufnahme hatte nichts darüber gesagt. Sie hatte zwar die Zahlenkombination angegeben, aber nicht erklärt, wie die alte Schaltung zu löschen sei.
    Instinktiv drückte Dalt auf alle drei Knöpfe gleichzeitig, dann fütterte er die Kombination ein. Als er diesmal die Finger in die Vertiefung schob und zog, schwang die Tür lautlos in ihren Scharnieren auf und gab den Blick auf einen kleinen Raum frei. Als sie ihn betraten, fing die Decke an zu leuchten.
    Vor ihnen befand sich eine zweite, sehr schmale Tür, die mit vier Stahlriegeln von der Dicke eines Männeroberschenkels gesichert war. Dalt bemerkte ein Rad auf der Wand zu seiner Linken und begann, daran zu drehen. Die Riegel bewegten sich: der erste und der dritte wichen nach rechts, der zweite und vierte nach links zurück.
    Als sie halb zurückgeglitten waren, hielt Dalt mit dem Drehen inne.
    »Schön. Wir wissen jetzt, daß wir hineinkönnen. Die Frage ist: Wollen wir hinein?«
    Jon hielt fragend den Kopf schief.
    »Ich meine«, sagte Dalt erklärend, »wirst du es schaffen? Hast du wirklich eine echte Chance, durch diesen … diesen Alptraum hindurch zum Versteck und zurück zu kommen?«
    Er sagte das nicht nur, um dem Tery einen Ausweg zu lassen, ohne daß er sich schämen müßte; er war vielmehr ernsthaft besorgt, ob ihre ganze Mission überhaupt durchführbar war. Sie hatten gewußt, daß es nicht leicht sein würde, aber die Höhle erwies sich als ein Hindernis mit größeren Schrecken, als er erwartet hatte. Und er bezweifelte stark, daß Jon es trotz all seiner Kraft und Geschicklichkeit für längere Zeit darin aushalten könnte.
    »Ich muß gehen.«
    »Nein, du mußt gar nichts!« Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: »Ich möchte nicht, daß du stirbst, Jon.« Das war sein Ernst. Dieser

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