LaNague 05 - Der Tery
als die Gruppe unter Jon vorbeikam, und es wäre nur vernünftig gewesen, sie vorbeiziehen zu lassen. Aber irgend etwas rührte ihn an der Art, wie die mißgestaltete Mutter ihre ebenso häßlichen Jungen verteidigte, und zwang ihn, einzugreifen. Nur dieses eine Mal.
Er beugte sich über den Rand des Gesimses und ließ seine Keule auf den Spinnenmann, der ihr auf dem Rücken hockte, niedersausen. Der Hieb traf mitten auf die Wirbelsäule und zertrümmerte sie; die Kreatur ging taumelnd zu Boden, kreischte Unsinniges und trat um sich – aber nur die beiden Vorderbeine konnten sich noch bewegen. Der zweite schaute zu Jon hoch, verschwommene Wut in den schwachsinnigen Augen seines menschlichen Gesichts, dann schwang er sich mit lautem Gebrüll zu ihm auf. Er wurde von keinerlei Rachegelüsten bewegt, nur von hungriger Gier beim Anblick eines Geschöpfs, das eine leichtere Beute zu werden versprach.
Das Gebrüll erregte die Aufmerksamkeit der anderen Bandenmitglieder, und sie ließen einen Augenblick von ihrem Angriff auf die Mutter und deren Junge ab. Das nutzte das Weibchen unverzüglich aus: Einer ihrer riesenhaften Arme schnellte vor, packte einen Spinnenmenschen an zwei Beinen, hob ihn hoch und schleuderte ihn wieder und wieder gegen den Boden, bis seine Glieder sich aus den Gelenken losgerissen hatten und die leblose Hülse des Rumpfs quer über den Boden schlidderte, um an einer Wand zum Halt zu kommen.
Jon hatte nicht zugeschaut. Der Spinnenmensch war mit einem Satz auf das Gesims gesprungen und stürzte sich nun auf Jon. Doch ehe er ihn packen konnte, schlug Jon auf ihn ein. Vier wilde, knochenzertrümmernde Schläge mit der Keule, und das Geschöpf flog über die Kante nach unten. Beim Anblick von drei Gefallenen Mitgliedern floh der Rest der Bande auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren.
Die Mutter ging zu dem Geschöpf mit der gebrochenen Wirbelsäule und machte seinem Gekreisch mit zwei Hieben, die seinen Schädel zerschmetterten, ein Ende. Dann untersuchte sie den Körper der Kreatur, die von dem Felsgesims gefallen war. Nachdem sie festgestellt hatte, daß keiner von beiden ihr je wieder gefährlich werden würde, trat sie zufrieden ein paar Schritte zurück, bis sie Jon sehen konnte. In aufrechter Haltung starrte sie ihn an, und ihr dumpfer Verstand versuchte vergeblich zu begreifen, warum er ihr geholfen hatte. Sie umklammerte immer noch die zwei Beine, die sie aus dem Spinnenmenschen herausgerissen hatte. Die drei kleinen Ungeheuer, die an ihrem Bauch hingen, fingen an zu zappeln und zu plärren. Ohne ihren Blick von Jon abzuwenden, steckte sie das blutige Ende eines der Beine in ihren breiten Mund und riß ein Stück rohes Fleisch heraus. Sie kaute schnell und ohne zu schlucken, nahm kleine Bröckchen des zerkauten Breis aus ihrem Mund und verfütterte es an ihre Jungen. Dann gab sie sich einen Ruck, ging zum Gesims und reichte Jon das andere Bein.
Er sprang hinunter und floh den Pfad entlang, während ihn Brechreiz würgte.
Waren diese Geschöpfe wirklich einmal menschlich gewesen? fragte er sich, als sein Magen sich beruhigte und er in einen leichten Trab zurückgefallen war. Oder sind sie es immer noch, egal, was aus ihnen geworden ist? Und wo gehöre ich hin?
Keine Antwort.
Er gelangte zu dem Teich, einem stehenden Gewässer, das von einer langsam fließenden unterirdischen Quelle gespeist wurde. Es war hier ziemlich dunkel. Vielleicht wurde das phosphoreszierende Licht von der starken Luftfeuchtigkeit absorbiert. Auf jeden Fall erschwerte die Dunkelheit das Auffinden der von Tlad beschriebenen Türe.
Jon begann, dem Teichufer entlang nach einer Felswand mit einer Tür zu suchen. Er fand sie fast zufällig – wäre er bei seiner Suche nicht mit seiner linken Hand über den Fels gestrichen, er hätte sie gar nicht bemerkt. Aber seine Finger ertasteten eine lange, senkrecht verlaufende Rille, und er hielt an, um sie näher zu inspizieren. Der vertiefte Türgriff war da, und auch die drei Knöpfe.
Hinter ihm plätscherte Wasser. Er drehte sich um, sah aber nichts. Es plätscherte von neuem, und da erblickte er etwas, das auf dem Teich trieb – nein, das sich aus dem Teich erhob! Er konnte die Gestalt, dieses »etwas«, nicht erkennen, und sie interessierte ihn auch nicht. Was es auch war, es war ihm nicht freundlich gesonnen.
Er drückte auf die Knöpfe und gab den Code ein, 1-3-1-3-2-3-1-2-, dann griff er in die Vertiefung. Die Tür bewegte sich nicht. Er tippte den Code nochmals
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