Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
Geschichten«, versicherte Alphart. »Aber wer sagt uns, dass es noch einen einzigen Feuerdrachen gibt? Es heißt, sie wären alle ausgestorben, schon vor langer Zeit…«
»Sie sind selten geworden«, korrigierte ihn Yvolar. »Die Drachen fühlen, dass ihre Zeit zu Ende geht, und darum haben sie sich zurückgezogen, um in Frieden aus der Welt zu scheiden.«
»Selbst wenn es irgendwo noch ein paar Drachen gäbe«, beharrte Alphart, »was könnten drei, vier oder gar fünf von ihnen gegen all das Eis ausrichten? Außerdem weiß jedes Kind, dass nur ein Sylfenwesen einen Drachen führen kann, und Vanis’ Söhne sind nicht mehr – wenn es sie überhaupt je gegeben hat.«
»Du zweifelst noch immer?«, fragte der Zwergenkönig ebenso erstaunt wie mürrisch. »Nach allem, was du gesehen hast?«
»Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll«, gestand Alphart ernüchtert. »Noch vor einigen Tagen habe ich in der Einsamkeit der Berge gelebt und zusammen mit meinem Bruder Fallen aufgestellt. Das ist das Einzige, was ich wirklich kann. Nun jedoch ist mein Bruder nicht mehr am Leben, und ich kämpfe gegen Erle, Trolle, Seeungeheuer und befinde mich auf einmal im Reich der Zwerge.«
»Ja, dein Leben hat sich innerhalb weniger Tage gänzlich verändert, Alphart Wildfänger«, sagte Yvolar nachsichtig. »Aber nicht nur dein Leben, die ganze Welt verändert sich. Eine Zeitenwende zieht herauf, Gut und Böse stehen wie einst einander gegenüber, und jeder von uns muss entscheiden, auf welcher Seite er letztendlich steht. Die Allagáiner haben immer gewusst, dass in ihren Bergen die Entscheidung fallen wird, wenn es zur letzten Schlacht kommt zwischen Licht und Finsternis; viele ihrer Erzählungen handeln davon.«
»Nun ist es so weit, Alphart«, erklärte der Zwergenkönig. »Der Kampf hat begonnen, und wir alle, ob es uns gefällt oder nicht, sind darin mehr oder weniger verstrickt. Vor allem aber wird der Ausgang dieses Kampfes über unser aller Leben entscheiden.«
»Du magst lieber zurückkehren wollen in die Einsamkeit und so tun, als wäre nichts geschehen«, sprach der Druide auf Alphart ein. »Doch dies wäre die falscheste aller möglichen Entscheidungen. Der Schöpfergeist hat dir eine Aufgabe zugeteilt, und der kannst du dich nicht entziehen. Und außerdem bin ich mir sicher, dass du sie gut erfüllen wirst.«
»Eine Aufgabe?« Alphart starrte ihn aus großen Augen an. »Verdammt, Druide, wovon sprichst du?«
Yvolar antwortete nicht sofort, sondern tauschte einen langen Blick mit Alwys, bevor er kundtat: »Du sollst wissen, Alphart«, sagte er schließlich, »dass nicht alles verloren ist – denn ein Nachkomme Dánaons weilt noch unter den Lebenden.«
»Was?« Alphart glaubte, nicht recht zu hören. Es hieß doch, die letzten Sylfen hätten Allagáin schon vor langer, langer Zeit verlassen…
»Ja, es gibt noch einen Erben«, bestätigte Alwys, der Zwergenkönig, die Worte des Druiden. »Einen, der fern von Urgulroth herangewachsen ist und von dessen Existenz Muortis nichts weiß. Seine Mutter war sterblich, sein Vater jedoch war sylfischen Geblüts, und so fließt auch in seinen Adern das Blut von Vanis.«
»Ach«, staunte Alphart. »Dann haben sich also die Sylfen mit den Menschen vermischt?«
»Nein, das haben sie nicht«, widersprach Alwys. »Sie blieben unter sich, zumindest die meisten von ihnen. Aber nicht aus Stolz oder Überheblichkeit, sondern weil sie die Welt der Sterblichen so verlassen wollten, wie sie diese einst vorfanden. Sie wollten keine neue Rasse schaffen, die sich möglicherweise zu Herren über die Menschen aufgeschwungen hätten, sobald die Sylfen selbst die sterbliche Welt verließen.«
»Die Liebe, Wildfänger, folgt jedoch eigenen Regeln«, sagte Yvolar, »deshalb fanden ein Sylfenkrieger hoher Abstammung und eine einfache Maid aus Allagáin zueinander, und die Menschenfrau gebar ihm einen Knaben.«
»Er ist der Sylfen Erbe«, sagte Alwys, und Yvolar fügte hinzu: »Und damit unsere Hoffnung.«
Alphart schüttelte den Kopf. »Selbst wenn es stimmt, was ihr beiden sagt, und es diesen Erben wirklich gab, so kann er uns kaum helfen.«
»So?«, fragte Alwys überrascht, und Yvolar wollte wissen: »Und warum nicht?«
»Weil die Dinge, von denen ihr sprecht, vor langer Zeit geschehen sind.« Er schaute Yvolar an und sagte: »Du, Druide, magst dich daran erinnern, als wäre es erst gestern gewesen, aber für den Rest von uns sind viele Menschenalter vergangen. Nicht alle werden so
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