Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
konnte die Bedrohung abgewendet werden.«
»Muortis’ Kreaturen wurden besiegt und seine Eisdrachen getötet«, erklärte Alwys, »auf dass sie sich niemals wieder gegen die Welt verschwören könnten…«
»… bis auf diesen einen«, murmelte Alphart.
Yvolar nickte. »So ist es.«
»Warum ließ man ihn entkommen?«
»Gewiss geschah dies nicht mit Absicht«, antwortete der Zwergenkönig. »Du musst wissen, Wildfänger, dass die Welt in jenen Tagen in Aufruhr war. Die Schlacht am Korin Nifol hatte ungezählte Opfer gekostet, und Allagáin lag in Schutt und Asche. Mehr Finsternis als Licht gab es, und trotz des Sieges, den die Sterblichen errungen hatten, herrschten Chaos und Verzweiflung.«
»In dieser Zeit muss es einem der Eisdrachen gelungen sein, dem wachsamen Auge der Sylfen zu entgehen«, vermutete Yvolar, »und sich in die Tiefen der Berge zu seinem dunklen Herrn zu flüchten.«
»Ich verstehe«, sagte Alphart leise.
»Damit wissen wir nun, was wir zu erfahren trachteten«, fahr Yvolar fort. »Wir kennen jetzt den Grund dafür, dass der Winter so früh und unerbittlich in Allagáin einfällt, dass die Ernten vernichtet werden und die Kreaturen der Dunkelheit aus ihren Löchern kriechen.«
»Und was ist dieser Grund?«, wollte Alphart wissen, der nicht recht hatte folgen können.
»Muortis, der Herr des Nebels und des Bösen, ist zurückgekehrt«, antwortete ihm der Zwergenkönig unheilvoll. »Nur seine verderbliche Macht ist in der Lage, dem Drachen das Eis zu entlocken, und wie damals will er die Welt mit tödlicher Kälte überziehen.«
»Wie ist das möglich?« Alphart schüttelte verständnislos den Kopf. »Wie kann eine einzige Kreatur dafür verantwortlich sein, dass die Welt in Kälte versinkt?«
»Der Drache versteckt sich irgendwo in den Tiefen der Berge«, erklärte Alwys. »Auf seinem Hort aus wertlosem Tand sitzend, für den er einst sein Feuer verkaufte, speit er eisigen Atem und bringt damit das Grundmeer und die Wasser, die es speist, zum Gefrieren.«
»Flüsse und Seen erstarren«, sagte Yvolar, »und die Gletscher kommen aus den Bergen herab, um das Leben in den Tälern zu ersticken. Der frühe Winter ist lediglich ein Vorbote des Unheils, das uns droht. Eine neue Eiszeit ist angebrochen, Alphart.«
Der Wildfänger schauderte. Er kannte die Geschichten, die man sich an den Lagerfeuern erzählte – von den Tagen der Söhne Vanis’ und vom Kampf der Elemente, von Drachen und Zwergen, von Riesen und Sylfen, die sich auf den Gipfeln der Berge blutige Schlachten um das Schicksal der Welt geliefert hatten. Aber er hätte niemals gedacht, dass auch nur die Hälfte davon der Wahrheit entsprach.
»Der Zauberspiegel des Zwergenkönigs hat ans Licht gebracht, was vor uns verborgen werden sollte«, stellte Yvolar fest, während er auf den leuchtenden See zeigte. »Muortis hat seine alten Diener gerufen, und sie sind ihm noch immer Untertan. Die Erle sind bereits hier, andere werden folgen. Bevor das Eis kommt, Wildfänger, wird das Heer des Bösen aufmarschieren.«
Alphart schluckte den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Noch vor ein paar Tagen hätte er über die Worte des Druiden nur gelacht. Aber nach den Kämpfen gegen die Erle, gegen den Bergtroll, gegen das Seeungeheuer und erst recht nach dem, was er vorhin gesehen hatte, war ihm nicht mehr zum Lachen zumute.
»Kann man etwas dagegen unternehmen?«, fragte er flüsternd und in der Hoffnung, dass man seine Frage bejahen würde. »Deswegen sind wir schließlich hergekommen, oder nicht?«
Yvolar lächelte wehmütig. »Wenn es zur letzten Schlacht kommt, Wildfänger, treffen die Elemente der Finsternis und des Lichts aufeinander. Tod steht dann gegen Leben, die Nacht gegen den Tag, der kalte Schein des Erlmonds gegen das wärmende Licht der Sylfensonne und das Eis des Dragan Daic gegen…«
»… gegen Feuer«, vervollständigte Alphart instinktiv.
»Dein Herz kennt die Antwort«, sagte der Zwergenkönig, und Yvolar erklärte: »Drachenfeuer müssen wir suchen, wenn wir den Dragan Daic bekämpfen wollen.«
»Drachenfeuer?« Alphart blickte ihn zweifelnd an. »Du sprichst von Drachen, Druide? Von Wesen, die sich in die Lüfte schwingen und deren Atem Feuer ist?«
»Im ersten Krieg gegen Muortis’ Heer waren jene Drachen, die sich nicht dem Herrscher des Eises verschrieben hatten und zu seinen Kreaturen geworden waren, den Sterblichen wertvolle Verbündete«, sagte Alwys.
»Ich kenne die alten
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